"Der Ukraine müssen die Grenzen der Unterstützung aufgezeigt werden"

Seite 2: Reaktion der ukrainischen und amerikanischen Regierung

Ob zufällig mit der Kritik der NYT einhergehend oder als Reaktion auf sie hat Selenskyj am Wochenende versichert, er würde die Rückkehr zu den Grenzen vom 23. Februar als Sieg bezeichnen.

Das kommt wahrscheinlich ein wenig spät, man muss davon ausgehen, dass Russland zumindest eine Landverbindung zur Krim, inklusive Mariupol, beanspruchen wird – auch aus dem Grund, damit die Wasserversorung der Krim nicht wieder blockiert werden kann. Innenpolitisch würde Selenskij weiter unter Druck der Nationalisten bleiben, die bereits die Einrichtung eines vorübergehenden Status für die Volksrepubliken als Verrat sahen.

Wohl deswegen machte Außenminister Dmytro Kuleba deutlich, dass Kiew sich auch keinem Druck aus den USA beugen wird:

"Die Ukraine und nur die Ukraine wird bestimmen, wann und wie der Krieg endet."

Die Strategie der ukrainischen Regierung, die Unterstützer unter moralischem Druck zu setzen, nach der Pfeife von Kiew zu tanzen, wird absehbar an Wirksamkeit verlieren. Biden verkündete am Freitag, dass er John Kirby, den Pentagon-Sprecher, als Koordinator für Strategische Kommunikation im Nationalen Sicherheitsrat eingesetzt hat. Er soll die Politik der USA erklären. Offenbar hat man erkannt, dass es da ein Defizit gibt, wie es die NYT aufgezeigt hat. Ob das Weiße Haus im Voraus auf die Veröffentlichung hingewiesen wurde? Allerdings ist dabei nicht zu erkennen, dass damit größere Klarheit und Vernunft einziehen werden, man will nur besser kommunizieren.

Kaum denkbar, dass die Biden-Regierung, die sich an die Spitze der Ukraine-Unterstützer gestellt hat, um den Rivalen Russland auszuschalten und dadurch freiere Hand gegenüber China zu haben, den eingeschlagenen Kurs vor den Midterm-Wahlen noch verlassen kann.

Trotz Krieg wegen der angeblichen Bedrohung der freien Welt durch Russland sind die Zustimmungswerte für Biden auf einen Tiefstand während seiner Präsidentschaft gefallen. Gerade noch 39 Prozent stehen hinter Biden.

Auch bei den Demokraten sinkt die Zustimmung. Grund scheint vor allem die Wirtschaftspolitik zu sein, das kann ein weit entfernter Krieg nicht kompensieren. Es ist damit zu rechnen, dass die Demokraten die Kongressmehrheit verlieren werden. Der greise Biden wird auch als oberster Kriegsherr zur lame duck, Kamala Harris bleibt blass.

Für die ukrainische Regierung sind das keine guten Aussichten. Sie muss bis Ende des Jahres eine militärische Wende herbeiführen, während Russland bis dahin durchhalten müsste.