Corona-Nachimpfung: Der Booster zündet nicht

Seite 3: Booster-Impfungen begonnen

Gleichwohl haben in Deutschland und Österreich inzwischen mehrere Bundesländer mit den Booster-Impfungen in Pflegeeinrichtungen und bei besonders gefährdet eingeschätzten Menschen begonnen.

Auch in Krankenhäusern wird bereits den Beschäftigten eine Auffrischimpfung angeboten. Die Kriterien hierfür erscheinen allerdings nicht einmal innerhalb einer Stadt einheitlich: In Berlin beispielsweise wird sie in der Charité Mitarbeitenden ab einem Alter von 60 Jahren angeboten, während im landeseigenen Klinikkonzern Vivantes den Mitarbeitenden, die mit dem Vakzin von AstraZeneca geimpft wurden, Drittimpfungen mit einem mRNA-Impfstoff angeboten werden sollen.

Das Fazit der Autoren des Arzneimittelbriefs lautet:

Erneut hat die Gesundheitspolitik in Deutschland und Österreich einen Beschluss zur Impfung gegen Covid-19 gefasst, ohne die Auswertung der vorliegenden Evidenz, in Deutschland auch ohne die Empfehlung der Stiko, abzuwarten. Danach soll verschiedenen Risikogruppen eine Auffrischungsimpfung angeboten werden. Der deutsche Bundesgesundheitsminister erwägt sogar "Booster-Impfungen für alle".

Die Daten zur Abnahme des Impfschutzes mit der Zeit sind jedoch spärlich und inkonsistent; Daten zur klinischen Wirksamkeit einer Auffrischungsimpfung fehlen.

Sicher ist dagegen, dass ungeimpfte Erwachsene von einer Grundimmunisierung gegen Covid-19 profitieren, so dass ihnen ein Angebot gemacht werden sollte - weltweit. Vor einer Empfehlung für eine Auffrischungsimpfung muss in klinischen Studien der Bedarf ebenso geklärt werden wie die Wirksamkeit und Sicherheit, auch hinsichtlich von Virusvarianten.

Die Autoren des Arzneimittelbriefs

Schlussfolgerungen:

1. Angesichts der anstehenden Herbst-Wintermonate muss damit gerechnet werden, dass die schon begonnene 4. Welle von Covid-19 an Fahrt aufnimmt.

2. Um dafür möglichst gut gerüstet zu sein, sind wir in Deutschland mit einer Impfquote von knapp 65 Prozent unserer Bevölkerung (4.10.2021) nicht gut aufgestellt. Im Vergleich dazu beträgt die Quote der vollständig Geimpften z. B. in Dänemark 75 Prozent.

3. Während die altersbezogene Quote der vollständig Geimpften bei den über 60-Jährigen bei knapp 85 Prozent liegt, beträgt sie bei den 18- bis 59-Jährigen nur 70 Prozent.

4. Da ungeimpfte Personen dieser Altersgruppe von einer Grundimmunisierung sicher profitieren können, sollten vonseiten der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte die Bemühungen verstärkt werden, diese Patientengruppe vom Nutzen einer Impfung zu überzeugen. Außerdem sollten für diese Personengruppe weitere niederschwellige Angebote anstelle der geschlossenen Impfzentren gemacht werden.

5. Im Gegensatz dazu ist der Nutzen einer Auffrischimpfung zum jetzigen Zeitpunkt bei den meisten vollständig Geimpften fragwürdig.

6. Auffrischimpfungen werden von der Stiko in einer Stellungnahme vom 23.9.2021 nur für Risikopatienten empfohlen.

7. Demnach werden abgestuft Auffrischungsempfehlungen für Menschen mit Immundefekten oder Erkrankungen, bei denen das Immunsystem medikamentös reguliert werde, etwa bei Rheuma oder nach einer Transplantation, gegeben.Eine generelle Empfehlung für Auffrischungsimpfungen nach Altersgruppen hat die Stiko zunächst nicht gegeben.

8. Am 7.10.2021 hat die Stiko jedoch grundsätzlich eine Corona-Auffrischungsimpfung für Menschen ab 70 Jahren empfohlen. Zudem soll Bewohnern und Bewohnerinnen von Altenheimen sowie Pflegepersonal und anderen Mitarbeitern mit direktem Kontakt zu Betreuten in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen eine dritte Impfdosis angeboten werden, wie die Stiko am Donnerstag in Berlin mitteilte. Gleiches gelte für das Personal in medizinischen Einrichtungen mit direktem Patientenkontakt.

Klaus-Dieter Kolenda, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin - Gastroenterologie, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin/Sozialmedizin, war von 1985 bis 2006 Chefarzt einer Rehabilitationsklinik für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, der Atemwege, des Stoffwechsels und der Bewegungsorgane. Seit 1978 ist er als medizinischer Sachverständiger bei der Sozialgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein tätig. Zudem arbeitet er in der Kieler Gruppe der IPPNW e.V. (Internationale Ärztinnen und Ärzte für die Verhinderung des Atomkriegs und für soziale Verantwortung) mit. E-Mail: klaus-dieter.kolenda@gmx.de

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.