CDU-Ausschuss: Inhalte statt ganze Sender mit Gebühren bezahlen

Zum Programm des Deutschlandfunks fragten Facebook-Nutzer heute, ob sie den Rundfunkbeitrag nicht aus Gewissensgründen verweigern können. Foto: © 1971markus@wikipedia.de. Lizenz: CC BY-SA 4.0

Aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk soll ein Medienfonds werden

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Der Bundesfachausschuss Wirtschaft, Arbeitsplätze, Steuern der CDU hat wesentliche Änderungen der Finanzierung des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks (ÖRR) vorgeschlagen. Man solle den ÖRR "auf Aufgaben beschränk[en], die private Anbieter nicht oder nur unzureichend gewährleisten können". Dazu soll ein Medienfonds eingerichtet werden, der einzelne Inhalte finanziert. Die jetzt Öffentlich-Rechtlichen Sender könnten sich mit solchen Inhalten für eine Finanzierung bewerben – andere Inhalte könnten sie als dann privatisierte Anstalten nicht mehr durch Gebührengeld finanzieren.

Der genannte CDU-Bundesausschuss ist eines von mehreren Gremien der Partei, die für eine "programmatische Weiterentwicklung" der Christdemokraten sorgen sollen. Für das Programm zur Bundestagswahl im nächsten Herbst hat er zudem vorgeschlagen, die berufliche Bildung gegenüber der akademischen Bildung aufzuwerten, für eine stärkere Trennung der Bereiche Streckennetz und Fahrdienst bei der Bahn und der Bereiche Brief und Paket bei der Post zu sorgen sowie auf Fahr- und Eintrittskarten den Anteil der Kosten aufzudrucken, der aus Steuern bezahlt wird.

Bürger vs. Medien

Der Vorschlag zum ÖRR erregte aber mit Abstand am meisten Aufmerksamkeit.

Die jüngste CDU-Initiative greift damit eine im letzten Monat intensiv und nicht immer ganz framingfrei geführte Debatte um die Macht und das Programm der öffentlich-rechtlichen Sender sowie um deren Finanzierung auf, die in Sozialen Medien Memes wie "Kohleausstieg beim ÖRR" hervorbrachte (vgl. Acht Milliarden teure Depressionsschübe und Für einen radikalen Realismus).

Bislang lief die Festsetzung der Rundfunkbeiträge so, dass ARD, ZDF und Deutschlandradio in regelmäßigen Abständen Wunschzettel schrieben, die von der Politik auch dann erfüllt wurden, wenn die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) einen geringeren Bedarf errechnete. Seit gut 20 Jahren wird das unter anderem mit sehr hohen Ausgaben für Luxuspensionen begründet, die auf die Sender zukommen.

Deckungslücke nicht geschlossen

Deshalb sollte die ARD monatlich 50 Pfennig (und später 25 Cent) pro Monat und Gebührenzahler zurücklegen, damit die Deckungslücke bis 2016 verschwindet. Warum das nicht geschah, ist umstritten. Der Sender beruft sich unter anderem darauf, dass sich die Zinsen nicht wie erwartet entwickelten und dass sich die Bilanzierungsregeln geändert hätten.

Womöglich minderte sich die Rückstellungsmotivation auch durch die Umstellung der geräteabhängigen GEZ-Gebühr auf einen "Rundfunkbeitrag", den seit 2013 jeder Haushalt unabhängig von der Nutzung der Sender zahlen muss und der zu Mehreinnahmen im Milliardenbereich führte, obwohl Politiker und Fernsehfunktionäre vorher einhellig verlautbart hatten, die Umstellung werde "aufkommensneutral" gestaltet (vgl. ARD und ZDF bekommen deutlich mehr Geld).

Umbauvorschläge verschwanden schnell wieder in den Schubladen

Der Vorschlag aus der CDU, daran etwas zu ändern, ist nicht der erste aus der Union – aber alle vorherigen Vorschläge verschwanden relativ schnell wieder in den Schubladen. Bereits 2016 hatte der FDP-Vorsitzende Christian Lindner im Branchenportal Meedia nach einer Äußerung Horst Seehofers darauf hingewiesen, dass "die CSU in der Vergangenheit jede Expansion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mitgetragen" hat und über die bayerische Staatsregierung eine "Absenkung des Rundfunkbeitrags [verschleppt]".

Und obwohl Lindner damals nicht nur so eine Absenkung, sondern eine Halbierung der in der Vergangenheit stetig gestiegene Zahl an öffentlich-rechtlichen Medienprojekten forderte, stimmte auch seine Partei 2020 überall dort, wo sie an Landesregierungen beteiligt ist, für eine Gebührenerhöhung.

Dieses Auseinanderklaffen von Reden und Handeln, hängt womöglich auch mit der Angst vor den Beißreflexen aus einem inzwischen sehr mächtigen Staat im Staate zusammen. Eine Institution, die sich davor weniger fürchten müsste, als die Politik, ist das Bundesverfassungsgericht.

Praktisch urteilte aber auch dieses Gericht in der Vergangenheit stets zugunsten von ARD, ZDF und Deutschlandradio, weshalb sich die Sender nicht scheuten, nach dem Absetzen einer Abstimmung über eine weitere Gebührenerhöhung in Sachsen-Anhalt nach Karlsruhe zu ziehen.

Dort müssen sich die Richter nun die Frage stellen, ob sie bei ihrer nächsten Entscheidung die technischen Veränderungen der letzten Jahrzehnte auch weiterhin weitgehend ausblenden wollen – oder, ob sie bei einer Bewertung der Eignung, Angemessenheit und Erfordernis der vorhandenen Infrastruktur für eine Grundversorgung berücksichtigen, dass heute (anders als in der Vergangenheit) statt eines Informationsmangels ein Informationsüberfluss herrscht (vgl. Lawine der Langeweile).

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