Der Fall eines Pornostars

Seite 4: Geld in der Pornoindustrie

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Das rückt den finanziellen Aspekt in den Vordergrund: Laut einem Gespräch des "Business Insider" mit dem Porno-Agenten Mark Spiegler würde die durchschnittliche Darstellerin heute 50.000 Dollar pro Jahr verdienen. Vor zehn Jahren sei das noch doppelt so viel gewesen. Die größten Stars unter ihnen brächten es auf über 350.000 Dollar jährlich, die besten Männer jedoch nur auf 100.000.

Eine angesagte Darstellerin verdiene für eine Szene mit einer Frau rund 800 Dollar, für eine normale Szene mit einem Mann 1.000, für Analverkehr 1.200 und für Sex mit zwei Männern gleichzeitig sogar 4.000. Die Bezahlung für bekannte männliche Darsteller liegt laut "GQ Magazin" mit 600-1000 Dollar deutlich darunter. Während die Agenten 10-15% davon erhielten, hätten einige Darstellerinnen und Darsteller Nebeneinkünfte durch Selbstvermarktung, etwa über eigene Websites oder Sexspielzeuge.

Damit verhält es sich ähnlich wie in anderen Branchen für Kreative und Freischaffende: Eine Minderheit von Überfliegern verdient sehr viel, die breite Mehrheit aber relativ wenig. Von 50.000 Dollar brutto für die durchschnittliche Darstellerin wird nach Abzug von Steuern, Versicherungen und Lebenserhaltungskosten nicht allzu viel übrig bleiben. Dies könnte für manche den Druck erhöhen, die eigenen Grenzen zu überschreiten, um mehr zu verdienen.

Die Trennung von Porno- und echter Persönlichkeit

In feministischen Kreisen wird seit Jahrzehnten diskutiert, wie sich die Verbreitung von Pornographie auf die Konsumenten ausübt. Der vielfach befürchtete Anstieg von sexuellen Straftaten lässt sich bisher aber nicht feststellen. Weniger Aufmerksamkeit richtet sich darauf, was die Pornowelt mit ihren finanziellen und psychologischen Strukturen mit den Darstellerinnen und Darstellern macht. Da dies abseits der Aufnahmen geschieht, kriegen die weltweit zunehmenden Zuschauerinnen und Zuschauer von Pornofilmen davon nichts mit. Der Fall James Deen ist eine seltene Ausnahme.

In dem Artikel im "GQ Magazin" äußert sich Deen zu der Gefahr, die dargestellte Rolle irgendwann mit der Wirklichkeit zu verwechseln. Der Pornostar sieht bei sich selbst zwar kein Risiko. Der Journalist erwidert aber, dass sich die Porno-Persönlichkeit bei ihm doch schon im Kindergartenalter entwickelt habe. Daher lasse sich "James Deen" von dem bürgerlichen Bryan Sevilla, als der er geboren wurde, gar nicht trennen. Dem stimmt der Pornodarsteller zu.

Was machen Pornofilme mit den Menschen?

Was macht es wohl mit dem nach außen so unschuldig wirkenden Nachbarsjungen, dem nicht nur trotz, sondern oft genug sogar wegen sexueller Gewalt so viele Frauen zu Füßen liegen? In diesem Sinne sind auch die zahlreichen Distanzierungen doppelbödig, wie sie jetzt etwa die Frauenseite "The Frisky", die Feministin Mandie Williams oder die Kabarettistin Jenn Tisdale ihren lobenden Artikeln über den "feministischen" Pornostar voranstellen.

Haben sie den gewaltsamen Liebhaber jahrelang trotz der vielen Hinweise nicht gesehen? Oder haben sie ihn wegen der hinreißenden Locken und Augen nicht sehen wollen? Oder wünschen sie sich heimlich sogar einen Mann, der nach außen zwar der unschuldige Nachbarsjunge ist, im Bett aber eine ungehemmte Sexmaschine? Damit wird der Fall James Deen schließlich auch für alle Männer relevant, die sich um die Herzen - oder vielleicht auch nur die Betten - der Frauen von heute bemühen.