Blutige Hybris: Das globale Terrorzüchtungsprogramm Washingtons
Seite 2: Die zwei Jahrzehnte währende Pattsituation
- Blutige Hybris: Das globale Terrorzüchtungsprogramm Washingtons
- Die zwei Jahrzehnte währende Pattsituation
- Auf einer Seite lesen
Auf der gegenüberliegenden Seite des Kontinents, in Somalia, sind Stagnation und Pattsituation die prägenden Begriffe für die militärischen Bemühungen der USA.
"Terroristen, die mit Al-Qaida und einheimischen Terrorgruppen in Verbindung stehen, waren und sind in dieser Region präsent", erklärte ein hochrangiger Pentagon-Beamter im Jahr 2002. "Diese Terroristen bedrohen natürlich das Personal und die Einrichtungen der Vereinigten Staaten."
Auf die Frage, ob sich die Bedrohung tatsächlich ausweitet, gab der Offizielle jedoch zu, dass selbst die extremsten Islamisten "außerhalb Somalias keine terroristischen Handlungen begangen haben". Trotzdem wurden 2002 US-Spezialeinheiten dorthin entsandt, gefolgt von Militärhilfe, Beratern, Ausbildern und privaten Auftragnehmern.
Mehr als 20 Jahre später führen US-Truppen immer noch Antiterroroperationen in Somalia durch, hauptsächlich gegen die militante islamistische Gruppe al-Shabaab. Zu diesem Zweck hat Washington Milliarden von Dollar für die Terrorismusbekämpfung bereitgestellt, wie aus einem kürzlich erschienenen Bericht des Costs of War Project hervorgeht.
Außerdem haben die Amerikaner dort mehr als 280 Luftangriffe und Kommandoaktionen durchgeführt, während die CIA und Spezialeinheiten lokale Stellvertreterkräfte aufgebaut haben, die Militäroperationen im Stillen durchführen.
Lesen Sie auch:
Attentat auf Donald Trump: Verdächtiger wollte für die Ukraine kämpfen
Attentat auf Donald Trump: Was über den Schützen bekannt ist
Was das Attentat auf Donald Trump politisch für die USA und die Welt bedeutet
US-Gerichtsakten: Saudis enger als bekannt in Terroranschläge vom 11. September 2001 verstrickt
Hamas-Anschlagspläne in Deutschland: Das Rätsel der rostigen Waffen
Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Joe Biden im Januar 2021 haben die USA 31 angekündigte Luftangriffe in Somalia durchgeführt, sechsmal so viele wie in der ersten Amtszeit von Präsident Obama, aber weit weniger als die Rekordzahl von Präsident Trump, dessen Regierung von 2017 bis 2021 208 Angriffe veranlasste.
Amerikas lang andauernder, nicht erklärter Krieg in Somalia hat sich laut dem Costs of War Project zu einem der Hauptfaktoren für Gewalt in diesem Land entwickelt. "Die USA tragen nicht nur zum Konflikt in Somalia bei, sondern sind vielmehr integraler Bestandteil der unvermeidlichen Fortsetzung des Konflikts in Somalia", berichtet Ẹniọlá Ànúolúwapọ Ṣóyẹmí, Dozent für politische Philosophie und öffentliche Ordnung an der Blavatnik School of Government der Universität Oxford.
"Die US-Politik zur Terrorismusbekämpfung", so schreibt sie, "sorgt dafür, dass der Konflikt auf Dauer fortbesteht."
Das Epizentrum des internationalen Terrorismus
"Die Unterstützung der Entwicklung professioneller und fähiger Streitkräfte trägt zu mehr Sicherheit und Stabilität in Afrika bei", sagte General William Ward, der erste Chef des US-Afrika-Kommandos (Africom) – der Dachorganisation, die die militärischen Bemühungen der USA auf dem Kontinent überwacht – im Jahr 2010, bevor er wegen verschwenderischer Reisen und Ausgaben degradiert wurde. Seine Vorhersagen über "mehr Sicherheit und Stabilität" sind natürlich nie eingetreten.
Der Anstieg der Terroranschläge um 75.000 Prozent und der Todesopfer um 42.500 Prozent in den letzten zwei Jahrzehnten ist zwar erstaunlich, aber die jüngsten Steigerungen sind nicht weniger verheerend.
"Ein 50-prozentiger Anstieg der Todesopfer im Zusammenhang mit militanten islamistischen Gruppen in der Sahelzone und in Somalia im vergangenen Jahr hat den bisherigen Höchststand von 2015 in den Schatten gestellt", heißt es in einem Bericht des Africa Center for Strategic Studies, einer Forschungseinrichtung des Verteidigungsministeriums, vom Juli.
In Afrika hat sich die Zahl der gemeldeten Gewalttaten im Zusammenhang mit militanten islamistischen Gruppen in den letzten zehn Jahren fast vervierfacht ... Fast die Hälfte dieses Anstiegs fand in den letzten drei Jahren statt.
Vor zweiundzwanzig Jahren verkündete George W. Bush den Beginn eines globalen Krieges gegen den Terror. "Die Taliban müssen handeln, und zwar sofort", forderte er. "Sie werden die Terroristen ausliefern, oder sie werden ihr Schicksal teilen".
Heute herrschen natürlich die Taliban in Afghanistan, Al-Qaida wurde nie "gestoppt und besiegt", und andere Terrorgruppen haben sich in Afrika (und anderswo) ausgebreitet.
Der einzige Weg, "den Terrorismus zu besiegen", so Bush, bestehe darin, "ihn zu eliminieren und ihn dort zu zerstören, wo er wächst". Doch der Terrorismus ist gewachsen und hat sich ausgebreitet, und eine Fülle neuer militanter Gruppen ist entstanden.
Bush warnte, dass die Terroristen "weite Regionen" Afrikas im Visier hätten, zeigte sich aber "zuversichtlich, dass wir siegen werden" und versicherte den Amerikanern, dass "wir nicht müde werden, nicht zögern und nicht versagen werden".
In einem Land nach dem anderen auf dem afrikanischen Kontinent sind die USA in der Tat gescheitert, und ihr Versagen wurde von gewöhnlichen Afrikanern bezahlt, die von den Terrorgruppen, die Bush zu "besiegen" versprochen hatte, getötet, verwundet und vertrieben wurden.
Anfang dieses Jahres sprach General Michael Langley, der derzeitige Befehlshaber des Africom, das vielleicht endgültige Urteil über Amerikas ewige Kriege auf diesem Kontinent. "Afrika", erklärte er, "ist jetzt das Epizentrum des internationalen Terrorismus".
Der Artikel erscheint in Kooperation mit TomDispatch. Das englische Original finden Sie hier. Übersetzung: David Goeßmann.