Der Film zum Unwort

"Collateral Damage" - Hollywoods Pietätspause ist vorbei

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Zeit der Vergeltung. Die Schurken-, Schuft- und Schakalstaaten harren ihrer Bestrafung: Somalia, Irak, Nordkorea, Iran ... In seiner selbstgebastelten Achse des Bösen hat George Bush die Kolumbianer vergessen. Doch während alles in den Osten blickt, räumt Arnold Schwarzenegger in "Collateral Damage" mit den Guerilleros auf.

"Aus praktischen Gründen haben wir davon abgesehen, in Kolumbien zu drehen", heißt es in den Produktionsnotizen von Collateral Damage. Dass der Film irgendeinen problematischen Inhalt bergen könnte, speziell was die Beziehungen zu Kolumbien betrifft, bleibt unerwähnt. Indessen wird der Begriff Kollateralschaden klar zugeordnet. Im Kosovo-Krieg kam der Ausdruck zum Fronteinsatz, jedesmal wenn Amerikaner und Briten ein paar Meter danebengebombt hatten.

Der Fim zum Unwort korrigiert nun nach und jubelt den Ausdruck den kolumbianischen Terroristen, also den Feinden Amerikas, unter. Der deutsche Verleih ließ wohl größtmögliche Dezenz walten, als er es hierzulande beim englischen Original-Titel beließ. Als Dreingabe wurde nur die Zeile "Zeit der Vergeltung" druntergeschoben, obwohl sich ja auch "Hau weg die Scheiße!" angeboten hätte. Ein paar Hundert Kopien von "Collateral Damage" kommen ab dem 21.2. in Einsatz und alle werden ihr Kino finden. Die deutsche Kinoindustrie garantiert uneingeschränkte Solidarität.

Eigentlich sollte der Film schon im Oktober starten, aber nach den wohlbekannten Ereignissen hat Hollywood eine kleine Pietäts-Pause geheuchelt. Diese ist jetzt offensichtlich rum: Uns Arnie ist der Feuerwehrmann Gordy Brewer, dessen Tapferkeit schon in den ersten Minuten klar gemacht wird, zudem ist er liebender Gatte und Vater. Frau und Sohn allerdings kommen bei einem terroristischen Anschlag kolumbianischer Guerilleros ums Leben. Als Hauptattentäter wird ein gewißer "Wolf" ermittelt, tiefer muß man da wohl nicht gründeln. Das Staatswesen, ewiger Hemmschuh des nordamerikanischen Pionieres, zaudert, taktiert, trödelt mit den Vergeltungsmaßnahmen. Ein CIA-Mann betreibt sogar bewußte Verhinderungspolitik. Gordy wirds zu dumm, er fährt einfach nach runter und stöbert die Bande auf. Beinahe fällt er noch auf eine besonders ausgefuchste Finte der Revolutionäre rein, als Trostpflaster darf er sie dann eben in der Heimat vor versammelter Medienöffentlichkeit zur Strecke bringen.

Na gut, die Kriegserklärung an Kolumbien wäre den Autoren zur Drehzeit im Herbst 2000 sicherlich noch zu sportlich vorgekommen. Aber sonst ist das ein prima Film zur Weltlage. Nie war die Feuerwehr beliebter, und die Hauruckisierung komplexer, internationaler Konflikte ist ja auch gerade recht hip. Mitunter weht ein Hauch von Ahnung durch den Propaganda-Zirkus, daß Amerika am Ende wohl nicht immer alles völlig richtig macht. Der CIA-Mann ist kaum vertrauenswürdiger als die Guerilleros, und ein kleines bißchen dürfen die Kolumbianer über die Ursachen ihrer Wut referieren. So vergleicht der Wolf sogar seine und Gordys Ausgangssituation. Doch der Feuerwehrler, always ready, rückt den Konflikt wieder dahin, wo er für die Popcorngemeinde hingehört, nämlich ins Private. "Der Unterschied ist: Ich bringe nur dich um!". Und wer mag ihm da vom Kinosessel aus widersprechen.

An US-Propaganda im Kino hat man sich komischerweise gewöhnt. Und bei "Collateral Damage - Zeit der Vergeltung" kommt man sich wahrhaftig nicht besonders kunstvoll manipuliert vor. Regisseur Andrew Davis, erfolgreich mit Stangenware wie "Auf der Flucht" und "Ein perfekter Mord", ist kein großer Hexenmeister. Recht grobmotorisch hat er Gordys Rachefeldzug ins Bild gesetzt, der Dschungel sieht aus wie für das A-Team geschaffen, die Lagebesprechungen der Bösewichter haben was von sozialkitischem Laientheater und das Finale ist in seiner Überzogenheit fast schon wieder rührend. Schön auch der Schlußschnörkel: Gordy kriegt zum Schluß eine Medaille.

Ästheten dürfen also die Nasen rümpfen über so einen nachlässig dahergemurkstes Batzen C-Action. Aber gerade die Plumpheit beweist, wie gleichgültig den Amerikanern ein Land wie Kolumbien zu sein scheint. Es geht eben um die genehmste Schubladisierung der Restwelt. Beispielsweise sind die Guerilleros, so heißt es, im Grunde nur Kokain-Händler. Dass sich Kokain-Handel nur lohnt, weil das Zeug in Ländern wie den USA verboten ist und trotzdem gebraucht wird, kommt nicht zur Sprache. Es wäre interessant zu erfahren, wieviel Koks am Set verbraucht wurde.