Das Scheitern der Neuen Linken
Seite 2: "Heimat" ist schuldig
So ziemlich alles, was sich gegen das Establishment vorbringen ließ, wurde von dieser Neuen Linken antikulturell in Anschlag gebracht: der deutsche Nationalismus mit seiner traditionellen Monokultur und dem umständlichen Heimatbegriff, der unaufgearbeitete klamme Faschismus, die repressive Sexualmoral, das antiquierte Kunstverständnis der bürgerlichen Klasse, die zunehmende Konsumgier, frustrierende Familienstrukturen, fehlende (sexuelle) Toleranz und Meinungsfreiheit.
Umfassende, masochistische Klammer war dabei: Dieses Deutschland mit seinen zwei mutwillig angezündeten Weltkriegen ist an der ganzen Misere schuld. Wer konnte, trampte bzw. fuhr nach Indien oder Kalifornien, um sich dort eine Alternative, eine andere, multikulturelle, bessere Kultur, Haschisch und dazu viel esoterisches Tamtam zu besorgen. Dieses psychologische Muster des kindlich-regressiven, enttäuschten Heimatverachters führte mitunter rasch zum (als links affichierten) Antideutschen (Ga Ga Land).
Einkommen, Status, Anpassung - die APO geht ins Parlament
Die thematisch zerfahrenen Schwerpunktgruppen aus der neuen linken 68er-Bewegung: Anti-Atomkraft, Umweltschutz, Frieden, Feminismus und sonstige mehr oder weniger alternative Initiativen, sammelten sich nach zähen Ansätzen im Jahr 1980 als neue politische Partei "Die Grünen" - jetzt also nicht mehr als außerparlamentarische, sondern als integrationswillige parlamentarische Opposition. Was nebenbei den Vorteil hat, dass Abgeordnete ganz passable Gehälter beziehen und die Partei entsprechende Förderung aus Steuermitteln erhält.
Seit diesen 38 Jahren ist die potentielle Klientel der Grünen ordentlich gewachsen. Hatte 1980 ihre Wählergruppe, nämlich der harte Kern der "Postmaterialisten", in der deutschen Bevölkerung einen Umfang von 13 Prozent, so sind es 2016 fast dreimal so viele: 32 Prozent (Allbus 2016 ). Im Gegenzug dazu ist der harte Kern der "Materialisten" von damals 38 auf jetzt 6 Prozent geschrumpft.