Der "Merkel-Fehler": Ausbügeln und Aufstand in der Union

Seite 2: Die "wertkonservative Wurzel"

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Es rumort aber nicht nur wegen der Flüchtlingspolitik in der CDU. Es geht um die "wertkonservative Wurzel", so der frühere hessische Kultus- und Justizminister Christean Wagner (CDU). Man wolle konservative Wähler zurückgewinnen und diejenigen, die vor dem Absprung sind, davon abhalten, sagte er vor ein paar Tagen dem bürgerlichen Leitmedium FAZ.

Am heutigen Samstag treffen sich in der badischen Stadt Schwetzingen Unionsanhänger, die sich laut Medienberichten von Merkel abgrenzen und einen Dachverband gründen wollen, der Freiheitlich-konservativer Aufbruch in der Union (FKA) heißen soll. Dessen bekanntester Vertreter ist der genannte Christean Wagner.

Im Interview mit der FAZ machte er deutlich, dass es nicht nur um die Flüchtlingspolitik geht, sondern um eine stärker konservative Werte betonende Ausrichtung:

Zum Beispiel in der Familienpolitik. Es ist im Übrigen auch eine Frage der stärkeren rhetorischen Betonung der konservativen Elemente unseres Parteiprogramms. Die wertkonservative Wurzel kommt seit einigen Jahren eindeutig zu kurz. Es ist die falsche Vorstellung entstanden, Konservative hätten keine andere Wahl, als für die CDU zu stimmen. Diese Vorstellung hat sich als ein schwerer Fehler erwiesen. Wir müssen um unsere konservativen Wähler werben und nicht eine asymmetrische Demobilisierung betreiben.

Christean Wagner

Seinen Worten nach wächst die Zahl der CDU-Mitglieder, die diese Auffassung teilen. Zu einer Vorkonferenz in Königswinter vor ein paar Wochen seien 50 CDU-Delegierte gekommen. Inzwischen sei die Zahl dieser konservativen Kreise im Land auf 14 angewachsen. Bei einer Mitgliederzahl zwischen 20 und 100 pro Kreis käme man insgesamt auf über 1.000 Personen. Bei der Versammlung heute werden allerdings bei weitem nicht so viele erwartet. Laut dem Organisator Alexander Mitsch sollen 70 Vertreter der konservativen Initiativen kommen.

Medienberichte nehmen das Treffen der neuen Plattform sehr ernst. "Schwetzingen könnte eine Zäsur für die Union bedeuten", meldet die Deutsche Welle. In ihrem Bericht ist von einem "stillen Aufstand", einer "verabredeten Revolution" die Rede, dessen Gründungsort Schwetzingen sein könnte.

Medien lieben solchen Stress mit großen Worten. Nüchtern kann man derzeit aber tatsächlich eine Tendenz zu Lagerbildungen in konservativen Parteien beobachten. Deutlich ist bei der amerikanischen wie auch bei der französischen Partei der Republikaner zu sehen, wie sich radikale und moderate Lager auf eine Weise in die Haare kriegen, dass es zu Zerreißproben kommt.

Dem entgegen steht die demonstrative Geschlossenheit der SPD, die auch Seehofer beeindruckte: Die CDU müsse nun an ihrer Form arbeiten, fordert er.