Coronavirus: Drastische Maßnahmen nun auch in Spanien

Bild: CDC

In Madrid und anderen Städten und Regionen wurden die Schulen und Universitäten geschlossen, das Parlament tagt nicht und in Stadien wird ohne Zuschauer gespielt

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Dass das Coronavirus in Spanien außer Kontrolle war, hatte Telepolis vor knapp zwei Wochen schon berichtet, doch es dauerte bis Dienstag, bis nun durchgreifende Maßnahmen getroffen wurden, um die Ausbreitung einzudämmen. Nun hat die große Hauptstadtregion Madrid, eine der zentralen Ansteckungsherde, beschlossen, dass Schulen, Kindergärten und Universitäten ab Mittwoch geschlossen bleiben. Betroffen sind davon allein 1,5 Millionen Menschen.

Ebenfalls für zunächst 15 Tage gilt das auch für die gesamte Region La Rioja und für die baskische Stadt Gasteiz (Vitoria). Dort blieben die Schulen und Universitäten schon am Dienstag geschlossen, nachdem das die baskische Regierung am Montag entschieden hatte. In Madrid, Rioja und Vitoria wurden nun auch alle Versammlungen über 1000 Menschen verboten. Als dies die Schweiz schon vor knapp zwei Wochen verordnete, wurden die Eidgenossen in Spanien noch belächelt.

Die nächsten beiden Wochen werden auch im ganzen Land die Stadienin der ersten und zweiten Fußballliga leer bleiben. Betroffen ist schon heute das baskische Lokalderby der ersten Liga zwischen Eibar und San Sebastian. Sogar die Parlamentssitzungen wurden ausgesetzt, weil ein Führer der rechtsradikalen VOX-Partei infiziert ist.

Die faschistoide Partei gab bekannt, dass ihr Generalsekretär Javier Ortega Smith positiv getestet wurde. Man darf davon ausgehen, dass die Partei nun zu einem besonderen Ansteckungsherd wird. Sie hatte erst vor zwei Tagen eine Generalversammlung in Madrid durchgeführt, mit einem schon deutlich angeschlagenen Smith, der dabei ständig husten musste, wie Videos zeigen. Versammelt waren 9000 Menschen. Eigentlich müsste sofort die gesamte Parteiführung, in dessen Umfeld sich Smith dabei ständig aufgehalten hat, sofort in Quarantäne geschickt werden.

Als surreal darf bezeichnet werden, dass die Anhänger der Franco-Diktatur nun die Linksregierung angreifen, weil die ihre Versammlung in Madrid nicht verboten habe. VOX will selbst über eine Absage nachgedacht haben, behauptet die Partei. Aus Verantwortlichkeit habe man aber an der Versammlung festgehalten: "Eine Absage wäre unverantwortlich gewesen, da man eine Alarmstimmung erzeugt hätte, während im Rest des Landes alles normal weitergelaufen ist". Es sei ein "Fehler" gewesen, dieser Regierung zu glauben, "den wir nicht hätten begehen dürfen", entschuldigt sich die Partei und fordert den Rücktritt der Vize-Regierungschefin. Von Eigenverantwortung keine Spur.

In der Hauptstadt werden mit Abstand die meisten Fälle registriert. Am frühen Dienstag fand sich in Madrid etwa die Hälfte der bisher bekannten 1200 Infizierten. In nur 24 Stunden hatte sich die Zahl von 202 auf knapp 600 verdreifacht. Inzwischen werden im ganzen Staat schon 1639 Fälle registriert. Madrid (782), Baskenland (195), La Rioja (155), Katalonien (124). Andalusien (71), Kastilien-Leon (56), lauten die letzten Zahlen von 18 Uhr 40. Bisher wurden 36 Todesfälle verzeichnet.

Inzwischen hat Spanien auch alle Flüge nach Italien ausgesetzt. Man darf nun abwarten, bis die Retourkutsche wegen der schnellen Ausbreitung in Spanien das Land selbst trifft. Die Sperre für Italienflüge gilt ab Mitternacht zum Mittwoch. Sie bleibt zunächst bis zum 25. März in Kraft. Ausgenommen sind Staatsflüge, Frachtflüge und medizinische Flüge.

Klar ist, dass es für Spaniens Ökonomie nun heftig wird. Schon jetzt gehen die Reservierungen für Flüge in das Urlaubsland in die Knie, das über Tourismus 13% seiner Wirtschaftsleistung erzeugt. Es sind schon jetzt zwischen März und Mai etwa 630.000 weniger als im Vorjahreszeitraum. Vor allem Gäste aus Großbritannien bleiben fern.

"Der spanische Tourismus zittert vor dem Coronavirus", titelte Eldiaro.es schon vor fünf Tagen, als es längst noch keine drastischen Maßnahmen gab. Die Buchungen gingen schon in der vergangenen Woche in den Keller und angesichts der Ausbreitung und der Notmaßnahmen, war das erst die Spitze des Eisbergs. Dazu kommen die Absagen von Messen und Kongressen, wie dem großen MWC in Barcelona, der ersten abgesagten großen Messe überhaupt. Der Sektor ist deshalb längst in heller Aufregung, da allein in der vergangenen Woche die Buchungen um etwa 25% abgestürzt sind. Da dazu etliche Stornierungen von gebuchten Aufenthalten kommen, wurde schon vor einer Woche von einem Einbruch um 35% gesprochen. "Die kollektive Hysterie wird uns viele Jobs kosten", zitiert Eldiario.es eine Quelle aus der Branche.