Clintongate

Seite 2: Es geht nicht nur um die "nationale Sicherheit", sondern auch um den Verdacht der Korruption

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Die Vorwürfe gegen Clinton, die insbesondere Gegenstand der FBI-Ermittlungen sind, gehen aber viel weiter. Die demokratische Präsidentschaftskandidatin war offensichtlich bestrebt, nach ihrem Ausscheiden aus dem Außenministerium die Spuren zu verwischen. Von den rund 60.000 Mails, die auf dem privaten Server während Clintons Amtszeit gespeichert wurden, sind bei dessen Übergabe an das Außenministerium Ende 2014 rund 30.+000 gelöscht worden. Diese Mails, die nun nicht mehr auf ihren Inhalt überprüft werden können, sollen "privat" gewesen sein. Damit hat Clinton eindeutig gegen Bestimmungen des Außenministeriums verstoßen, das bei einer Durchsicht der Korrespondenz scheidender Mitarbeiter zu bestimmen hat, welche Mails nachträglich als geheim eingestuft werden sollen. Und genau dies war Clinton bewusst.

Die von Clinton gelöschte Korrespondenz umfasste die gesamten ersten drei Monate ihrer Amtstätigkeit, so die New York Times. Zudem ist es dem Regierungsbericht zu entnehmen, dass es diesem gelungen ist, einige der gelöschten Mails ausfindig zu machen - sie enthielten sehr wohl sensibles Material. Somit scheint eine Anklage gegen Clinton wahrscheinlich. Das FBI steht derzeit unter Druck, bis zum Abschluss der Vorwahlen sein Ermittlungsverfahren gegen die ehemalige Außenministerin abzuschließen. Die Wahrscheinlichkeit, dass das FBI nun dem Justizministerium eine Anklage gegen die ehemalige First Lady empfiehlt, ist mit dem sehr kritischen Regierungsbericht gestiegen.

Hilary Clinton 2013 als Außenministerin mit dem saudischen Außenminister Prinz Mohammed bin Naif bin Abdulaziz. Bild: state.gov

Ins Zentrum der Untersuchung dürfte bald die berüchtigte Clinton Foundation rücken, bei der es sich formell um eine Wohltätigkeitsorganisation handelt, die aber letztendlich als eine Geldwaschanlage und ein Steuervermeidungsvehikel fungiert, wie es viele US-amerikanische Oligarchen unterhalten, die sich mit der Aura der Philanthropie umgeben wollen.

Während ihrer Amtszeit hat Hillary Clinton gigantische Waffendeals im Umfang von 165 Milliarden US-Dollar gebilligt, wobei die daran beteiligten Staaten und Unternehmen zugleich der Clinton Foundation großzügigste Spenden zukommen ließen. Der Umfang dieser Spenden von Staaten und Konzernen ist nur zu schätzen, da die Clinton Foundation keine genaueren Zahlen nennt. Er soll sich zwischen 54 und 141 Millionen US-Dollar bewegen.

Allein die Golf-Despotien wie Saudi-Arabien sollen Clinton so an die 100 Millionen US-Dollar "geschenkt" haben. Hillary Clinton hat bereits angekündigt, dass ihre Stiftung auch weiterhin Gelder von reichen "Interessengruppen, inklusive ausländischen Regierungen", sammeln werde, falls sie zum Präsidenten gewählt sollte, berichtete die New York Times.

Es liegt somit nahe, hier eine Verbindung zwischen dem Email-Skandal und dem sich abzeichnenden Skandal um die Clinton Foundation zu ziehen: Eine Hypothese lautet, dass Clinton mit dem privaten Server sich der üblichen Überwachung von Regierungstätigkeit entziehen wollte, um die für ihre Stiftung hochprofitablen Deals einzufädeln. Nach dem Ende ihrer Amtszeit hätte Clinton alle Spuren dieser Korruption zu beseitigten versucht, während sie sich nun mit dem Verweis auf ihre Unwissenheit und Bequemlichkeit in IT-Fragen herauszureden versucht. Eine Anklageempfehlung des FBI könnte somit auf politische Korruption und nicht nur auf die Gefährdung nationaler Sicherheit lauten.

Damit wäre Clintons Traum vom Präsidentenamt ausgeträumt, da inzwischen selbst die New York Times einräumt, dass die Kandidatin des amerikanischen Politestablishments zu einem der unbeliebtesten Präsidentschaftsanwärter in der Geschichte der USA gehört. Die Wähler würden ihr "einfach nicht trauen". Inzwischen scheint Clinton selbst die Vorwahlen in Kalifornien an Sanders zu verlieren, wo sie noch vor einem halben Jahr mit gut 50 Prozentpunkten bei allen Umfragen in Führung lag.