Boom von Solarstrom in Spanien: Einwohner wehren sich zunehmend

Seite 3: Widerstand formiert sich

Immer mehr Menschen im Land sind von der Idee alles andere als begeistert, dass Spanien Hauptenergieversorger für Europa werden soll, denn das bedeutet auch massive Zerstörung der Natur und zudem werden Kulturlandschaften bedroht und Landwirte und andere Grundstücksbesitzer enteignet. Gewinner dieser Pläne sind abermals die Konzerne und große Finanzinvestoren, die sich schon beim ersten Boom eine goldene Nase verdient hatten.

Im Rahmen des Green Deal will die spanische Regierung schnell so viel wie möglich Projekte auf den Weg bringen. Als Investitionsvolumen sind 92 Milliarden Euro vorgesehen und das wird zu einem neuen Boom im Bereich von großen Freiflächenanlagen und der "Verspargelung der Landschaft" über Windräder führen. Schon ohne Subventionen wirft der Sektor auch über die hohen Zufallsgewinne derzeit besonders hohe Renditen ab und erneut springen deshalb große Kapitalgesellschaften und Fonds auf den Zug auf.

Inzwischen hat sich mit "Aliente" ein großes Bündnis zusammengeschlossen, das gegen den Wildwuchs und die Naturzerstörung über erneuerbare Energien vorgeht. Schon 216 Organisationen beteiligen sich.

Aufgezeigt wird von ihnen auch, wie eine dezentrale Versorgung mit erneuerbaren Energien aussehen könnte, also primär der Eigenverbrauch gefördert werden soll. Kommunen könnten demnach energieautark werden, Wohnungs- und Hausbesitzer ihren Strom erzeugen und teilen, Landwirte, die Ölmühlen und Bewässerungspumpen über nachhaltige Nutzung speisen.

Im Interview mit der taz macht der Aliente-Sprecher Luis Bolonio die Ablehnung der Brüsseler und Madrider Pläne deutlich, von denen zum Beispiel im bisherigen Energieplan nichts zu finden ist, der vorrangig auf die Eigenversorgung abzielte.

Gefordert werden deshalb von dem Bündnis eine gesamtgesellschaftliche Debatte und die Ausarbeitung eines neuen Plans unter Einbindung der Bevölkerung. "Keiner hat die Spanier gefragt, ob sie Energieproduzent und -lieferant für Mittel- und Nordeuropa werden wollen", erklärt der Aktivist.

Er macht auch deutlich, dass das Bündnis nicht per se gegen Großprojekte ist, allerdings komme es zentral darauf an, welche Ziele damit verfolgt würden. "Wir wollen einen echten Energiewandel, grün und gerecht zugleich." Gefordert wird die Umsetzung der Europäischen Richtlinien, die Energieeffizienz und Eigenverbrauch in den Vordergrund stellen und nicht den Energieexport.

Warum sollten in Spanien Projekte realisiert werden, die in Deutschland etwa abgelehnt würden. "In Deutschland gibt es sehr viel Widerstand gegen Windkraftprojekte in Regionen, die sich als Opfer dieser Entwicklung sehen."

Er kommt deshalb zu dem Schluss: "Der Ausbau der Großprojekte für den Verbrauch irgendwo anders inner- und außerhalb Spaniens ist ein koloniales Projekt. Es profitierten die reichen Länder, die zu viel Strom verbrauchen.

Die Bevölkerung in den ärmeren Ländern, in denen der Strom produziert wird, profitierten davon jedoch nicht. Das Gegenteil sei der Fall. Die Entwicklung auf dem Land in Spanien würde noch weiter verlangsamt werden, die Landflucht verstärkt "Es muss den Betroffenen erklärt werden, was der Plan ist, wer davon profitiert und was ihre Region davon hat."

Neben den Auswirkungen auf die Umwelt stellt Ambiente soziale Fragen ins Zentrum. "Ganz konkret die Frage nach den Gewinnen bei der Produktion Erneuerbarer Energien. Bleibt Geld vor Ort? Hat die betroffene Bevölkerung was davon?" Darum ginge es bei den Projekten allerdings nie.

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