Debatten: Wovon Whataboutism ablenkt
Seite 3: Ab nach Den Haag!
Der Wunsch vieler Menschen ist klar: Es soll Recht walten und entsprechend der russische Präsident Wladimir Putin möglichst in Den Haag angeklagt werden.
Der frühere Innenminister Gerhart Baum hat gemeinsam mit der ehemaligen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger einen Strafantrag gegen Putin gestellt, der sich auf das in Deutschland geltende Völkerstrafgesetzbuch beruft.
Durch diesen juristischen Kniff soll das Problem umgangen werden, dass Russland, ebenso wenig wie die USA, den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag anerkannt hat. Auch die EU will in Den Haag Klage erheben und die Außenministerin Annalena Baerbock bringt ein Sondertribunal ins Spiel, das Recht sprechen soll.
So verständlich es ist, dass angesichts der Verbrechen im Ukraine-Krieg der dringende Wunsch besteht, Unrecht zu verurteilen und zu bestrafen, so überraschend ist es, dass dieses Bemühen, eine juristische Lösung zu finden, um Personen aus einem Land anklagen zu können, das den Internationalen Strafgerichtshof nicht anerkannt hat, sich erst mit dem Ukraine-Krieg zeigt.
Aber auch hier läuft man schnell Gefahr, mit dem Vorwurf des Whataboutisms Diskursverbot zu erhalten, wenn man darauf hinweist, dass einem noch der ein oder andere Politker einfällt, der neben Putin ebenfalls auf der Anklagebank in Den Haag Platz nehmen sollte: George Bush jr? Tony Blair? Henry Kissinger?
Vielleicht würde dies auch das Ansehen des Internationalen Strafgerichtshof stärken. Die Afrikanische Union warf dem Internationalen Strafgerichtshof bereits vor Jahren vor, die Verfolgung von Verbrechen und die Verurteilung von Angeklagten sehr einseitig zu gestalten.
Einige afrikanische Staaten haben deshalb auch den Internationalen Strafgerichtshof verlassen.