Das Bündnis von Mob und Elite benennen

Seite 3: Die Elemente einer zivilen Gesellschaft

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Oder wenn - wiederum die Tagesschau, hier am 21.02.16 - das Clausnitz-Video bearbeitet wird, und, ganz im Gegensatz zum Pressekodex, Gesichter unkenntlich gemacht werden: Die von Polizisten, aber nicht die der betroffenen Geflüchteten! Wenn die Medien sich auf einen Dorfmob stürzen, aber mit jeder Leiterstufe der politisch Verantwortlichen hinauf die Empörung überproportional abnimmt; dann ist die Gefahr da, dass auch die restlichen Elemente einer zivilen Gesellschaft in sich zusammen fallen können.

Aber: Sie sind noch da. Auf der einen Seite die immer noch große Menge derjenigen, die in der Flüchtlingshilfe stark engagiert sind. Sie kommen in den Medien und damit in der allgemeinen Wahrnehmung nur noch am Rande vor, aber sind zahlenmäßig und von ihrem Engagement her nicht zu unterschätzen. Politisch ändert aber diese Schicht wenig, weil sie in ihrer Hilfe vor allem nach innen wirkt.

Daneben gibt es aber auch noch eine kämpferische Opposition, parlamentarisch und außerparlamentarisch. Aber erst, wenn die von purem Humanismus Getriebenen auch nach außen Stellung beziehen und zusammen mit den politischen Oppositionsgruppen laut und wütend werden, gibt es, eventuell, noch eine Chance, in Deutschland die Bewegung hin zu einer offen aggressiv-rassistischen Gesellschaft zu vermeiden oder ihr zumindest dauerhaft Relevantes entgegenzustellen.

Der Staat ist da akut die letzte Stelle, auf die man setzen darf. Sachsens Ministerpräsident Tillich hat nach einigem Hin und Her doch eingeräumt, dass sein Bundesland ein besonders großes Problem habe. Nun, er ist deswegen nicht in Demut zurückgetreten. Nein: "Wir brauchen wieder einen starken Staat". Mehr Polizei soll es richten.

Das ist unter sächsischen Verhältnissen eine weitere Drohung von rechts. Man mag ja darüber streiten, ob landauf landab die Anzahl der Polizistinnen und Polizisten wirklich das Problem ist; mehr von einer von Rassismus durchtrieften sächsischen Polizei ist nun allerdings mit das Schlimmste, was diesem Bundesland passieren könnte.

Am 26.02.16 wurden in Dresden 202 frische Polizeikräfte in den Dienst gestellt. Dabei erklärte der Inspekteur der Sächsischen Polizei, Dieter Hanitsch, unter konkretem Bezug auf die Ereignisse von Clausnitz:

Polizisten haben das Recht und die Pflicht, Gewalt anzuwenden, um das Wohl der Menschen zu schützen. […] Bilder von einfachem, unmittelbaren Zwang können niemals schön aussehen, sind aber in gewissen Situationen notwendig.

Hanitsch, der also die neuen Polizisten explizit auffordert, es dem Bundespolizisten im Zweifelsfall gleich zu tun, war 2011 als Chef der Dresdner Polizeidirektion abgelöst worden, nachdem im Zuge der Ermittlungen gegen Links von seiner Dienststelle aus Telefonverbindungsdaten von fast einer Million Menschen ausgewertet wurden. Das absurde sächsische Demokratieverständnis arbeitet weiter vor sich hin und wird bundesweit flankiert.

Ein Zitat von 1992, damals um die Pogrome von Rostock-Lichtenhagen herum, das ich leider nicht mehr sicher zuordnen und evtl. auch nur noch nahe am Wortlaut wiedergeben kann, hat mich seinerzeit sehr wachgerüttelt, und ich habe es immer wieder auf seine aktuelle Relevanz hin überprüft.

Die Tendenz, auf die diese Gesellschaft zuläuft, macht es heute leider relevanter als in den letzten 20 Jahren. Ich tausche das damalige "Schwarze" gegen "Flüchtlinge" und stelle es erneut in den Raum, mit dem Appell an alle Halbwachen, aufzustehen und sich zusammenzuschließen und Schlimmeres zu verhindern:

Dass man die Juden nicht umbringt, haben die Deutschen inzwischen gelernt; bei den Flüchtlingen ist man sich noch nicht ganz sicher.

Der Artikel ist eine Vorabveröffentlichung aus graswurzelrevolution Nr. 408.