Temu & Co.: Warum der Billigkauf für Verbraucher teuer werden kann
AliExpress, Shein und Temu locken mit niedrigen Preisen. Doch Zoll und Qualität bergen Risiken. Billig kann am Ende für den Verbraucher teuer werden.
Immer wieder wird beklagt, dass die EU zu viel reguliert. In der Praxis bleiben viele dieser Regulierungen jedoch weitgehend folgenlos, weil sich die agilen chinesischen Marktteilnehmer schneller an veränderte Rahmenbedingungen anpassen, als es sich die Regulierungsbehörden vorstellen können.
Zollfreiheit bedeutet nicht Abgabenfreiheit
Während Waren aus anderen EU-Mitgliedstaaten zoll- und einfuhrumsatzsteuerfrei nach Deutschland eingeführt werden können, sind Lieferungen aus dem Nicht-EU-Ausland sowohl zoll- als auch einfuhrumsatzsteuerpflichtig. Während der Zoll weitestgehend der EU zufließt, steht die Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) dem Land zu, in dem die Lieferung die EU-Außengrenze überschreitet.
Bis zum 30. Juni 2021 galt für die Einfuhrumsatzsteuer im Frachtverkehr eine Freigrenze von 22 Euro. Diese Freigrenze wurde inzwischen abgeschafft. Eine Freigrenze von maximal 430 Euro gibt es nur noch, wenn die Ware im Reisegepäck per Flugzeug oder Schiff eingeführt wird.
Bei Sendungen mit einem Warenwert unter 150 Euro wird kein Zoll erhoben, es sei denn, es besteht der Verdacht, dass eine Sendung absichtlich aufgeteilt wurde, um unter der Grenze von 150 Euro zu bleiben.
Zusätzlich zu den genannten Zöllen können bei der Einfuhr Verbrauchsteuern anfallen. Die Erhebung und Entrichtung der Verbrauchsteuer auf alkoholische Erzeugnisse, Tabakwaren, Tabakersatzstoffe, Röstkaffee, löslichen Kaffee und kaffeehaltige Waren erfolgt unabhängig vom Warenwert der Sendung. Sind die Transportkosten in der beigelegten Rechnung nicht gesondert ausgewiesen, unterliegen sie ebenfalls dem für die beförderte Ware geltenden Zollsatz.
Bei der Abfertigung erfolgt sowohl die Zollberechnung als auch die Berechnung der EUSt durch den Zoll, auch wenn für letztere die Finanzverwaltung zuständig ist.
Beanstandung durch den Zoll
Der Zoll ist berechtigt, Produkt- und Markenfälschungen bei Verdacht auf Einfuhr zum Zwecke des Weiterverkaufs unabhängig vom Warenwert einzubehalten und gegebenenfalls zu vernichten.
Auch Produkte, die nicht den in Deutschland geltenden Vorschriften entsprechen, können im Rahmen der Marktüberwachung zurückbehalten werden. In der Praxis kommt dies schon wegen der Menge der Sendungen eher selten vor. So gelangt auf diesem Weg auch Spielzeug nach Deutschland, das aufgrund enthaltener Schadstoffe die Gesundheit von Kindern gefährden kann.
Vom Zoll nicht zurückgehaltene Waren, die hierzulande nicht den Vorschriften entsprechen, können für den importierenden Käufer im Zweifelsfall schwerwiegende Folgen haben, wenn er ein solches Produkt weiterverkauft oder verschenkt.
Wer ein Produkt von außerhalb der EU importiert, gilt nun als Hersteller des Produktes und hat bestimmte Verpflichtungen zu erfüllen. Während private Importeure in der Regel nicht von den Vorschriften betroffen sind, ändert sich dies, sobald durch das importierte Produkt ein Schaden entsteht.
Dann tritt der Käufer in die Rolle des Herstellers und haftet für den entstandenen Schaden. Was ursprünglich als Schutz vor Billig-Importeuren gedacht war, trifft im Zeitalter der Globalisierung der Märkte und des zunehmenden Online-Handels jetzt auch die Verbraucher.
Temu als Risiko
Während viele Sicherheitsprobleme auch auf andere asiatische Online-Plattformen zutreffen, unterscheidet sich der Umgang mit Temu deutlich davon. Die für die EU in Irland unter dem Firmennamen Whaleco Technology Limited registrierte Marke Temu, die über die in den USA 2022 in Boston von einer Gruppe ehemaliger Mitarbeiter von Pinduoduo gegründete und an der US-Technologiebörse Nasdaq notierte PDD Holdings Inc. mit Sitz in Shanghai läuft, will Marktführer werden und verzichtet deshalb bislang auf Gewinne. Die abgegriffenen Daten scheinen vorerst auszureichen.
Die Nutzung ihrer kostenlos herunterladbaren Apps bietet im Gegensatz zu anderen Anbietern das Element der sogenannten Gamification als Kaufmotivation. Dass die Nutzer in Verbindung mit den niedrigen Preisen zum Kauf von Produkten verleitet werden, die sie gar nicht benötigen, ist ein von der Plattform durchaus gewollter Effekt.
Bei defekten Elektroprodukten muss der Käufer beachten, dass diese nicht über den Hausmüll entsorgt werden dürfen. Der Lebensmitteleinzelhandel, der zur Annahme solcher Produkte bis zu einer Kantenlänge von 25 Zentimetern verpflichtet ist, dürfte bald unter der Elektroschrottflut ächzen. Wie er mit der Brandgefahr durch defekte Akkus umgehen will, ist noch unklar.
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