Corona: Unerklärliche Effekte bei der Übersterblichkeit
Seite 3: Verlauf der Übersterblichkeit im Jahr 2022
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Auch im Jahr 2022 weichen der Übersterblichkeitsverlauf und die Corona-Sterbekurve stark voneinander ab. Zudem unterscheiden sich die Verläufe in ihrer Struktur grundlegend von den Vorjahren. Das gilt sowohl für die Coronakurve als auch für die Übersterblichkeit.
Die Corona-Sterbekurve weist, abgesehen von der eher schwach ausgeprägten fünften Coronawelle, kaum noch saisonale Effekte auf. Weder steigen die Werte zum Jahresende hin stark an, noch gehen sie im Sommer auf Werte nahe der Nulllinie zurück. Scheinbar unbeeinflusst von äußeren Faktoren, mäandert die Kurve durch die zweite Jahreshälfte.
Äußerst ungewöhnlich ist, dass die Zahl der Coronatoten im Sommer nicht auf Werte nahe null zurückgeht, wie es in den Vorjahren noch der Fall war. Im Sommer 2020 war die Sterbekurve über einen Zeitraum von 17 Wochen praktisch identisch mit der Nulllinie und im Jahr 2021 war das immerhin noch in sieben Wochen der Fall.
Im Sommer 2022 hingegen geht die Sterbekurve nicht nur nicht bis zur Nulllinie zurück, sondern steigt zwischendurch sogar wieder an. Der höchste Sommerwert ist mit über eintausend Coronatoten in der 30. Woche zu verzeichnen (Ende Juli).
Tabelle 1 gibt Auskunft über die Gesamtzahl der Verstorbenen. Im Sommer 2020 starben insgesamt 456 Menschen an Corona. Im darauffolgenden Jahr waren es mit 2.193 Verstorbenen fast fünfmal so viele. Und der Anstieg setzt sich ungebrochen fort, so dass im Sommer 2022 unglaubliche 8.198 Coronatote zu beklagen sind, also 18-mal so viele Verstorbene wie im gleichen Zeitraum des ersten Pandemiejahres.
Allein in der 30. Woche 2022 sterben mehr als doppelt so viele Menschen an Corona wie während des gesamten Sommers 2020 (1.009 Verstorbene gegenüber 456 Verstorbenen). Woher rührt diese eigenartige und erschreckende Entwicklung? Eine medizinische Erklärung gibt es dafür bisher nicht.
Tabelle 1 | ||
Coronatote im Sommer (26. bis 38. KW) | ||
Jahr | Anzahl | Maximalwert |
2020 | 456 | 55 Coronatote in der 26. KW |
2021 | 2.193 | 429 Coronatote in der 37. KW |
2022 | 8.198 | 1.009 Coronatote in der 30. KW |
Die extrem hohe Zahl an Coronatoten im Sommer 2022 ist umso unverständlicher als sich mittlerweile eine Coronavariante (Omikron) durchgesetzt hat, die als wesentlich ungefährlicher gilt als die Vorgängertypen (Urtyp, Alpha und Delta).
Zudem sind die meisten Menschen gegen Corona geimpft und sollten dadurch eigentlich gut geschützt sein. Im ersten Coronajahr (2020) war dagegen noch niemand geimpft und trotzdem starben wesentlich weniger Menschen. Damals waren infizierte Menschen gezwungen, ihrem natürlichen Immunsystem zu vertrauen. Und, Gott sei Dank, konnten sie das auch, wie die geringe Zahl Coronatoter zeigt.
Die Zunahme der sommerlichen Sterbezahlen ist auch dem RKI aufgefallen. "Im vergangenen Sommer (gemeint ist das Jahr 2022, d.V.) sind zum ersten Mal erhöhte Anzahlen von Sterbefällen durch Coronavirus Disease 2019 (Covid-19) während der Hitzeperiode aufgetreten".
In einer Studie ist man der Frage nachgegangen, ob möglicherweise die außergewöhnlich lange und extreme Hitzeperiode den Effekt verursacht haben könnte, und kommt zu dem Schluss, dass es "keine Hinweise auf einen möglicherweise verstärkenden Effekt hoher Außentemperatur auf die Covid-19-Mortalität" gibt.8 Damit bleibt offen, woher der Anstieg der Sterbezahlen rührt.
Die mRNA-Impfstoffe sind neuartige Vakzine, die in der Kürze der Zeit, die für die Entwicklung zur Verfügung stand, bei Weitem nicht so umfassend und gründlich erforscht werden konnten, wie das sonst bei Impfstoffen üblich und vorgeschrieben ist. Unerwünschte oder überraschende Nebenwirkungseffekte kann daher niemand ausschließen.
Und tatsächlich sind dem Paul-Ehrlich-Institut seit Beginn der Coronaimpfung ungewöhnlich viele Todesfälle gemeldet worden, bei denen der Verdacht besteht, dass die Impfung den Tod verursacht hat. Es kann also nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, dass der starke Anstieg der Zahl der Coronatoten im Sommer 2021 sowie im Sommer 2022 (direkt oder indirekt) auch mit dem Impfen zusammenhängt.
Nach Analyse des Corona-Sterbezahlen soll als nun noch die Übersterblichkeitskurve genauer betrachtet werden (vgl. Abb. 5). In der ersten Hälfte des Jahres 2022 weist diese einen unauffälligen Verlauf auf. Sie bewegt sich zunächst auf dem Niveau der Nulllinie, steigt dann etwas an und orientiert sich ab der 14. Woche, mit leicht sinkender Tendenz, an der Corona-Sterbekurve. Mit Beginn des Sommers ändert sich die Situation dann schlagartig.
Jetzt löst sich die Übersterblichkeit vollständig vom Coronageschehen ab und prägt drei außergewöhnliche Übersterblichkeitsbuckel aus. Zweimal steigt der Verlauf abrupt auf Werte von etwa dreitausend Verstorbenen pro Woche an, verbleibt für einige Zeit auf dem Niveau und fällt dann ebenso plötzlich wieder ab (erster und zweiter Übersterblichkeitsbuckel).
Es folgt ein dritter Buckel, bei dem die Übersterblichkeit geradezu explodiert. In der 51. Woche des Jahres sterben achttausend Menschen mehr als unter normalen Umständen zu erwarten gewesen wäre. Es ist der höchste Übersterblichkeitswert der gesamten Pandemie und entspricht etwa der Anzahl Coronatoter in der ersten Coronawelle.
Warum die Übersterblichkeit in der zweiten Jahreshälfte plötzlich so stark ansteigt und einen so eigenartigen, dreibuckligen Verlauf aufweist, kann nicht gesagt werden, zumindest nicht, was den zweiten und dritten Buckel betrifft. Als Erklärung für den ersten Buckel kommt der außergewöhnlich heiße Sommer in Betracht. Denn Hitzeperioden gehen erfahrungsgemäß mit steigenden Sterbezahlen einher und zwischen der 29. und 33. Woche gab es eine der längsten und extremsten Hitzewellen, die das Land in den letzten Jahrzehnten erlebt hat.
In einer Schwerpunktstudie, die das RKI dieser Frage gewidmet hat, kommen die Autoren zu dem Schluss, dass es im Jahr 2022 deutschlandweit rund 4.500 hitzebedingte Sterbefälle gab.9 Damit lässt sich die Übersterblichkeit von insgesamt 18.559 Verstorbenen im ersten Buckel zwar nicht vollständig erklären, aber zusammen mit der Zahl der Coronatoten doch zu immerhin 60 Prozent (vgl. Tab. 2). Es verbleibt eine Zahl von rund 7.500 Verstorbenen, bei denen die Todesursache weiterhin unbekannt ist.
Ein ungelöstes Rätsel ist die hohe Übersterblichkeit im zweiten und dritten Buckel. Zwischen der 37. und 52. Woche 2022 sterben 47.842 Menschen mehr, als unter normalen Umständen zu erwarten gewesen wäre. Das ist ein erschreckend hoher Wert. Und selbst wenn man die Coronatoten aus der Gesamtzahl herausrechnet, verbleiben gut 35.000 Personen, die zusätzlich verstorben sind: 11.010 Verstorbene im zweiten Buckel und 24.073 Verstorbene im dritten Buckel. Woran sind diese Menschen, die ja nicht coronainfiziert waren, gestorben?
Tabelle 2 | |||
Anzahl Verstorbener | |||
2022 | von . . . bis | Übersterblichkeit | davon Coronatote |
1. Übersterblichkeitsbuckel | 27. bis 35. KW | 18.559 | 6.578 |
2. Übersterblichkeitsbuckel | 37. bis 44. KW | 17.832 | 6.822 |
3. Übersterblichkeitsbuckel | 45. bis 52. KW | 30.010 | 5.937 |
Während der Zeit des dritten Übersterblichkeitsbuckels verweist das RKI in den ARE-Wochenberichten mehrfach auf überdurchschnittlich hohe Zahlen für akute Atemwegserkrankungen, die auf einem "Niveau im Bereich der Höchstwerte früherer Grippewellen" liegen.10
Diese Aussage wird vielfach als Erklärung für den starken Anstieg der Sterbezahlen herangezogen. Doch ob die Schlussfolgerung zutrifft, ist ungewiss. Es gibt keine wissenschaftliche Studie, die diesen Zusammenhang seriös untersucht hat und belegt. Niemand kann sagen, ob die beobachtete Zunahme an Atemwegserkrankungen ausreicht, die extreme Übersterblichkeit im dritten Buckel vollständig zu erklären. Hier besteht dringender Forschungsbedarf.
Möglicherweise rührt die extreme Zunahme der Übersterblichkeit tatsächlich von den Atemwegserkrankungen her, aber vielleicht erweisen sich auch andere Einflussfaktoren als wesentlich wichtiger. Und selbst wenn die Atemwegserkrankungen die Hauptursache darstellen sollten, bleibt die Frage, warum diese plötzlich so stark zunehmen, nur um danach genauso plötzlich wieder zurückzugehen.
Das ganze Ausmaß der Unwissenheit offenbart sich jedoch erst, wenn man zu verstehen versucht, woher die hohe Übersterblichkeit im zweiten Buckel rührt. Denn in der Zeit von Mitte September bis Ende Oktober ist weder mit extremen Hitzewerten, noch mit ausgeprägten Grippewellen zu rechnen. Für Hitzeperioden ist Mitte September eindeutig zu spät und für Grippewellen ist der Oktober zu früh.11
In der Zeit von der 37. bis zur 44. Woche sind dem RKI folglich auch nur zwei meldepflichtige Todesfälle mit Influenzavirusinfektion übermittelt worden.12 Doch was kann den Tod der 11.000 Menschen, die während des zweiten Buckels über das zu erwartende Maß hinaus verstorben sind und die alle nicht coronainfiziert waren, stattdessen bewirkt haben? Die Frage ist bis heute nicht beantwortet.