Brandenburg will zurück in die Vergangenheit: Braunkohlemann als Wirtschaftsminister

Seite 2: Nervenkrieg

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Jedenfalls bestand die Sicherung der Wege dann vor allem darin, die Infrastruktur der Besetzer zu zerstören, die in Baumhäusern und Zeltlagern im Wald leben. Küchen wurden demoliert und Lebensmittel- und Wasservorräte vernichtet. An Bäumen, auf den Baumhäuser sind, wurden die unteren Äste entfernt, um eine spätere Räumung zu erleichtern.

Diese ist bisher rechtlich noch nicht möglich, es sei denn, man reizt die Besetzer so sehr, dass es zu massiver Konfrontation kommt. Dann könnte man "aus Sicherheitsgründen" räumen und anderslautende Gerichtsurteile vom Tisch wischen. Daher auch der Nervenkrieg mit Beschallung aus Lautsprechern - siehe letzte Wochenschau -, den Personenkontrollen am Waldrand und den wiederholten Polizeieinsätzen.

Entsprechend wurde auch der letzte Einsatz mit allerlei Propagandamärchen begleitet. So hieß es, während die Polizei in den Wald vorrückte, man vermute dort Sprengstoff. Natürlich lösten sich die Vorwürfe später in Luft auf. Da waren allerdings die entsprechenden Schlagzeilen schon produziert.

Zum Wochenende wurde dann kolportiert, die Besetzer hätten ein Tunnelsystem "wie im Vietnamkrieg" gebaut, "um Waffen und Krawallmacher in den Forst zu bringen".

Das war so absurd, dass man es nicht über die Pressestelle herausgab, sondern von einer anonymen Polizei-Quelle Journalisten stecken ließ. Die Polizei-Direktion konnte sich dann später davon distanzieren, aber die Sache hatte wieder einmal ihren Zweck erfüllt. Man wirft einfach mit genug Dreck, so dass schon irgendwas hängen bleibt.

Am Mittwoch vergangener Woche und am darauffolgenden Wochenende gab es im Anschluss an diese staatliche Machtdemonstration im Dienste des beschleunigten Klimawandels und der Gewinninteressen RWEs diverse Demonstrationen und Aktionen in und um den Hambacher Forst herum. Ziel war es unter anderem auch, die Besetzer wieder mit dem Nötigsten zu versorgen. Für den 14.10. ist ein Großdemonstration geplant. An diesem Tag läuft die Stillhaltepflicht spätestens ab, der sich RWE beim Verwaltungsgericht Münster unterworfen hatte.

RWE bleibt stur

Derweil hatten verschiedene Umweltverbände versucht, mit RWE deeskalierende Gespräche zu führen und den Konzern zum Nachgeben zu bringen. Doch Erfolg wollte sich nicht einstellen. Die Gespräche verliefen ergebnislos, wie es beim BUND heißt.

BUND, Greenpeace und der Deutsche Naturschutzring (DNR) hatten von RWE-Vorstandschef Rolf Martin Schmitz gefordert, die Rodungen auszusetzen, bis die derzeit tagende Kohlekommission ihre Arbeit abgeschlossen hat. RWE wollte einem solchen Moratorium nach Auskunft der Verbände nicht zuzustimmen und beharrte darauf, dass auf jeden Fall gerodet werden müsse.

Lediglich eine Fristverlängerung zum 15. Dezember wurde zugestimmt, allerdings auch nur unter der Bedingung, dass es von den Verbänden eine Art öffentlicher Unterwerfungsgeste gebe. Sie sollten die Rodung öffentlich akzeptieren.

Mit seinem Vorschlag widerlegt RWE selbst seine frühere Behauptung, dass ein Rodungsbeginn Anfang Oktober zwingend erforderlich sei. Zugleich verhindert das Beharren auf einer Zerstörung des Waldes, jeglichen Kompromiss. Der Klimaschutz erfordert eine Neubewertung des Tagebaugrenzen.

Das wird in der Kohle-Kommission verhandelt ebenso wie kurzfristige Maßnahmen für das Erreichen des 2020-Klimaziels. Nicht einmal diese Ergebnisse will RWE abwarten. Damit ignoriert RWE die Gefahren der sich zuspitzenden Auseinandersetzung um den Hambacher Wald und die Erweiterung des Tagebaus.

RWE-Chef Schmitz könnte diesen gesellschaftlichen Konflikt entschärfen, in dem er die Kettensägen schweigen lässt, bis die Kohlekommission ihre Arbeit über den sozialverträglichen Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohle abgeschlossen hat.

Martin Kaiser, Greenpeace