Der Internationale Strafgerichtshof entscheidet über Untersuchung in Afghanistan

Seite 2: USA könnten nach einem Gesetz sogar militärisch gegen den ICC vorgehen

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Die USA sind dem Rom-Abkommen nicht nur nicht beigetreten, sondern haben versucht, es zu kippen oder Staaten vom Beitritt abzuhalten (US-Regierung droht der EU wegen des Internationalen Strafgerichtshofs).

George W. Bush hat die Unterschrift von Bill Clinton zurückgenommen und zusätzlich den American Service-Members' Protection Act 2002 in Kraft gesetzt, nach dem die USA letztlich auch mit militärischen Mitteln Amerikaner, die vom ICC festgehalten werden, befreien können (US-Bürger und Alliierte sollen auch mit Gewalt vor dem Zugriff des Internationalen Gerichtshofs geschützt werden).

Mit Afghanistan haben die USA im September 2002 - wie inzwischen mit vielen anderen Ländern - das Abkommen nach dem extra in Abwehr vom ICC geschaffenen Artikel 98 geschlossen, mit dem die afghanische Regierung zugestimmt hat, keine Amerikaner dem ICC zu überstellen oder einer dritten Partei dies ohne Genehmigung der US-Regierung zu erlauben. Umgekehrt werden auch die USA keinen Afghanen dem ICC überstellen. Überdies war ein Status of Forces Agreement (SOFA) vereinbart worden, nach dem alle Angehörigen der USA Immunität vor krimineller Strafverfolgung durch afghanische Sicherheitsbehörden genießen, sie sind auch nicht zivil belangbar, ausgenommen für Handlungen, die außerhalb ihrer Pflichten stattfinden.

Auch in Abkommen mit der Nato hat Afghanistan eingeräumt, dass die Nato-Staaten das "exklusive Recht" der Rechtsprechung über Mitglieder ihrer Streitkräfte und des zivilen Personals besitzen, wenn diese kriminelle oder zivile Straftaten in Afghanistan begangen haben. Ausgenommen davon sind Nato-Contractors. Der ICC kann nur dann gegenüber Mitgliedsländern tätig werden, wenn diese nicht in der Lage oder unwillens sind, Täter zu verfolgen und ordentliche Gerichtsverfahren durchzuführen. Das wird der ICC bei den Nato-Staaten nicht nachweisen können, so dass man davon ausgehen kann, dass zwar ermittelt wird, aber dass etwaige Verbrechen, die von US-, aber auch von Nato-Personal begangen wurden, nicht zu Konsequenzen führen werden.

Hintergrund der Initiative der Chefanklägerin dürfte sein, dass Gambia zusammen mit Burundi, Kenia, Simbabwe, Uganda und Südafrika dem ICC vorwirft, einseitig zu sein. Der Vorwurf ist berechtigt, denn verfolgt werden nur Vorfälle in Afrika oder wie in Ex-Jugoslawien, wo westliche Staaten außen vor bleiben. Burundi ist deswegen Ende Oktober aus dem ICC ausgetreten.

Dem ICC wird "Verfolgung und Demütigung von Menschen mit dunkler Hautfarbe, insbesondere von Afrikanern", vorgeworfen, während die "Kriegsverbrechen" westlicher Politiker nicht verfolgt würden. So habe sich das Gericht geweigert, Tony Blair wegen des Irak-Kriegs anzuklagen. 30 westliche Staaten hätten Kriegsverbrechen begangen, keines sei verfolgt worden (Der ICC zerfällt). Jetzt also könnte in Afghanistan ein Exempel stattfinden, allerdings vermutlich ohne Folgen für beschuldigte Amerikaner.