Burka-Verbot: Die vollverschleierte Debatte

Seite 2: Die Burka-Debatte leidet nicht nur unter Begriffsverwirrung

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Letzter ist vor allem vor allem auf der arabischen Halbinsel und zunehmend in Nordafrika verbreitet. Auch vollverschleierte Frauen in Deutschland tragen fast ausschließlich dieses meist schwarze dünne Tuch vor dem Gesicht. Das schwarze Gewand, das den restlichen Körper verhüllt, nennt sich Abaya.

Burka ist im engeren Sinne nur das arabische Wort für Gesichtsschleier. Einzug fand der Begriff als Bezeichnung für die afghanische-pakistanisch Variante der Vollverschleierung in die westliche Öffentlichkeit mit der Berichterstattung über den Afghanistankrieg. Dabei handelt es sich um ein zeltartiges meist blaues Stück Stoff mit einem Stoffgitter für die Augen, das die Frau sich auf den Kopf setzt und das den ganzen Oberkörper verhüllt. Auch Afghanen nennen das Kleidungsstück nicht Burka, sondern Tschadari, vom persischen Wort für Zelt.

Frau aus Jemen mit einer Niqab. Bild: Steve Evans/CC-BY-SA-2.0

Ein Burkaverbot bringt noch keine Frauenbefreiung

Aber die Debatte um ein Verbot des Schleiers leidet nicht nur unter Begriffsverwirrung: Über die Anzahl an Frauen, die ihr Gesicht verschleiern (mittels Niqab, nicht Burka!) gibt es nicht einmal seriöse Schätzungen. Wahrscheinlich sind es einige hundert. Doch die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sich an dieser Zahl auch durch ein Verbot nichts ändern wird. Dies legt zumindest die Entwicklung in Frankreich nahe.

Seit fünf Jahren gilt dort ein Verbot islamischer Gesichtsschleier. Reduziert hat sich die Zahl von rund 2000 vollverschleierten Frauen seitdem nicht. Im Gegenteil: Einige wenige Musliminnen sollen den Schleier sogar erst infolge des Verbots als Zeichen des Protests angelegt haben.

Bewirkt hat das Verbot hingegen etwas anderes: eine Zunahme islamfeindlicher Übergriffe und von sozialer Ausgrenzung. Dadurch, dass vollverschleierten Frauen oft der Zutritt zu öffentlichen Einrichtungen wie Kinos oder Bussen verwehrt würde, zögen sich diese erst recht aus der Öffentlichkeit zurück, berichten Bürgerrechtler. Mehr noch: Französische Islamfeinde verstünden das Verbot als eine Art Freibrief, um Übergriffe auf Musliminnen zu begehen - verschleierte und unverschleierte.

Es gibt deshalb noch eine Zahl, die hinsichtlich eines Burka-Verbots eine Rolle spielt, aber in der deutschen Debatte kaum vorkommt: Über 99 Prozent der Musliminnen haben mit Burka, Niqab und Co. nichts zu tun. Von der Diskussion um ein Burka-Verbot betroffen sind sie dennoch.