China-Strategie der Bundesregierung: Die zweite Front

Die Position Berlins gegenüber Beijing hätte schärfer ausfallen können. Dennoch spricht aus dem Papier die Orientierung an den USA. Das schafft zwei schwere Konflikte.

"Was lange währt, wird endlich gut", heißt es – aber gilt das auch für die China-Strategie der Bundesregierung? Es muss starke Differenzen bei der Formulierung des Papiers gegeben haben. So stehen Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck (beide Grüne) für eine schärfere Abgrenzung zu China, während Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine eher vermittelnde Position vertritt.

Das schafft den ersten großen Konflikt: Denn die großen in der Volksrepublik engagierten Konzerne sind an keiner Störung der wirtschaftlichen Beziehungen mit dem wichtigen Handelspartner interessiert. Im Jahr 2022 wurden Waren im Wert von fast 300 Milliarden Euro zwischen Deutschland und der Volksrepublik ausgetauscht.

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Scholz war es auch, der die Beteiligung der großen chinesischen Reederei Cosco am Hamburger Hafen gegen den Widerstand der Grünen durchsetzte.

Ein Kompromiss lässt viele Interpretationen offen. Und so beginnt der Text mit dem Allgemeinplatz: "China verändert sich – dies und die politischen Entscheidungen Chinas machen eine Veränderung unseres Umgangs mit China erforderlich."

Was Außenministerin Baerbock sogleich mit dem Zusatz versehen hat, "… ohne unsere freiheitliche demokratische Grundordnung, ohne unseren Wohlstand und unsere Partnerschaft mit anderen Ländern auf dieser Welt zu gefährden".

Es gehe nicht um eine Abkoppelung von China aber um "De-Risking", das heißt, die Unternehmen müssen in Zukunft ihr Geschäftsrisiko selber tragen und auf staatliche Kreditsicherung verzichten.

Ein ganzer Abschnitt (4.6) wird der Aufkündigung staatlicher Garantien für Investitionen gewidmet, die die wirtschaftlichen Aktivitäten vieler Firmen stark einschränken werden.

Das gilt natürlich auch für chinesische Investitionen in sogenannte kritische Infrastruktur wie das Strom-, das Transport-, das Daten- oder das Handynetz – Beispiele sind die IT-Ausrüster Huawei und ZTE.

Auch die Wasserversorgung und das Finanzwesen zählen dazu, ebenso wie die Lebensmittelversorgung.

Ein Modell Cosco wird es damit nicht mehr geben und die Regierung wird den Widerspruch zu ihrer Versicherung, "an der wirtschaftlichen Verflechtung mit China festzuhalten" (Abschnitt 3.4) erklären müssen.

Doch damit nicht genug. Wenn China nicht als Partner, sondern als "systemischer Rivale" wahrgenommen wird, stehen alle Beziehungen unter ideologischem Vorbehalt, der eher die Einschränkung, denn den Ausbau der Beziehungen fordert.

Wiederholt findet sich in der Strategie der Vorwurf, China versuche, "auf allen Kontinenten und in internationalen Organisationen (…) die bestehende regelbasierte internationale Ordnung nach chinesischen Vorstellungen zu verändern".

Mit Sorge betrachtet die Bundesregierung Bestrebungen Chinas, die internationale Ordnung entlang der Interessen seines Einparteiensystems zu beeinflussen und dabei auch Grundfesten der regelbasierten Ordnung, wie bspw. die Stellung der Menschenrechte, zu relativieren.

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