Corona-Nachimpfung: Der Booster zündet nicht

Seite 2: Hinweise für geringe Verminderung des Impfschutzes

Hinweise darauf, dass der Impfschutz vor einer Infektion mit Sars-CoV-2 mit der Zeit abnimmt, ergeben sich aus einigen Beobachtungsstudien, darunter beispielsweise die Sechs-Monats-Daten der Zulassungsstudie des mRNA-Impfstoffs Comirnaty von Biontech-Pfizer, die als Preprint veröffentlicht worden sind.

Nach dieser Untersuchung sank der Impfschutz vor Covid-19 vom Zeitraum der größten Wirksamkeit nach sieben Tagen bis weniger als zwei Monate nach der zweiten Dosis von 96,2 Prozent allmählich auf 83,7 Prozent ab vier Monate nach der zweiten Impfung. Covid-19 war dabei definiert durch einen positiven PCR-Test und mindestens ein Symptom, u.a. Fieber, Husten, Geruchs- und Geschmacksverlust.

Da von den insgesamt 24 schweren Verläufen von Covid-19 in dieser Analyse nur eine Erkrankung in der Verumgruppe auftrat, ist eine Aussage zur Wirksamkeit im zeitlichen Verlauf hinsichtlich schwerer Erkrankungen nach Sars-CoV-2 nicht möglich. Ein schwerer Verlauf war definiert durch bestätigte Sars-CoV-2-Infektion und u.a. Atemfrequenz gleich/größer als 30/min, Herzfrequenz gleich/größer als 125/min und Sauerstoffsättigung gleich/größer 93 Prozent bei Raumluft.

Ergebnisse einer Analyse landesweiter Daten aus New York mit ca. zehn Mio. geimpften Erwachsenen deuten darauf hin, dass der Schutz vor Krankenhausaufenthalten und schweren Covid-19-Verläufen erhalten bleibt: Die altersbereinigte Wirksamkeit des Impfstoffs gegen eine Sars-CoV-2-Infektion verringerte sich von Mai bis Juli 2021 von 92 Prozent auf 80 Prozent. Die Wirksamkeit gegen eine Krankenhauseinweisung blieb in diesem Zeitraum jedoch mit 92 bis 95 Prozent stabil.

Auch Daten aus Israel weisen auf eine Abnahme des Impfschutzes hin. Nach dieser Untersuchung treten jedoch auch schwere Erkrankungen im Verlauf häufiger auf, insbesondere bei Personen von 60 Jahren und älter.

Spärliche Evidenz für eine Steigerung der Impf-Wirksamkeit durch Boosterung

Die Evidenz dafür, dass eine Auffrischungsimpfung die Wirksamkeit der Impfstoffe verbessern kann, ist spärlich und beschränkt sich zurzeit auf Untersuchungen zur Höhe der Antikörpertiter. Es ist jedoch noch unklar, inwieweit die Höhe der Antikörpertiter mit dem Impfschutz korreliert (siehe auch die Diskussion über das "Schutzkorrelat" in Teil 1).

Der Schutz gegen schwere Erkrankungen wird wahrscheinlich weitgehend durch die zellvermittelte Immunität aufrechterhalten. Kleine Fallserien bei immunsupprimierten Patienten, insbesondere nach Organtransplantation, zeigen, dass eine Auffrischimpfung den Immunstatus bei einem Teil der Geimpften verbessern kann.

Gerechtere globale Verteilung der Impfstoffe gefordert

Der Bioethiker Owen Schaefer fordert zusammen mit Kollegen im Journal American Medical Assoziation (JAMA), vor einer Auffrischungsimpfung in den reichen Nationen mit hoher Impfquote zunächst eine gerechtere globale Verteilung der Impfstoffe sicherzustellen.

Er weist darauf hin, dass durch vertragliche Vereinbarungen Impfungen in einer kleinen Gruppe wohlhabender Länder konzentriert sind. Zehn Länder, China, Indien, USA, Brasilien, Deutschland, Vereinigtes Königreich, Japan, Frankreich, Türkei und Italien, haben etwa drei Viertel aller Impfstoffdosen verabreicht.

Dadurch ist die Bevölkerung in vielen Ländern mit geringerem Einkommen bisher ungeschützt. Schaefer befürchtet, dass hohe Infektionsraten in diesen Ländern zur Entwicklung von gefährlichen Virusvarianten führen, zum Schaden der gesamten Welt. Außerdem erwartet er durch Booster-Impfungen keinen relevanten Nutzen, da Todesfälle bei zweifach Geimpften sehr selten vorkommen.

In den USA traten von Januar 2021 bis Juni 2021 mehr als 99 Prozent der Todesfälle durch Covid-19 bei ungeimpften Personen auf.

Länder mit einer weitgehend noch ungeimpften Bevölkerung haben dagegen hohe Todesraten durch Covid-19.

Auch der Direktor der "Oxford Vaccine Group" Andrew Pollard, der an der Entwicklung von Vaxzevria (AstraZeneca) beteiligt war, fordert, Impfstoffe zu spenden, statt Auffrischimpfungen zu verabreichen.