Der amerikanische Präsidentschaftswahlkampf wird interessanter

Nun kündigte auch der Fernsehkomiker Stephen Colbert seine Kandidatur an

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der Fernsehkomiker Stephen Colbert wurde weltweit durch ein YouTube-Video bekannt, in dem er während eines festlichen Essens in Anwesenheit von George W. Bush eine erkennbar satirische Preisrede auf diesen hielt, in der er unter anderem feststellte, dass nach dem Maßstab "The best government is the government that governs least" eine fabelhafte Regierung im Irak installiert wurde.

Ein Versuch des Regierungssenders C-SPAN, das Video aus YouTube entfernen zu lassen, schlug hohe Wellen und sorgte mit dafür, dass es der Komiker Ende 2006 in die Time-Liste der 100 einflussreichsten Personen des Jahres schaffte. Vorher war Colbert mit Beiträgen für Jon Stewarts Comedysendung "The Daily Show" vorwiegend einem amerikanischen Publikum bekannt geworden.

Dort hatte er auch die Kunstfigur erschaffen, die genauso heißt wie er selbst und die vor allem eine Parodie des Fox-Fernsehjournalisten Bill O'Reilly ist, aber auch Merkmale anderer konservativer Meinungsmacher wie Rush Limbaugh trägt. Mit einer zunehmend religionsähnlichen Marktgläubigkeit und einem Hurrapatriotismus, der das Ausschalten des Verstandes geradezu offensiv propagierte, hatten sie Colbert Muster an die Hand gegeben, die er nur noch im Detail verändern musste, um ihre Absurdität zutage zu fördern. An den Klimawandel glaubt die Bühnenfigur Colbert beispielsweise erst, seit Al Gore ihr vorgeführt hat, dass man damit viel Geld verdienen kann.

Die Späßchen, die sich Colbert in der Ankündigung seiner Kandidatur erlaubte, sind um so lustiger, je mehr man die Rituale der Kandidaten in den beiden großen Parteien kennt: So persiflierte er den mittlerweile zur Gewohnheit gewordenen "Tabubruch", seine Präsidentschaftskandidatur in einer TV-Talkshow zu verkünden, indem er diese letzte Woche nicht nur in seiner eigenen Late-Night-Sendung "The Colbert Report" bekannt gab, sondern danach auch noch seinem Talkgast die Frage stellte, ob dies denn wirklich der angemessene Ort sei, um eine Kandidatur für das höchste Staatsamt der USA bekannt zu geben.

Schon Wochen vorher hatte Colbert seine Talkgäste immer wieder gedrängt, ihn nach seiner Kandidatur zu fragen - nur um dann zu antworten, dass die Frage noch zu früh komme und er auf ein "Zeichen" der Öffentlichkeit warte.

Da Colbert nur in South Carolina antreten will, dürften seine effektiven Chancen, genug Wahlmänner zu gewinnen um amerikanischer Präsident zu werden, allerdings gering sein. Dafür will der Fernsehkomiker gleich bei beiden großen Parteien antreten. Die Gebühren dafür betragen bei den Republikanern 35.000 US-Dollar - die Demokraten sind mit 2.500 deutlich billiger und erlauben als Alternative eine Petition mit mindestens 3.000 Unterschriften. Im Gegensatz zu anderen Kandidaten, die Spenden und Verpflichtungen teilweise eher ungern offen legen, pries der Komiker den Tortilla-Chip-Hersteller Doritos offensiv als "offiziellen Sponsor" seiner Kampagne, was von Beobachtern als rechtliches Risiko gewertet wurde.

Colbert ist nicht der erste Komiker, der bei amerikanischen Präsidentschaftswahlen antritt: 1968, als die Demokraten den Vietnamkriegs-Befürworter Hubert Humphrey gegen Richard Nixon aufstellten, kandidierte Pat Paulsen, eine Art amerikanischer Harald Schmidt in der Polenwitzphase, und erreichte immerhin 200.000 Stimmen.