Der General, der Präsident - und die Bombe

Air-Force-Chef Curtis LeMay und das Kennedy-Attentat

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Curtis E. LeMay tötete Millionen Menschen, darunter überwiegend Zivilisten. Er forderte und plante nukleare Überraschungskriege gegen Kuba, die Sowjetunion und China, das damals noch keine Kernwaffen besaß. Der ultrarechte General scheiterte an einem Mann, der in seinen Augen für die größte Schande der USA verantwortlich war und nun ausgerechnet dem Militär die Bombe wegnehmen wollte.

Als sich General Curtis LeMay (1906-1990) im Bethesda Naval Hospital, Maryland, auf einer Galerie über einem Operationssaal eine Zigarre anzündete, war eigentlich nichts, wie es hätte sein sollen.

Unten am Operationstisch führte ein Militärarzt eine Obduktion durch, der noch nie in seinem Leben obduziert hatte. Das Original seines Berichts über die von 20 Uhr bis 12 Uhr dauernde Autopsie - Staatseigentum - verbrannte der Arzt später eigenmächtig. Für die Obduktion gab es weder eine Rechtsgrundlage noch einen Anlass. Der Tote war bereits rechtmäßig von den für den Tatort zuständen zivilen Ärzten obduziert worden, nämlich im Parkland-Krankenhaus in Dallas.

Die mit Schusswunden erfahrenen Ärzte hatten einen frontalen Einschuss im Kopf und eine dafür typische große Austrittswunde am Hinterkopf diagnostiziert. Dies passte zum Bericht eines schräg hinter der 10 km/h langsamen Präsidentenlimousine fahrenden Motorradpolizisten, auf dessen Windschutzscheibe ein Teil der austretenden Hirnmasse aufgeschlagen war.

Curtis LeMay. Foto: US Air Force

Etliche Zeugen hatten angegeben, sie hätten Schüsse von einem Grashügel gehört, Pulverdampf gerochen und weglaufende Schützen gesehen. Der unter Befehl stehende Militärarzt kam zum konträren Ergebnis, dass der Präsident von hinten erschossen worden sein müsse. Beweismittel verschwanden. Als die zivilen Ärzte des Parkland-Hospitals später vor der Warren-Kommission aussagten, hatten sie ihre Meinung auf einmal geändert und schlossen sich den Ergebnissen der Militärärzte an.

Angeblich soll die Untersuchung auf Wunsch der schweigsamen Witwe durchgeführt worden sein, da der Präsident auch Ex-Offizier der Marine gewesen sei. So wenig das Militär allerdings tatsächlich zu einer eigenen Untersuchung zuständig oder auch nur kompetent war, so wenig hätte es der Anwesenheit des Luftwaffenchefs bedurft, der im aktuellen Spannungsfall eigentlich eine viel dringendere Aufgabe gehabt hätte. Wie erst 2012 bekannt wurde, hatte 1957 Präsident Eisenhower unter der Code-Bezeichnung Furtherance für den Fall, dass der Präsident bei einem sowjetischen Angriff auf die USA einmal nicht erreicht werden könnte, die Autorität zum Nuklearangriff auf die Sowjetunion und China auf Spitzenkommandanten übertragen.

Zwar war die Befehlskette durch den Vizepräsidenten Johnson wieder geschlossen worden, der noch an Bord von LeMays Air Force One zum neuen Präsidenten vereidigt wurde. Dennoch wäre in der aktuellen Staatskrise der Platz des Generals im Pentagon oder auf der Offutt Air Base in Nebraska gewesen, kaum aber bei der eigenmächtigen Untersuchung eines Kriminalfalls.

Der General, der die Bombe liebte

Musterpilot Curtis Emerson LeMay hatte die Air Force mit aufgebaut. Im Zweiten Weltkrieg kommandierte er die Bombardierung von Zivilisten in Deutschland, was die Kampfmoral der Deutschen zermürben sollte. Städte wie Hamburg und Münster wurden durch Bombenteppiche nahezu komplett verwüstet. Zur Taktik von LeMays Angriffen gehörte auch der Double Strike, bei dem die Flugzeuge, nachdem am Boden Entwarnung gegeben wurde, umkehrten und die aus den Bunkern gekrochenen Menschen ein zweites Mal bombardierten.

Bei einem mit 826 Flugzeugen geflogenen Angriff auf die deutsche Luftfahrtindustrie bei Regensburg und Schweinfurt zog sich LeMays Flugzeug über die Alpen zurück, während die britischen Waffenbrüder schwere Verluste erlitten. Piloten, die ihre Missionen aus Angst vor Feindbeschuss vorzeitig abbrachen, drohte LeMay entschlossen mit dem Kriegsgericht. Wer zu zaghaft für den Krieg war, der gehörte für ihn erschossen.

Beim Luftkrieg gegen Japan kommandierte LeMay u.a. den Angriff auf die Stadt Tokio, die überwiegend aus Holz erbaut war. Innerhalb einer Nacht vernichtete LeMay mit Brandbomben die von Zivilisten bewohnte Stadt und schickte dabei 100.000 Menschen in den Tod. Insgesamt tötete er über eine halbe Million meist zivile Japaner und machte acht Millionen obdachlos.

Überliefert ist LeMays Einschätzung, dass man ihn im Fall eines verlorenen Kriegs als Kriegsverbrecher angeklagt hätte. Obwohl der Krieg gegen Japan inzwischen durch die chinesische Armee weitgehend entschieden war, nutzte man nach der deutschen Kapitulation den verbliebenen Kriegsschauplatz, um Stalin eine neue Waffe zu demonstrieren: Statt auf Ludwigshafen, wie man es noch während des Kriegs gegen Deutschland geplant hatte, warf die Air Force unter LeMays Kommando die ersten beiden Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki ab. Wie LeMay selbst formulierte, hatten die Atombombenabwürfe nichts mit der Kapitulation von Japan zu tun, die vielmehr von der Bereitschaft zur Verschonung des als Gott verehrten Kaisers abhing.

Draufgänger LeMay rauchte an Bord im Kampfeinsatz trotz Explosionsgefahr seine Zigarre. Der Krieger schätzte Entschlusskraft und Risikofreudigkeit. Sein Büro etwa hatte man selbstbewusst ohne Anklopfen zu betreten. Ganz allgemein sagte er seinen Männern Rückdeckung für den Fall zu, dass diese Fehler machten. Fehler beim Hantieren mit Atomwaffen konnten schon mal passieren, etwa 1961, als die Air Force über Colorado eine scharfe Wasserstoffbombe verlor.

Seine Männlichkeit bewies LeMay, in dem er beim Pinkeln die Tür offen stehen ließ, auch wenn wichtige Gäste zugegen waren. Der General war kein Freund großer Worte. McNamara zufolge (der im Krieg gegen Japan unter ihm diente und später dessen Vorgesetzter wurde) soll LeMay mit dem Vokabular "Yes", "No" und "Yap" nahezu ausgekommen sein. 1947 leitete er die Air Force in Westdeutschland und machte sich 1949 einen Namen durch die von ihm organisierte Luftbrücke.

Hardliner wie General Leslie Richard Groves, der ohne Wissen des (damals nur stellvertretenden) Präsidenten Truman die Atombombe hatte entwickeln lassen, forderten bereits seit 1945, jeglichen Feind der USA mit Kernwaffen anzugreifen. LeMay schlug 1949 vor, sämtliche 133 Atombomben auf 70 sowjetische Städte zu werfen. Man solle den Russen den Sunday Punch verpassen, also den Schlag eines Boxers, der den Gegner erst wieder am Sonntag erwachen lässt.

Time-Titelzeile zu LeMay: "For the Sunday punch, a daily windup"

Um in kürzester Zeit einen Atomschlag gegen die Sowjetunion zu realisieren, baute er das Strategic Air Command (SAC) auf, das eine ständig in der Luft befindliche Flotte mit Nuklearmunition in Grenznähe zur Sowjetunion in Gefechtsbereitschaft hielt - Vergleichbares ist von den Sowjets nicht bekannt. Das SAC mit Hauptquartier Offutt Air Force Base in Nebraska umfasste knapp 2.000 Bomber und 800 Tankflugzeuge und beschäftigte über 200.000 Personen. Ein wichtiger Stützpunkt für das SAC war die deutsche Ramstein Airbase, der größte Militärflughafen der Welt.

1961 rückte LeMay als neuer Chef der Air Force in das fünf Mann starke Gremium des Vereinigten Generalstabs auf. Den Joint Chiefs of Staff (JCS) saß der ultrarechte General Lyman Louis Lemnitzer vor, der bereits in den letzten Tagen des Dritten Reichs heimlich mit deutschen Offizieren über eine Allianz gegen die Sowjetunion verhandelt und 1949 mit dem gleichen Ziel für die USA die Geheimvorbereitungen zur Gründung der NATO geführt hatte. Beide Generäle verband ein tiefer Hass gegen den Mann, der inzwischen im Weißen Haus Platz genommen hatte.

Der Präsident, der die Bombe hasste

Hohe Militärs, die bei der Inaugurationsfeier des neuen Präsidenten John F. Kennedy nicht zugegen waren, sahen sich das Spektakel gemeinsam mit Argwohn im Fernsehen an. Im Gegensatz zum Fünf-Sterne-General Eisenhower hatte Kennedy beim Militär nur einen niedrigen Rang bekleidet. Eine illegal besorgte Krankenakte des gesundheitlich stark beeinträchtigten und von Medikamenten abhängigen Präsidenten machte bei den Militärs die Runde, sowie Gerüchte über (tatsächlich unbewiesene) Wahlmanipulationen.

Auch der Führungsschicht der CIA, die damals von protestantischen Eliten Washingtons gestellt wurde, war der katholische Ire suspekt, dem der lagerübergreifend verhasste Vater Joseph die (ihm selbst verwehrte) Präsidentschaft finanziert hatte. CIA-Chef Allen Dulles, selbst einer der führenden Gestalten der Republikanischen Partei, konnte ursprünglich gut mit dem Demokraten Kennedy zusammenarbeiten, da dieser anfangs ein großer Fan der Spionage war.

Die von der CIA verfolgte Strategie, Kriege durch verdeckte Aktionen zu ersetzen, stieß beim konkurrierenden Militär auf wenig Gegenliebe. Als Lemnitzer bei der Planung zur CIA-gesteuerten Invasion in der Schweinebucht um seine Meinung gebeten wurden, erkannte er sehr wohl die Schwächen des zum Scheitern verurteilten Plans, schwieg jedoch - möglicherweise, um Kennedy auflaufen zu lassen. Entgegen den Erwartungen von Militär und CIA, Kennedy würde das Desaster durch Freigabe von Luftunterstützung durch die Air Force abwenden, versagte er diese.

Die verheizten Exilkubaner sahen sich von Kennedy verraten und wünschten ihm offen den Tod, obwohl es die CIA war, die ihnen falsche Versprechungen gemacht hatte. Nach der dilettantischen Invasion in der Schweinebucht entließ Kennedy das unhaltbar gewordene CIA-Urgestein Allen Dulles sowie CIA-Planer Charles Cabell, vormals General beim Air-Force-Geheimdienst. CIA-Legende William King Harvey, der Kennedy ins Gesicht wüste Vorwürfe gemacht hatte, wurde als Stationschef nach Rom abgeschoben.

Nachdem die neuen Spionagesatelliten die scheinbar 500 Interkontinentalraketen auf gerade einmal vier herunterkorrigierten und damit die angebliche "Raketenlücke" widerlegten, nahmen dies die Strategen nicht etwa zum Anlass, die Aufrüstung zu beenden, sondern begriffen es als Chance, den Gegner ohne Gegenwehr ein- für allemal zu erledigen. So trugen sie 1961 dem neu gewählten Präsidenten einen Plan an, der bis heute unter Verschluss ist, dessen Existenz jedoch durch ein freigegebenes Dokument außer Frage steht: Die USA sollten nun alle verfügbaren Steuermittel für die nukleare Aufrüstung einsetzen.

Der SIOP-62 genannte Plan sah vor, dass Ende 1963 ausreichend Nuklearmunition bereitstünde, um jeden größeren Stützpunkt in der Sowjetunion und in China in einem Überraschungsschlag mit jeweils acht 20-Megatonnen-Atombomben zu vernichten. Die US-Bevölkerung solle den nuklearen Fallout zwei Wochen in Shelters abwarten und dann in eine Welt zurückkehren, die vom Grundübel des Kommunismus befreit worden sei. Die Bombardierung Chinas, das damals gar keine Nuklearwaffen hatte, soll der Vorsitzende General Lyman Louis Lemnitzer mit präventiven Erwägungen gerechtfertigt haben. Kennedy und McNamara lehnten ab.

Lemnitzer präsentierte im März 1962 schließlich die auch von LeMay mit unterschriebenen Pläne, terroristische Anschlägen auf US-Amerikaner vorzutäuschen oder gar zu begehen. Diese wollte man Kuba anlasten und damit einen Vorwand für einen Militärschlag schaffen. Lemnitzer wurde von McNamara wie ein Schuljunge abgewatscht und realisierte, dass er für eine zweite Amtszeit als Chairman des Vereinigten Generalstabs nicht mehr infrage kam. Der oberste Soldat der USA ließ sich nach Europa wegloben und wurde NATO-Oberkommandant (SACEUR). Kennedy überging die geplante Nachfolge und reaktivierte als neuen Chairman stattdessen General Maxwell Taylor, der im Streit mit Eisenhower gegangen war, weil Taylor dessen Strategie einer massiven nuklearen Vergeltung ablehnte. Aus Sicht der Generäle hatte Kennedy geputscht und ihnen einen zaghaften Soldaten vor die Nase gesetzt.

Statt eines Vorwands für einen Militärschlag bekamen die Krieger 1962 eine tatsächliche Bedrohung, nämlich die Nutzung Kubas als sowjetischen Stützpunkt für Mittelstreckenraketen. Von Anbeginn der Kubakrise verlangte LeMay, die Kubaner nuklear zu vernichten. Ein hieraus eskalierender Dritter Weltkrieg wäre LeMay aufgrund der damaligen strategischen Überlegenheit willkommen gewesen. Dass bereits 42 einsatzbereite Mittelstreckenraketen sowie auch taktische Nuklearwaffen mit der Autorisation zur Verteidigung bereits auf Kuba stationiert waren, war den Strategen verborgen geblieben.

Die Rote Armee glaubte allerdings auch, ihre U-Boote seien nicht aus der Ferne zu entdecken, da ihnen die Existenz des SOSUS-Systems nicht bekannt war: ein Netz an Unterwassermikrofonen, das die Ortung von U-Booten ermöglichte. Ein Rotarmist ließ eigenmächtig eine U2 abschießen, um die Entdeckung eines Unfalls mit einem Transporter zu verbergen, der nukleare Kurzstreckenraketen auf Guantánamo richten sollte. Die Kubakrise entwickelte sich zum kaum beherrschbaren Risiko.

LeMay ging den Präsidenten frontal an und erinnerte ihn respektlos an "München", als sich Kennedys Vater gegenüber den Nazis als zu zaghaft erwiesen habe. Was seine Generäle von ihm hielten, wenn er nicht im Raum war, konnte sich Kennedy auf den Tonbändern anhören, die heimlich mitliefen. Die Kontroverse zwischen den Kennedys und dem Pentagon wurde im Spielfilm Thirteen Days illustriert, der auch ein tatsächlich erfolgtes Streitgespräch zwischen McNamara und LeMays JSC-Kollege Admiral Anderson nachstellte - im Film über Warnschüsse die irrtümlich als Angriff hätten gewertet werden können.

Tatsächlich etwa bestand für jenen sowjetischen U-Boot-Kommandanten, der mit Übungsgranaten an die Oberfläche gezwungen wurde, keine Unterscheidungsmöglichkeit zu echtem Beschuss. Der Kommandant hatte im Glauben an den begonnen Krieg den Einsatz der Nukleartorpedos erwogen. Ohne Rücksprache mit dem Weißen Haus, das die höchste Alarmstufe in Friedenszeiten ausgerufen hatte, provozierten die Militärs, indem sie auf dem Höhepunkt der Kubakrise einen Atombombentest in 400 km Höhe durchführten. Die Chiefs waren vom friedlichen Ausgang der Kubakrise, welche ihnen die Chance auf den vorbereiteten Krieg geboten hätte, mehr als ungehalten. Auch nach Beendigung der Krise drängte LeMay auf einen Atomschlag.

Nach der Kubakrise hatten Kennedy und McNamara von den Eigenmächtigkeiten der Militärs mit der Bombe genug. McNamara führte technische Sicherheitsstrategien wie den Atomkoffer ("Football") ein, um sicherzustellen, dass nur der Präsident einen Atomkrieg auslösen konnte. Beide Supermächte setzten ihre Atmosphärentests aus. Zudem strich Kennedy die von Lemnitzer vorangetriebene Bewaffnung des Weltraums, wo er von Kommandoleitständen im All und Atomwaffenbasen geträumt hatte. Stattdessen schloss der US-Präsident mit Chruschtschow den Weltraumvertrag. Er beabsichtigte auch, nach seiner Wiederwahl die CIA-Einheiten aus Vietnam zurückzuziehen. Wie der damalige Air-Force-Mann Colonel Leroy Fletcher Prouty, der den Chiefs unterstand, 1973 in seinem Buch The Secret Team schrieb, sah Kennedy erst für den Fall seiner Wiederwahl eine Möglichkeit, gegen die Rechten sowie gegen eine von Prouty als "Secret Team" bezeichnete Clique an der Spitze von Militär und Geheimdiensten vorzugehen.

CIA-Leute, die eigentlich nicht innerhalb der USA hätten operieren dürfen, kümmerten sich um Kennedys Privatleben und hörten auch die Nächte mit dessen neuer Freundin Mary Pinchot Meyer ab, die der CIA-Elite in Washington persönlich vertraut war. Meyer war die Ex-Frau des CIA-Masterminds Cord Meyer gewesen, ein Experte für Desinformation und schwarze Propaganda. Die mit den Ehefrauen der anderen CIA-Eliten befreundete Meyer war sogar über Staatsgeheimnisse wie MKUltra informiert, die nicht einmal der Präsident kannte. Inzwischen hatte sie das bürgerliche Leben hinter sich gelassen und war quasi eine der ersten friedensbewegten Hippies geworden.

Am 10. Juni 1963 hielt Kennedy an der American University eine ungewöhnliche Rede, die LeMay und der ultrarechten Sicherheitscommunity kaum gefallen haben dürfte. So äußerte der Präsident seine Sorge über einen von Missverständnissen ausgelösten Atomkrieg, erteilte einer Pax Americana eine Absage und kündigte an, das nukleare Potenzial abzurüsten.

Im gleichen Jahr drehte Stanley Kubrick seine groteske Politsatire Dr. Strangelove, in der er u.a. einen Militär nach dem Vorbild von LeMay karikierte. LeMay lieferte auch die Inspiration zu John Frankenheimers Film Seven Days in May, bei dem eine Militär-Junta des Vereinigten Generalstabs den Präsidenten kidnappt. Kennedy unterstützte die Realisierung. Während der Kubakrise und auch danach hatte er die Sowjets wissen lassen, dass er einen Staatsstreich von rechts nicht ausschließen könne. Chruschtschow äußerte später, dass genau diese Befürchtung einer seiner wesentlichen Beweggründe war, um die damalige Kontroverse beizulegen.

Am 09.November 1963 beendete Kennedy mit einem Geheimbefehl die oberirdischen Atombombentests.

Am 12.November 1963 informierte er vertraulich die NASA über seine Pläne, gemeinsam mit den Sowjets friedlich den Weltraum zu erkunden.

Am 13.November 1963 genehmigte Kennedy in einem Geheimbefehl die verlangten Sicherheitsmaßnahmen und verlangte schnellstmöglich technische Kontrolle über die Bombe.

22.November 1963

Das von Kennedy eingeleitete Ende des Kalten Kriegs starb mit ihm am 22.11.1963. Stattdessen bekamen die Militärs ihren heißen Krieg in Vietnam und gaben weiterhin Unsummen für das Militär aus, das den größten Posten im US-Haushalt ausmacht. Zwei Jahrzehnte nach Kennedy kam es beinahe zum befürchteten Atomkrieg aus Versehen. Bald darauf begann tatsächlich die von Kennedy geforderte Abrüstung. Inzwischen kooperieren die USA mit den Sowjets auch im All.

Auch nach 50 Jahren ist unbekannt, woher die per Polizeifunk kurz nach dem Mord durchgegebene Personenbeschreibung von Oswald stammte. Warum das Verhör mit dem festgenommenen Oswald nicht protokolliert wurde und warum man ihm keinen Rechtsbeistand zugestand, warum er sich im Gegensatz zu konventionellen Attentätern nicht mit seiner Tat brüstete, sondern sie abstritt, und wie Oswald an diesem Tag zwei Menschen erschießen konnte, ohne dass man Schmauchspuren an den Wangen fand, beschäftigt aufmerksame Beobachter noch immer.

Woher Oswald schon Wochen vorher die kurzfristig geänderte Fahrtroute der Wagenkolonne gekannt haben könnte, ist ebenfalls unklar. Gekannt haben dürfte die Route Bürgermeister Earle Cabell, der Bruder des von Kennedy geschassten CIA-Deputys General Charles Cabell. Warum die Limousine ohne ihre kugelsichere Abdeckung fuhr, obwohl der Secret Service vor Besuchen in Chicago und Tampa jeweils mit Gewehren bewaffnete Exilkubaner aus dem Verkehr gezogenen hatte, bleibt rätselhaft.

Warum die Personenschützer von ihren Trittsteigen abgezogen wurden, warum der angeblich im Schulbuchverlagsgebäude positionierte Schütze nicht das günstigere Schussfeld vom Fenster in Richtung ankommender Limousine nutzte und warum die Strecke eigens am Grashügel mit erhöhter Schussposition vorbeiführte, ist nach wie vor unklar. Der Fahrer, der sein vorgeschriebenes Tempo unterschritt und nicht beim ersten Schuss sofort beschleunigte, wurde hierzu nicht einmal befragt, stattdessen reinigte man das Auto, was eine Spurensicherung erschwerte.

Die erstaunlich schnell vollzogene Einigung der Behörden auf einen verwirrten Alleintäter hatte den Vorteil, dass keine Rache an einem äußeren Feind wie Kuba oder der Sowjetunion gefordert werden konnte. Ebenso vermochte man auf diese Weise den inneren Frieden zu wahren, der ohnehin schon durch den Rassenkonflikt belastet war. Das Argument, dass ein Zweifel am Alleintäter "Blut in den Straßen" zur Folge hätte, überzeugte auch Robert Kennedy, der stillhielt.

Tatsächlich aber bezweifelte nicht nur Robert Kennedy die offizielle Darstellung, sondern offenbar auch der vormalige Präsident Truman, der 1947 die Einrichtung der CIA gebilligt hatte. Im Dezember 1963 plädierte er dafür, diesen Geheimdienst auf seine eigentlich intendierte Funktion zur Koordination von Informationen zu begrenzen.

LeMays Air Force war es vorbehalten, den Leichnam Kennedys aus Dallas auszufliegen. Die Fotos, die später von der Autopsie veröffentlicht wurden, unterscheiden sich von den Aufnahmen, die ursprünglich im Militärkrankenhaus entstanden - unter dem Qualm von LeMays Zigarre. Seine Anwesenheit wurde nicht offiziell vermerkt, ist aber bezeugt. Als der leitende Arzt fragte, wer denn hier das Kommando habe, war es LeMay, der dies beanspruchte.

Als Mary Meyer 1964 den Warren-Report las, der wesentlich von Ex-CIA-Chef Allen Dulles beeinflusst wurde, geriet die Kennerin der Washingtoner Verhältnisse außer sich. Sie konfrontierte die CIA-Leute mit ihrer Sicht und wollte an die Öffentlichkeit gehen. Kurz darauf fand man sie mit zwei Kugeln im Kopf. Noch am Mordabend ließ sich die CIA-Legende James Jesus Angleton beim Einbruch in Meyers Haus erwischen, wo er deren Tagebuch entwendete.

Politik

Vizepräsidentschaftskandidat LeMay auf dem Cover des Time Magazine

Nach dem Attentat verließ auch der dort ungeliebte Chairman Taylor das JCS. Nachdem LeMay immer vehementer den Einsatz der Bombe in Vietnam verlangte, gelang es McNamara 1965 endlich, den blutdürstenden General aus dem Dienst zu entfernen. (1986 wurde die operative Macht des Vereinigten Generalstabs begrenzt.)

Zivilist LeMay kandidierte 1968 als Vizepräsidentschaftskandidat gemeinsam mit dem rassistischen Gouverneur von Alabama George Corley Wallace für die neue American Independent Party, die es in Umfragen auf 20% brachte. Zwar hatte sich LeMay im Dienst stets für eine Integration von schwarzen Soldaten eingesetzt, obwohl dies nicht dem Zeitgeist im rechstlastigen US-Militär entsprach - dies hinderte ihn jedoch nicht an einer Partnerschaft mit Wallace, der im Zweiten Weltkrieg unter seinem Kommando gedient hatte.

LeMays penetrante Forderung nach dem Einsatz der Atombombe in Vietnam und seine Drohung, die Nordvietnamesen in die Steinzeit zurück zu bomben, erwiesen sich jedoch als unpopulär, sodass die Partei schließlich nur 13,5% einfuhr. Erst ein Jahrzehnt nach Kennedys Tod realisierte die amerikanische Öffentlichkeit, dass die CIA sich keineswegs auf die Spionagerolle beschränkt hatte, sondern Staatsstreiche orchestrierte sowie politische Morde und Terroranschläge organisierte.

Zum Ende des Kalten Kriegs verstarb auch LeMay 1990.

Ein Teil der Akten zum Kennedy-Mord, der nach Ansicht einiger Autoren nur das Werk eines verwirrten Einzeltäters sein soll und daher harmlos sein müsste, ist auch ein halbes Jahrhundert später noch immer gesperrt - darunter etwa die Steuererklärung von Oswald, die Aufschluss über honorierte Tätigkeiten für das FBI geben könnte. In den 2007 freigegeben Familienjuwelen der CIA ist das an "Punkt 1" stehende Thema, das mit einiger Sicherheit die Umstände des Präsidentenmords behandeln dürfte, noch immer geschwärzt. Offen ist, was Nixon mit dem Ausdruck "the whole Bay of Pigs thing" meinte.

In einem Interview äußerte LeMay die Ansicht, er habe nie verstanden, warum Johnson die Kennedys nicht wie Kakerlaken zertreten habe, die sie gewesen seien.

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