Captain Cook — der unterschlagene Entdecker Neuseelands
Seite 3: Filmgerecht
Tatsächlich besaß Cooks Landung eine film- oder kinderbuchtaugliche Qualität ähnlich etwa dem Disneyfilm von 1960 "Swiss Family Robinson", wie überhaupt Cooks Seefahrten ausgesprochen filmgerecht wirken, aber nie in einem Streifen wie "Master and Commander — the Far Side of the World" mit Russell Crowe (2003) verewigt wurden. Cook hatte dem ersten seiner Seeleute, der "Land" sichtete, eine Gallone Rum zugesichert, das waren rund 4.54 Liter.
Erst wenige Tage zuvor hatte einer der Matrosen sich heimlich an den Rum-Vorräten bedient, sich dabei etwa eine Gallone in einer Nacht hinter die Binde gekippt und auf diese Weise Selbstmord begangen. Als nun der gerade erst 12jährige Schiffsjunge Nicholas Young — "Young Nick" genannt — als erster vom Mastkorb aus "Land! Land!" rief — musste ihm Cook recht geben. Er habe sich die viereinhalb Liter Rum redlich verdient, aber in Anbetracht seiner Jugend müsse er diese Menge mit seinen Schiffahrtskumpanen redlich teilen.
Dafür wurde das nächste Kap (Küstenerhebung) in der Nähe der Landungsstelle auf den Namen "Young Nick's Head" getauft. Das Datum war der 6. Oktober 1769.
Schweine und Kartoffeln
Cook war zu diesem Zeitpunkt ein weitgereister Mann, wenige Monate vorher war er noch in Patagonien gewesen und hatte zwei afrikanische Seeleute an das dortige kalte Klima verloren. Er sah, dass auch die Maori von Neuseeland in einer unbeschreiblichen materiellen Armut lebten. Es gab buchstäblich nichts außer Salat und Fisch oder Muscheln zu essen, es gab keinerlei Felltiere, deren Pelze als Kleidung, deren Fleisch als Nahrung taugten.
Die Maori standen in den kalten, regnerischen Wintern praktisch nackt in Papierhemden im Wind. Sie bauten mühsam in Erdlöchern Süßkartoffeln an und fingen mit trickreichen Fallen die nicht eben flugbegeisterten heimischen Vögel. Cook erkannte, dass er das, was diese Menschen brauchten, dabei hatte. Dass er ihnen helfen konnte. Cook hatte Kartoffeln dabei, die im neuseeländischen Klima ausgezeichnet gedeihen würden, und er hatte Schweine an Bord, die sich mittlerweile bereits zu einer europäisch-asiatischen Unterart fortgeplanzt hatten, die es heute in dieser Form nur noch in Neuseeland gibt, als das Original Cooksche Wildschwein, das die Regierung des Landes indessen ausrotten möchte.
Als Cook nach einem Jahr der kompletten Umseglung Neuseelands an seine ursprüngliche Landestelle zurückkehrte, fand er eine blühende Schweinezucht und körbeweise Kartoffelernte vor. Die Maori waren, wie ihre Vorfahren in Westasien, großartige Landwirtschaftler. Von der Seefahrt verstanden sie nur eben so viel, dass sie auf den Weiten des Pazifiks nicht alle ertrunken waren. Anders als die Eskimos, die 400 Wörter für Schnee kannten — ein Mythos, wie man heute weiß — kannten die Maori nur eben drei Wörter für Seefahrt und Seefahrer.
Hunde
Cook fielen aber auch noch ein paar andere Dinge auf, die er tunlichst zu kommentieren unterließ. Es gibt bekanntlich in England drei verschiedene Wörter für "Hund" — das von den Angeln und Sachsen aus ihrer deutschen Heimat eingeführte "Hound", das von den dänischen Wikingern mitgebrachte "Dogge" und das von den norwegischen Wikingern nach Schottland eingeführte "Cur", ausgesprochen "Kör". In Norwegen gibt es heute nur noch das allgemein skandinavische "Hynd", ausgesprochen "Hünd". Einzig in Finnland heißt der Hund auch heute noch "Koira".
Aber Cook fiel natürlich auf, dass der merkwürdig weiß-gelbliche Hund der Maori, den sie "Kuri" nannten, irgendwie ungewöhlich wirkte. Dass sie anderswo einen schwarzen Hund hatten, den sie "Pero" nannten, war ebenfalls seltsam, denn "Perro" ist das spanische Wort für Hund. Ganz offensichtlich diente das Wort "Pero" auch als Schimpfwort, "Pero-Pero" in seiner Verdoppelung sogar als besonders starkes Schimpfwort. Ob die Spanier einmal hier gewesen waren? Diese Frage interessierte Cook weniger, denn er wollte "Neuseeland" für die englische Krone requirieren, ebenso wie den mythischen großen Kontinent, "Australien", für den man bereits einen Namen parat hielt, noch bevor man den Kontinent selber gefunden hatte.
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