Bundesrechnungshof stellt Energiepolitik der Bundesregierung schlechtes Zeugnis aus
Bundesrechnungshof kritisiert die Energiepolitik scharf. Mängel bei Umsetzung und Kosten der Energiewende. Wie berechtigt ist die Kritik und was wird empfohlen?
Der "Bericht nach § 99 BHO zur Umsetzung der Energiewende im Hinblick auf Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit der Stromversorgung" hat vor wenigen Tagen kurz für Bestätigung bei den Kritikern der Energiewende gesorgt.
Besonders relevant ist dabei, dass die Spitze des Bundesrechnungshofes ein Überbleibsel der vergangenen Bundesregierungen unter Merkel ist. Der Präsident Kay Scheller ist seit dem 30. Juni 2014 Präsident des Bundesrechnungshofes und war zuvor seit 2005 Fraktionsgeschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag.
Der Vizepräsident des Bundesrechnungshofes, Christian Ahrendt, seit dem 7. Januar 2013 im Amt, war von 2005 bis 2012 Mitglied des Deutschen Bundestages und Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion.
Durch die Haushaltsturbulenzen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aufgrund der Klage der CDU ist es interessant zu wissen, dass diese auch auf die Vorarbeit des Bundesrechnungshofes zurückgeführt werden können.
Kritikpunkte im Bericht des Bundesrechnungshofes
Gleich zu Beginn wird festgestellt, dass die Energiewende nicht auf Kurs ist und ihren Zielen hinterherhinkt. Die Bundesregierung müsse daher umgehend reagieren, um eine sichere, bezahlbare und umweltverträgliche Stromversorgung zu gewährleisten.
Woher der Wind weht, macht die Auswertung der Monitoringberichte von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt deutlich, wo es auf Seite 18 heißt:
Die installierte elektrische Erzeugungsleistung in Deutschland nahm zwischen den Jahren 2015 und 2022 von 204,9 auf 247,3 GW kontinuierlich zu. Während die installierte Erzeugungsleistung von erneuerbaren Energien von 97,7 auf 150,4 GW stieg, sank die Erzeugungsleistung gesicherter und steuerbarer konventioneller Anlagen von 107,1 auf 96,9 GW.
Weiter wird festgestellt:
Der Zubau der kommenden Jahre wird durch die Ausschreibungen der BNetzA bestimmt: Für Wind an Land war für das Jahr 2023 im EEG ein Ausschreibungsvolumen von 12,84 GW festgelegt. Vergeben hat die BNetzA 6,38 GW (50 Prozent des Zielvolumens). Das nicht vergebene Ausschreibungsvolumen von 6,46 GW entspricht der Leistung von vier bis sechs Braunkohle- oder Kernkraftwerken.
Lesen Sie auch
Globaler Transformatoren-Mangel gefährdet Ausbau erneuerbarer Energien
Übergangslösung oder Klimakiller? Erdgaskraftwerke in der Kritik
Netzentgelte-Reform: 10 Millionen Haushalte profitieren von günstigerem Strom
Der Kipppunkt: Wo stehen wir bei der globalen Energiewende?
Energiewende: So könnte grüner Wasserstoff nach Deutschland gelangen
Kein Wunder, dass Stromspeichern ein Beitrag zur Sicherung der Stromversorgung abgesprochen wird. Dass man auf die Digitalisierung der Netze und die damit mögliche Steuerung träger Verbrauchseinrichtungen nicht eingeht, sondern die Sicherheit der deutschen Stromversorgung allein im Bau und Betrieb fossiler Kraftwerke sieht, ist offensichtlich der fehlenden Zukunftsperspektive des Bundesrechnungshofes geschuldet.
Wenn die Vergangenheit die Lösung für die Herausforderungen der Zukunft bieten soll
Unter der Annahme, dass die derzeitige Regierung mit ihrer Energiewende hin zu erneuerbaren Energien den Wirtschaftsstandort infrage stellt und eine Rückkehr zur Kernenergie die beste Lösung darstellt, ohne die Frage zu beantworten, wer in die Kernenergie investieren und woher der Brennstoff kommen soll, ist die folgende Darstellung der Bonner Behörde verständlich:
Der Bundesrechnungshof sieht das Ziel einer preisgünstigen Versorgung der Allgemeinheit mit Strom als nicht gesichert an. Daraus ergeben sich erhebliche Risiken für den Wirtschaftsstandort Deutschland und die Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung. Die Bundesregierung scheint diese Einschätzung zu teilen: Denn hielte sie die aktuellen Strompreise für bezahlbar, wären Zuschüsse zum Stabilisieren der Netzentgelte oder die temporäre Absenkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe nicht nötig.
Trotz dieser Risiken hat es die Bundesregierung bis heute versäumt zu konkretisieren, was sie unter einer bezahlbaren Energieversorgung versteht. Es fehlt weiterhin an Ziel- und Schwellenwerten. Solche Werte sind jedoch Voraussetzung, damit die Bundesregierung im Bedarfsfall zielgerichtet gegensteuern kann.
Potenzielle Preistreiber für Strom sieht der Bundesrechnungshof mit Blick auf künftige Entwicklungen an den Strommärkten und auf den angestrebten Netzausbau: Auf den Strommärkten steigt künftig die Nachfrage angesichts der angestrebten Elektrifizierung anderer Sektoren, u. a. durch die Elektromobilität und den zunehmenden Einsatz von Wärmepumpen. Ob das Angebot damit Schritt halten kann, ist fraglich: Gesicherte Stromerzeugungsleistung aus Kernkraftwerken wurde abgebaut, gesicherte Erzeugungsleistung aus Kohlekraftwerken wird reduziert; zugleich stockt der Zubau von volatiler Leistung aus erneuerbaren Energien und von Backup- Kapazitäten.
Die Stellungnahme der Bundesnetzagentur zu den Einwürfen des Bundesrechnungshofes fällt kurz aus.
Der Bericht des Bundesrechnungshofes äußert sich im Wesentlichen zum Versorgungssicherheitsbericht 2023 der Bundesnetzagentur. Die im Versorgungssicherheitsbericht 2023 ermittelten Indikatoren zur Messung der Versorgungssicherheit Elektrizität beruhen auf der Grundlage wahrscheinlichkeitsbasierter Analysen. Diese Vorgehensweise entspricht den gesetzlichen Vorgaben. Ebenso ist das untersuchte Zielszenario durch gesetzliche Vorgaben aus der EU bestimmt.
Dass während der 16 Jahre der von der CDU unter Merkel geführten Bundesregierung nicht zuletzt unter Energie- und Wirtschaftsminister Peter Altmaier sowohl der Netzausbau als auch die Erneuerbaren verschlafen wurden, ist für Verfechter der fossilen Energieträger natürlich irrelevant.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.