Das Spinner-Museum

Röhren gehören ins Museum? Aber klar doch!

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Es gibt Computermuseen, Rundfunkmuseen – und auch das deutsche Museum in München, das die gesamte Technikgeschichte abdeckt. Die Röhre ist als elektronisches Bauelement längst museumsreif – während ein Radio noch mit einigen wenigen Röhren auskam, wurden Röhrencomputer wie ENIAC zu energiefressenden, unzuverlässigen Ungetümen. Es gibt aber noch viele Liebhaber der Röhrentechnik – ein Privatmuseum in München zeigt alle möglichen Exemplare.

Die Elektronenröhre – mit ihr begann die Elektronik als Fortsetzung der Elektrik. Erstmals konnten Funkwellen mit mehr als nur Morsezeichen versehen werden und Rundfunkempfänger waren nicht mehr auf Kopfhörer angewiesen wie bei den einfachen Detektorempfängern.

Bunt gefärbte französische Radioröhren (Bild: W.D.Roth)

Heute verschwinden die Röhren selbst aus den Bildschirmen: Der Platz auf Schreibtischen und Wohnzimmern nimmt zu, die Wäremeentwicklung der Monitore ab und Verzögerungen beim Einschalten gibt es auch nicht mehr. Aus normalen elektronischen Schaltungen hat sich die Röhre schon Mitte der 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts verabschiedet, nur in Großsendern und der Mikrowellentechnik gibt es noch spezielle Exemplare.

In Verbindung mit geeignetem chemisch beschichteten Fotopapier konnten diese Röhren schnelle Ausdrucke erzeugen. (Bild: W.D.Roth)

Nur manche High-End-Musikliebhaber schwören noch auf die Wärme der Röhre (Sound für feinfühlige Männer) – womit nicht ihre Funktion als Wohnzimmerheizung gemeint ist, sondern der durch ein anderes Oberwellenspektrum erzeugte warme Klang.

Die Lieben-Röhre als erste Elektronenverstärkerröhre mit Patentschrift von 1910 (Bild: W.D.Roth)

Dr. Georg Spinner, Gründer der in der Hochfrequenztechnik bekannten Spinner GmbH, war nicht nur Hochfrequenztechniker, sondern auch ein großer Sammler – ob Briefmarken, römische Gläser, tibetanische Ritualpfeile und chinesische Bronzespiegel, nichts war vor seiner Sammelleidenschaft sicher. Doch am liebsten sammelte er Radioröhren, die Wiege der Elektronik.

Der Nuvistor – Miniaturröhren getarnt als Spule oder Kondensator und fest verdrahtet. Dahinter normale Radioröhren der 60er-Jahre (Bild: W.D.Roth)

In seiner Jugend war Dr. Spinner ein begeisterter Radiobastler, nach dem Krieg verdiente er sein erstes Geld mit der Reparatur von Radios, wobei er die ersten Exemplare seiner Sammlung erwarb.

Merkwürdiges Schattenkabinett mit Senderöhren (Bild: W.D.Roth)

Als Dr. Spinner sich 1990 aus dem aktiven Geschäftsleben zurückzog, wuchs in ihm die Idee, seine Sammlung von inzwischen 5000 verschiedenen Röhren zu dokumentieren und in einem Buch zusammenzufassen. Von 1991 bis 1995 recherchierte, fotografierte und schrieb er an diesem Werk, das die Quintessenz seiner Sammlung beschreibt. Dr. Spinner starb am Jahresende 1995. Seine Familie sorgte dann dafür, dass das Buch mit 200 Seiten und vielen Farbfotos auch tatsächlich gedruckt wurde.

Einige Vitrinen der Spinner-Röhrensammlung (Bild: W.D.Roth)

Röhren für Rundfunkempfänger starteten dessen Karriere zum Beginn des letzten Jahrhunderts und wurde in der Mitte desselben in Millionenstückzahlen gefertigt. 1975 fertigte Valvo (Philips) in Hamburg jedoch die letzte Empfängerröhre – die Halbleiter hatten ihren Platz eingenommen. Nur Hochleistungs- und Mikrowellenröhren hielten sich noch länger, doch selbst diese mussten zur Jahrtausendwende aus dem Hamburger Philips „Röhren- und Halbleiterwerk“ verschwinden, da einige verwendete Elemente die hochrein zu haltenden Halbleiter vergifteten.

Das Buch „Die Elektronenröhre – Entwicklung und Geschichte“ wird nun neu aufgelegt. Bisher erhielten es nur Geschäftsfreunde der Firma Spinner, ein öffentlicher Verkauf mit ISBN scheiterte an der aufwendigen Herstellung, die zu einem hohen Verkaufspreis führen würde. Zukünftig soll es jedoch auch normal im Buchhandel oder beim Unternehmen selbst zu kaufen sein.

Doch oft wurde Dr. Spinner auch gefragt, ob er nicht auch die Röhrensammlung selbst der Öffentlichkeit zugänglich machen wolle. Nach der Renovierung des Firmensitzes von Spinner in München in der Erzgießereistraße 33 in der Nähe der Fachhochschule München wurde dies im Herbst 2004 schließlich möglich: Das Museum wurde hinter der Firmenkantine eingerichtet. Es zeigt natürlich nur einen Teil der Röhrensammlung.

Quecksilberdampfgleichrichterröhren (Bild: W.D.Roth)

Zu beachten ist, dass die Spinner-Röhrensammlung kein normales öffentliches Museum ist: Der Besuch kostet zwar bislang keinen Eintritt, aber die Besichtigung – ohne Führung – ist nur nach Voranmeldung mit Terminvereinbarung (Montag bis Donnerstag 8 bis 16 Uhr) möglich bei Katja Limp, Telefon +49 89 12601-212

Eher unscheinbar: Firmensitz von Spinner in München (Bild: W.D.Roth)