Das große Funkertreffen

Amateurfunkmesse "Ham Radio 2004" in Friedrichshafen

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Über Computer und Internet sind ältere Technikhobbys etwas in Vergessenheit geraten. Amateurfunk ist aber immer noch ein interessantes Betätigungsfeld, das auch dem Computer noch auf die Sprünge helfen kann.

Einst sündteure Profi-Funkmessgeräte gebraucht auf dem Flohmarkt der Ham-Radio 2004 (Bild: W.D.Roth)

Amateurfunk ist ein Hobby, was bedeutet, dass es sich hier nur um nicht berufliche/kommerzielle Funkverwendung handeln darf. Dass dies so ausdrücklich betont wird und auch in internationalen Gesetzen fixiert ist, ist nicht etwa dazu da, den Funkamateuren das Hobby schwer zu machen, sondern liegt daran, dass die für die Funkamateure reservierten Frequenzen andernfalls – auch schon vor dem Milliardenpoker um die UMTS-Frequenzen – schnell von kommerziellen Anwendungen von Taxifunk bis Autotelefon missbraucht worden wären, indem die Betreffenden mal eben schnell die Amateurfunklizenz gemacht hätten, um dann ohne die hohen regulären Funkgebühren die Hobbyfrequenzen zu verstopfen.

Auch das gibt es: Eine Anlage für Experimente mit Laser-Richt"funk" (Bild: W.D.Roth)

Der Unterschied zwischen Amateur- und CB-Funk (der ja auch ein "Hobby-Funk" ist): Um im Amateurfunk mitmachen zu dürfen, braucht man eine Lizenz (Zulassung), man muss eine Prüfung ablegen. Dies schreckt leider viele ab, doch zu Unrecht: So schwer ist diese Prüfung nicht, zumal es auch Einsteigerlizenzen gibt – wer mit seinem Computer umgehen kann (also Defekte nicht durch lautes Anbrüllen des Geräts und kräftiges auf den Tisch hauen, sondern mit Schraubenzieher und Verstand löst), sollte auch da keine Probleme haben. Fortgeschrittene können sich später sogar ihre Funkgeräte und Antennen selbst bauen, wenn sie wollen.

Blick in eine Kurzwellensender-Endstufe (Bild: W.D.Roth)

Im Gegensatz zum CB-Jedermann-Funk, der nie von seinem Proll-Image weg kam und heute in der Bedeutungslosigkeit verschwunden ist, hat der Amateurfunk zwar unter dem Internet etwas gelitten, da für letzteres keine Lizenz nötig ist und auch keine den Vermieter oder die Nachbarn möglicherweise irritierende Funkantenne. Doch bietet die Funkerei technisch heute immer noch deutlich mehr Forschungs- und Entwicklungsmöglichkeiten als die von hochkomplexen Chips bestimmte Computertechnik – der Selbstbau eines Mainboards oder einer Grafikkarte dürfte eher selten sein, man beschränkt sich auf die Software.

Flohmarkt-Ersatzsortiment antiquarischer Röhren zur Restauration alter Geräte (Bild: W.D.Roth)

Die Feindschaft zwischen Internet und Amateurfunk ist längst beigelegt – eher noch sieht sich albernerweise der Rundfunk, der früher durchaus von Funkamateuren als gut ausgebildete Sendetechniker profitierte, als Gegner der Funkamateure, nur weil beides mit Funk zu tun hat. Die Funkamateur nutzen neben ihren eigenen Datenübertragungsverfahren wie Packet-Radio dagegen längst das Internet zur Koordination und Absprache ausgefallener Funkexpeditionen oder zur Verabredung extremer Funkverbindungen über den Mond (EME), Meteoriten (Meteorscatter) oder bei kurzfristigen Überreichweiten.

Parabolantenne für WLAN: Mit Sicherheit effektiver als Kaffee- und Chipsdosen (Bild: W.D.Roth)

Neben eigenen Amateurfunk-Satelliten ist auch die klassische Kurzwelle noch in Gebrauch, da sie weder von Viren, Knotenausfällen noch leeren Satelliten-Batterien beeinträchtigt werden kann und die Faszination immer noch groß ist, ohne weitere Infrastruktur mit einem kleinen Sender direkt mit dem anderen Ende der Welt Kontakt aufnehmen zu können.

Es gibt nicht nur brandneue Technik auf der Ham Radio (Bild: W.D.Roth)

Funkamateure haben auch schon in vielen Notfällen, in denen die regulären Telefon- und Funknetze zusammenbrachen, weitergeholfen. So waren zuletzt bei der Erdbebenkatastrophe in Armenien deutsche Funkamateure freiwillig mit im Einsatz. Auch als Sylvester 1978 Schleswig-Holstein im Schnee versank und Stromversorgung und Telefonleitungen unterbrochen waren, hielten die Funkamateure den Kontakt zur Außenwelt aufrecht. Und die ersten Nachrichten aus dem Erdbebengebiet in Friaul in Oberitalien 1976 wurden auch von Funkamateuren übermittelt

Antennen gibt es in allen möglichen Ausführungen: Wirksam, aber auffällig oder auch weniger effektiv und dafür unauffällig (Bild: Messe Freidrichshafen)

Lediglich Powerline, das "Internet aus der Steckdose", macht den Funkamateuren – wie auch vielen anderen Funkdiensten – wegen der massiven davon erzeugten Funkstörungen Sorgen (Daten aus der Steckdose - Müll im Funk) und natürlich auch einmal der eine oder andere nicht im abschirmenden Blech, sondern in Plexiglas mit Neonbeleuchtung verpackte "gemoddete" Computer, der seine Gigahertz dann wild in die Landschaft strahlt oder Fernsehgeräte, die sich nicht an die eigentlich bindenden Normen für maximal zulässige Störstrahlung halten.

Eine sonst nur im Internet ausgestellte Original Enigma-Chiffiermaschine (Bild: W.D.Roth)

Einmal im Jahr Ende Juni treffen sich die im Deutschen Amateur-Radio-Club (DARC) organisierten ebenso wie die vereinsfreien Funkamateure in Friedrichshafen zum Jahrestreffen und der Funkmesse "Ham-Radio", auf der auch jede Menge technische Vorträge gehalten werden. Die Ham-Radio ist dabei etwas anders als übliche Messen: Zwecks günstiger Anreise und Übernachtung sowie familiärer Atmosphäre gehören seit jeher ein Campinggelände und auch ein Jugendlager mit zur Ham-Radio. Der Anblick ist offensichtlich auch aus der Luft so interessant, dass plötzlich ein Zeppelin NT im Tiefflug über das Messegelände schwebte und erst an dessen Ende mit Vollgas im 30°-Winkel hochzog.

Wer auf dem Campingplatz übernachtet, kann auch eine eigene Satellitenfunkanlage aufstellen (Bild: Messe Friedrichshafen)

Auch wenn es eine Verkaufsmesse ist, die ausgestellten Waren also direkt gekauft werden können, spielt der Kommerz nicht die Hauptrolle und der Flohmarkt mit Kleinverkäufern aller möglicher und unmöglicher Exponate belegt traditionell weit mehr Messefläche als die "großen" Händler. Neben Nachtsichtgeräten aus Russland, antiken Plattenspielern und der üblichen – hier aber rein technischen – Kellerentrümpelung als "Real-Life-Ebay" sind hier natürlich auch spezielle Funkbauteile oder gebrauchte Profimessgeräte zu finden.

Auf dieser Safari wird nur gefunkt und nicht geschossen (Bild: W.D.Roth)

Die Funkerfrauen – sofern sie nicht ebenfalls dem Hobby frönen – machen derweil Ausflüge am mit interessanten Sehenswürdigkeiten wie der Blumeninsel Mainau bestens ausgestatteten Bodensee und überlassen den Flohmarkt ihren Männern. Allerdings besteht dann die Gefahr, dass angesichts der dorttigen großen Auswahl das Auto bei der Heimfahrt prompt mit genauso vielen – nur anderen – Geräten überladen ist wie bei der Hinfahrt…

Neben Morsegepiepe und Sprechfunkgequake waren auch musikalischere Töne auf der Funkermesse zu hören (Bild: W.D.Roth)