Chinas Banken schnüren Moskau die Luft ab: Zahlungsverkehr im Abwärtssog

Rubel - Zebrochener Pfeil - Yuan

Chinas Banken meiden Russland. 98 Prozent akzeptieren keine Überweisungen mehr. Droht dem russischen Außenhandel der Kollaps?

Immer mehr chinesische Banken stellten im Sommer aus Furcht vor Sekundärsanktionen der USA den Zahlungsverkehr mit Russland ein. Mittlerweile akzeptierten über 98 Prozent der chinesischen Banken keine direkten Transaktionen aus Russland mehr.

Das machte Alexej Rasumowskij, kaufmännischer Leiter des Zahlungsunternehmens Impaya Rus gegenüber Iswestija jüngst im August klar. Daraus können künftig seiner Ansicht nach Probleme im Warenverkehr und Preissteigerungen erwachsen.

Situation spitzt sich zu

Die Situation im Zahlungsverkehr zwischen Russland und China habe sich verschlechtert, heißt es im betreffenden Medienbericht der Iswestija am 12. August.

Sogar kleine Regionalbanken von China weigerten sich zunehmend, Zahlungen aus Russland anzunehmen, obwohl sie im Mai und Juni mit russischen Unternehmen noch zusammengearbeitet hätten, sagte hier Alexej Poroschin, Generaldirektor der First Group gegenüber Iswestija.

Weitere russische Unternehmensvertreter wie Jekaterina Kisewitsch, Generaldirektorin des Importunternehmens Atvira, das sich mit der Lieferung von Ausrüstung aus China befasst, bekräftigten dies:

Seit Mai 2024 wickeln wir Zahlungen über eine kleine Regionalbank in China ab. Mehrere lokale Finanzorganisationen boten diese Möglichkeit an. Im Mai-Juni waren die Zahlungen mehr oder weniger stabil. Am 20. Juli erhielten wir jedoch einen Brief von dieser Bank über die Aussetzung der Abrechnungen. Seit etwa einem Monat bleiben wir auf der Zahlung sitzen.

Probleme im russisch-chinesischen Zahlungsverkehr kamen infolge von Sanktionen der USA und EU Ende Dezember 2023 auf.

Chinesische Banken hatten damals begonnen, Zahlungen in Dollar aus Russland zu verweigern, da solche Transaktionen in den Vereinigten Staaten leicht nachverfolgt werden können. Kleinere Banken blieben dabei zunächst außen vor. Vor dem Hintergrund der Gefahr sekundärer Maßnahmen fingen zugleich die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate auch an, Transaktionen mit Russland einzuschränken.

Einkauf russischer Unternehmen in China stockt

Wie russische Medien Ende Juli berichteten, würden etwa 80 Prozent der Zahlungen in Yuan in China nicht akzeptiert und an Russland zurückgeschickt. Mitte Juli hätten die größten chinesischen Banken zuvor angefangen, zwischen reinen Yuan ohne Russlandbezug und schmutzigen Yuan mit Verbindung zu Russland zu unterscheiden. Allerdings sei das Problem des reinen Yuan inzwischen deutlich ernster geworden als noch vor drei Wochen, betonte Poroschin.

Jetzt weigerten sich mehr als 98 Prozent der chinesischen Banken, direkte Überweisungen aus Russland anzunehmen, bestätigte Rasumowskij. Das gelte auch für regionale Akteure.

Aus diesem Grund könne es in Zukunft zu Problemen bei der Warenlieferung von China nach Russland kommen. Sogar die Preise könnten steigen, warnte der Experte und erklärte, dass es für russische Unternehmen jetzt schwierig sei, etwas in China zu kaufen.

Schlupflöcher gesucht

Ein Schlupfloch bietet Hongkong. Da immer weniger chinesische Finanzinstitute Rubel akzeptierten, begannen laut Poroschin russische Unternehmen, Zahlungen in China über Banken in Hongkong abzuwickeln. Doch auch hier weigerten sich bereits einige chinesische Finanzinstitute, mit Hongkong zusammenzuarbeiten.

Russische Unternehmen überwiesen immer noch Yuan über russische Bankfilialen in China, wobei ein Aufschlag von fünf Prozent anfalle, sagte Kisewitsch. Doch viele chinesische Unternehmen lehnten Zahlungen von russischen Bankfilialen in China nach wie vor ab, erklärte Rasumowskij.

Als Schlupflöcher kommen laut Iswestija-Bericht daher Kryptowährungen und Tauschgeschäfte auf den Plan, auch wenn sich nicht alle Produkte eine Zahlung mittels Tauschs erlaubten.

Außerdem hätten russische Unternehmen, die regelmäßig mit China zusammenarbeiten und gegen die keine Sanktionen in Kraft sind, Niederlassungen in befreundeten Staaten gegründet und würden auf diesem Weg den Zahlungsverkehr mit China abwickeln.

Russland im Preisauftrieb

Ob diese Umgehungsmanöver verfangen, liegt noch im Dunkeln. Doch der Inflationsdruck in Russland ist aktuell hoch. Dazu berichtete der Kommersant Mitte August über Preiserhöhungen in der Lebensmittelbranche in Höhe von 5 bis zu 40 Prozent im August und September. Die Nationale Bäckerei-Union schätzte den Anstieg der Mehlkosten je nach Sorte auf 32–55 Prozent im Jahr.

Igor Karawajew, Vorsitzender des Präsidiums von Akort, Branchenverband der großen Einzelhandelsketten, sagte, dass Backwaren neben Weißkohl, Butter und Hühnereiern zu den Produkten gehörten, bei denen die Einkaufspreise im Laufe des Jahres am stärksten gestiegen seien, sprich um mehr als 20 Prozent.

Kommen Warenengpässe im Kielwasser von stockenden Zahlungen mit China hinzu, dürfte das den Inflationsdruck erhöhen. Dazu kämpfen Unternehmen mit hohen Kreditkosten infolge des hohen Leitzinses. Hält der Preisauftrieb an, ist mit einer Senkung des Leitzinses durch die Zentralbank nicht zu rechnen.

Ebenso dürfte Präsident Wladimir Putin mit seinem Versprechen, sich um angemessene Eierpreise zu kümmern, in die Bredouille kommen. Die Planwirtschaft aus alten Zeiten ist für ihn dann die Lösung.