Bundestag behandelt katalanischen Konflikt
Im Wahlkampf nahm der Exilpräsident Carles Puigdemont in Berlin an einer Veranstaltung mit Vertretern der Linkspartei teil, die den Antrag eingebracht hat
Die Bundestagsmitglieder Zaklin Nastic und Dieter Dehm waren erfreut, gemeinsam auf einer Wahlkampfveranstaltung mit dem katalanischen Exilpräsidenten Carles Puigdemont auftreten zu können. Geladen waren dazu am Donnerstag in Berlin auch seine beiden früheren Minister Clara Ponsatí und Toni Comín, die unter massiver Rechtsbeugung und ohne jede juristische Basis vom spanischen Wahlrat von den Europaparlamentswahlen ausgeschlossen werden sollten. Das misslang, da der Verstoß gegen spanische Gesetze zu offensichtlich war.
Und so kamen Puigdemont, Ponsatí und Comín nach Berlin, um dort ihren Wahlkampf fortzusetzen. "Sie wollten uns isolieren, doch wir sind nicht allein", bedankte sich der Exilpräsident bei Der Linken für ihre kontinuierliche Solidarität. Die erhielt er auch, als er im Gefängnis von Neumünster saß, nachdem in Spanien auf Basis eines Europäischen Haftbefehls verhaften ließ. Er werde die Vertreter der Linken nie vergessen, die ihn dort besucht haben. Deutsche Richter konnten keine Beweise für die absurden Anschuldigungen wegen Rebellion und Aufruhr finden, sie hätten ihn nur wegen angeblicher Untreue ausgeliefert. Diesen Vorwurf durften sie nicht prüfen, allerdings zog Spanien die Europäischen Haftbefehle zurück.
Aus Belgien, dem Herzen Europas, in dem er im Exil lebt, will Puigdemont mit allen "europäischen Reisefreunden die Demokratie verteidigen". Spanien warf er vor, einen "Berg Fake-News zu schaffen", die über Katalonien verbreitet werden: "Doch wir haben sie alle demontiert." Mit Blick auf die politischen Gefangenen erklärte er im Hinblick auf die Wahlen: "Verwandeln wir jede Minute im Gefängnis oder im Exil in eine Stimme." Die drei Exilpolitiker könnten im Europaparlament viel erreichen. "Wir haben bisher alle Schlachten gewonnen und wir werden auch die gewinnen, wenn sie uns im Europaparlament blockieren wollen."
Der Termin war nicht willkürlich gewählt. Es war der Tag, als der Antrag Der Linken im Bundestag behandelt wurde: "Demokratie und Rechtsstaatlichkeit im Katalonien-Konflikt wahren". Gegenüber Telepolis erklärte Nastic dazu: "Wir sehen eine dringende Notwendigkeit, die Bundesregierung aufzufordern, öffentlich darauf zu drängen, dass im Prozess gegen die führenden Vertreterinnen und Vertreter der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung die rechtsstaatlichen Standards und die Grundrechte der Betroffenen gewahrt werden."
"Stück aus dem Tollhaus"
Der Antrag setzt sich vor allem mit dem Verfahren auseinander. Auf Basis von spanischen Erfindungen wird den Katalanen sogar eine bewaffnete Erhebung (Rebellion) oder einen gewalttätigen Aufstand (Aufruhr) vorgeworfen, für die nicht nur deutsche Richter keine Spur fanden, sondern auch Richter in Großbritannien, Belgien oder der Schweiz.
Und Nastic und Dehm wissen, worum es geht. Sie selbst haben als Beobachter in Madrid dem Verfahren beigewohnt. Sie sprechen von einem "Schauprozess", in dem man "Zeuge einer Schmierenkomödie" werde. Für Dehm handelt es sich um "ein Stück aus dem Tollhaus". Er spricht von weitgehend "gestanzten" und "identischen" Aussagen der Polizei. Er ist bestürzt, dass dem Richter von einem Nebenkläger der rechtsextremen "VOX-Partei assistiert" wird.
Wie Nastic kritisiert er, dass in der deutschen Öffentlichkeit das Widerauferstehen des Geistes von Diktator Franco kaum zur Kenntnis genommen werde. Entsetzt waren sie auch, dass die Kandidaten, die im Gefängnis sitzen, aus dem Wahlkampf zu den spanischen Parlamentswahlen weitgehend ausgeschlossen waren, wie es nun erneut der Fall ist.
In dem Antrag der Linken, der zur Behandlung angenommen und in die zuständigen Ausschüsse verwiesen wurde, wird ausgeführt, dass gegen die zwölf Politiker und Aktivisten Strafen bis zu 25 Jahre Gefängnis gefordert werden und die als "Nebenklägerin zugelassene rechtsextreme Partei VOX" sogar bis zu 74 Jahre fordert. Es gehe dabei um die Durchführung eines vom spanischen Verfassungsgericht suspendierten Unabhängigkeitsreferendums am 1. Oktober 2017. Eine Rebellion habe aber nicht stattgefunden, was "den politischen Charakter des Prozesses" zeige, wird im Antrag ausgeführt. Verwiesen wird auch auf das Urteil des Oberlandesgericht von Schleswig-Holstein, wonach "die Vorwürfe Rebellion und Aufruhr unzulässig" sind.
Kritisiert wird, dass die Angeklagten zum Teil seit eineinhalb Jahren in Untersuchungshaft sitzen. Erinnert wird auch daran, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Spanien wiederholt wegen mangelnder Ermittlungen wegen Folter und nachgewiesener Misshandlungen verurteilt habe. "Auch der UN-Menschenrechtsrat hat Spanien mangelnde Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten vorgeworfen", vor diesem Hintergrund "ist eine rechtsstaatliche Durchführung des Prozesses nicht garantiert", stellt die Partei fest.
Sie fordert: Bundestag und Bundesregierung sollten darauf drängen, dass Spanien "die rechtsstaatlichen Standards und die Grundrechte der Betroffenen" wahrt und "internationale Beobachterinnen und Beobachter" teilnehmen dürfen. Zudem soll sich für eine "demokratische und zwischen beiden Seiten einvernehmlich ausgehandelte und völkerrechtskonforme Lösung der Katalonien-Frage" eingesetzt werden. "Jede Beteiligung an der politischen Verfolgung von Vertreterinnen und Vertretern der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung" müsse ausgeschlossen werden. Alle, die wegen Rebellion oder Aufruhr angeschuldigt werden, seien "politisch Verfolgte", denen Deutschland Asyl anbieten soll, schließt der Antrag, über den wohl erst nach der Sommerpause debattiert und abgestimmt wird.
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