Der Mensch als kommerzielle Marke

Wer darf das Image von Albert Einstein verwerten?

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Opfert ein Normalbürger 300 Euro und zwei Jahre, um eine Marke auf seinen Namen anzumelden, so klingt dies übertrieben. Klar, das wirkliche Geschäft beginnt ja auch erst, wenn man die Marke auf jemand anders anmeldet!

Wenn der Film zuende ist, rennen alle eiligst aus dem Kinosaal. Nur die, die im Film eingeschlafen sind, bleiben sitzen, die Liebespaare, die mit dem Knutschen nicht aufhören wollen, bloß weil das Licht angegangen ist, die Cineasten, die noch auf den Schlussgag nach dem Abspann warten und die Journalisten, die noch mal einiges im Abspann nachsehen wollen.

Bei einer solchen Gelegenheit sprang dann im Abspann von Spider Man plötzlich ein sehr auffälliger Vermerk auf die "Albert Einstein Trademark" und deren Nutzung ins Auge. Spontan musste der Autor bei der Assoziation "Marke" und "Einstein" zwar erstmal an das berühmte Foto des Nobelpreisträgers mit herausgestreckter Zunge denken, doch löste die mit der Marke "Albert Einstein" gekoppelte, ebenfalls im Abspann eingeblendete Webadresse www.albert-einstein.net ein mulmiges Kommerz-Gefühl aus.

Leider braucht man ja heute tatsächlich eine Marke auf den eigenen Namen, weil missgünstige Mitmenschen einem ansonsten unerwartet noch nach Jahren, wenn sie gut eingeführt ist, die Internetadresse unter dem Hintern wegklagen, um so die Besucherzahl ihres eigenen Angebotes zu steigern oder die Post ihres selbsternannten Gegners einzukassieren, weil ihnen selbst anscheinend keiner freiwillig schreiben oder ihre ach so wichtige Website angucken will.

Die Mehrzahl der angemeldeten Marken dient allerdings nicht so sehr der Verteidigung der eigenen Person, sondern mehr dem Angriff auf andere Personen und natürlich dem Geld verdienen. Diese Marken werden dann auch selten von der Person angemeldet, deren Namen sie trägt oder die das Produkt entwickelt hat, das die Marke schützen soll, sondern von Juristen einer Firmen-Rechtsabteilung oder gleich einer externen Anwaltskanzlei. Das ist jedoch ganz normales Business und peinlich wird es nur, wenn sich jemand mit völlig fremden Federn schmücken will.

Die Einnahmen aus der posthumen Vermarktung von Albert Einstein sollen nun zumindest der Hebräischen Universität Jerusalem zugute kommen. Somit dürfte dies durchaus in seinem Sinne sein. Die Roger Richman Agency, die das "Albert-Einstein-Licensing" abwickelt, hat sich generell auf die Lizenzrechte an manchmal noch lebenden und meist bereits verstorbenen Berühmtheiten spezialisiert – meist aus Hollywood, doch sie hält auch die kommerziellen Rechte an Otis Redding, den Marx Brothers, den Wright-Brüdern und an Siegmund Freud.

Das Motiv von Roger Richman war dabei, das Andenken der Toten vor dem Kommerz zu schützen und Entgleisungen wie "John-Wayne-Klopapier" zu verhindern, das er in einem Andenkenladen entdeckte. Wer nun weltweit mit einem Bild oder der Stimme einer der Stars wie der von Mae West oder Marilyn Monroe oder mit einem Doppelgänger von Groucho Marx werben will, muss Roger Richman um Erlaubnis fragen, die er nicht für jedes Produkt erteilt. Und sich mit 35 Prozent Provision gut bezahlen lässt. Allerdings hat er keine Bedenken darin, den guten Albert im Lösen so weltbewegender Fragen zu zeigen wie jener, welches braune Rülpswasser in Dosen nun das intelligentere ist. Doch wer sich einfach T-Shirts oder Kaffeetassen mit "E=mc2" bedrucken lässt, ohne sich an den "Albert Einstein Style Guide" zu halten, der bekommt postwendend relativ viel Ärger.

Ja, nicht nur an Malern werden erst spätere Generationen so richtig reich, doch nur sehr selten der Künstler selbst. Und mir ist nun klar, an was mein Anwalt gedacht haben könnte, als er vor ein paar Jahren auf einen besonders blöden Spruch meinerseits meinte "also in 100 Jahren ist so ein echter WDR bestimmt was wert". Das muss ich dann wenigstens nicht mehr miterleben. Bislang ist mit Klopapier mit meinem Gesicht darauf allerdingsnoch kein großes Geschäft zu machen. Irgendwie doch wieder beruhigend.