Coronavirus: Das Aufrechterhalten der Maßnahmen trotz einer dramatisch gesunkenen Sterberate

Seite 2: Eine empirische Prüfung der Erklärung des Robert-Koch Instituts

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In der Tat ist es so, dass das Durchschnittsalter der gemeldeten Fälle über die Zeit hinweg deutlich gesunken ist. Aber ist es eigentlich wirklich so, dass die Sterberate in den verschiedenen Altersgruppen über die Zeit hinweg relativ stabil geblieben ist? Diese Frage kann man ganz einfach anhand des vom RKI verfügbar gemachten Datensatzes zu den gemeldeten Coronafällen empirisch prüfen. Dort wird jeweils die Anzahl der an einem Tag neu gemeldeten Fälle angegeben, sowie die Anzahl der an einem Tag gemeldeten Fälle, die später verstorben ist, aufgeteilt nach verschiedenen Altersgruppen. Daraus kann man - wie es das RKI immer in dendienstäglichen Lageberichten für die Gesamtgruppe der gemeldeten Fälle macht - für die verschiedenen Altersgruppen den prozentualen Anteil der in einer Kalenderwoche gemeldeten Fälle bestimmen, welcher verstirbt. Die folgende Abbildung 1 zeigt die Ergebnisse dieser Analyse (die schwarze gestrichelte Linie zeigt den durchschnittlichen Wert über die Altersgruppen hinweg; Stand 18.9.):

Abbildung 1: Der prozentuale Anteil der in einer Kalenderwoche gemeldeten Fälle, welcher verstirbt, aufgegliedert nach den verschiedenen Altersgruppen.

Die in der Abbildung 1 gezeigten Ergebnisse widerlegen die Erklärung des RKI, dass der beobachtete Rückgang in der Sterberate (schwarze gestrichelte Linie in der Graphik) hauptsächlich ein künstlicher Effekt der Altersverschiebung bei den gemeldeten Fällen sei. Die Sterberate ist in allen Altersgruppen substantiell gesunken. Während in der Altersgruppe über 80 Jahre von den Ende März gemeldeten Fällen noch 32% verstorben sind, sind von den in den Kalenderwochen 35-37 gemeldeten Fällen nur noch 5% verstorben; während in der Altersgruppe 60-79 Jahre von den Mitte April gemeldeten Fällen noch 11% verstorben sind, sind von den in den Kalenderwochen 35-37 gemeldeten Fällen nur noch 0,9% verstorben.

Die Altersverschiebung spielt im Vergleich dazu lediglich eine geringe Rolle. Würde sich beispielsweise die Anzahl der infizierten Personen mit einem Alter von über 60 Jahren im Vergleich zu den Kalenderwochen 34-37 verdoppeln, so würde der beobachtete durchschnittliche Fall-Verstorbenen-Anteil über alle Altersgruppen hinweg von 0,1%-0,2% auf 0,3% steigen; würde sich die Anzahl der infizierten Personen mit einem Alter von über 60 Jahren vervierfachen, würde der durchschnittliche Wert über alle Altersgruppen hinweg auf 0,5% steigen. Angesichts der Größenordnung des Rückgangs seit Mitte April (von 7% auf 0,1-0,2%) ist das ein vergleichsweise geringer Wert. Zudem muss man diesen Wert wieder vor dem Hintergrund betrachten, dass die Zahl der "Coronavirus-Todesfälle" auch Todesfälle enthält, welche in Wirklichkeit auf andere Todesursachen zurückzuführen sind, und dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit nach wie vor eine Dunkelziffer von zwar infizierten, aber nicht gemeldeten Fällen gibt, so dass dieser Wert die wahre Wahrscheinlichkeit, an einer SARS-CoV-2 Infektion zu versterben, überschätzt.

Man kann also empirisch festhalten, dass der beobachtete durchschnittliche Rückgang des Anteils der gemeldeten Fälle, welcher verstirbt, nicht hauptsächlich darauf zurückzuschieben, dass inzwischen vermehrt jüngere Menschen als infiziert gemeldet werden. Vielmehr ist die Sterberate in allen Altersgruppen seit Mitte April sehr stark gesunken. Es ist demnach tatsächlich so, dass die vom Coronavirus ausgehende Gefahr aktuell als weitaus geringer einzuschätzen ist, als es noch Mitte April der Fall war. Es könnte damit also wirklich als gerechtfertigt erscheinen, dass ein Jubelschrei durch die Bevölkerung ginge und die einschneidenden Maßnahmen beendet würden.