"Deutsche Bank" oder "Zombie-Bank"

Das Schlimmste kommt aber noch für die Bank, die viel zu spät einen Befreiungsschlag versucht

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Die Deutsche Bank will angeblich wieder zu ihren Wurzeln ins Geschäft mit Unternehmen und Privatkunden zurückkehren. Sie hat deshalb einen "Rückzug aus dem weltweiten Aktiengeschäft und erhebliche Verringerung der risikogewichteten Aktiva in der Unternehmens- und Investmentbank" angekündigt.

Nach immer neuen Skandalmeldungen und Milliardenverlusten, auch über eine baldige Rettung der Bank war schon vor zwei Jahren spekuliert worden, versucht Bank-Chef Christian Sewing nun den Befreiungsschlag.

Dabei sollen insgesamt etwa 18.000 Arbeitsplätze gestrichen werden. Beim größten Stellenabbau in der 149-jährigen Geschichte der (noch) größten deutschen Bank soll nun ein Fünftel aller Posten wegfallen, dabei gab es schon zuvor einen massiven Stellenabbau.

Vor allem sollen es angeblich Posten im Bereich Investmentbanking sein, denn der soll massiv eingedampft werden. Dieser Bereich hat der Bank in den letzten Jahren besondere Verluste und zudem hohe Strafzahlungen eingebracht. Betroffen wären vor allem Stellen in London und New York, wird vermutet. Dort haben schon etliche Mitarbeiter ihre Kündigung erhalten.

Dass es in Deutschland keine betriebsbedingten Kündigungen geben wird, hofft zumindest die Gewerkschaft Ver.di, die die Pläne von Sewing unterstützt. Gewerkschaftschef Frank Bsirske "begrüßt diesen radikalen Schritt". Er meint, damit könnten langfristig die Arbeitsplätze in Deutschland stabilisiert werden. "Das deutliche Verkleinern des Investmentbankings ist eine radikale Neuausrichtung", meint der Gewerkschaftler, der im Aufsichtsrat der Bank sitzt.

Boni: Sehr viel Geld verbrannt

Klar ist, dass die Bank statt Milliardengewinnen, die sie sich mit dem Investmentbanking erhofft hatte, sehr viel Geld verbrannt hat und Strafzahlungen in Höhe von etwa 15 Milliarden US-Dollar für Verfehlungen leisten musste. Ein großes Problem bei den Verlusten war und sind die absurden "Erfolgsprämien".

Zwischen 2012 und 2018 schüttete die Bank Boni an Mitarbeiter in Höhe von etwa 17 Milliarden Euro aus, auch und vor allem an Investmentbanker, die so gar keine Erfolge vorzuweisen hatten. Meist schrieb das Institut Verluste, die sich in diesem Zeitraum auf knapp 6 Milliarden Euro summierten.

Ohne die Bonuszahlungen hätte unter dem Strich ein Gewinn von mehr als zehn Milliarden gestanden. Ausplündern nennt man das umgangssprachlich. Die Reißleine wurde nie wirklich gezogen und es ist die Frage, ob sie nun gezogen wird.

Zwar gingen die Bonuszahlungen auch wegen des vorhergehenden Stellenabbaus zuletzt zurück, aber immerhin wurden auch 2018 auch unter Sewing noch 1,9 Milliarden an Boni ausgeschüttet. Angesichts eines erstmals wieder mageren Gewinns von 341 Millionen Euro waren auch die in keiner Weise zu rechtfertigen. Und noch weniger zu rechtfertigen waren die "Erfolgsprämien" in Höhe von 2,3 Milliarden im Vorjahr, als die Bank sogar erneut einen Verlust von 735 Millionen Euro ausweisen musste.

Der Zusammenhang aus Milliardenverlusten und Boni-Zahlungen ist also mehr als deutlich und hier müsste die große Schere angesetzt werden, wenn die Bank auf Absturzkurs wirklich gerettet werden soll. Ganz oben auf der Liste beim Abkassieren stand übrigens im vergangenen Jahr Garth Ritchie.

Der Chef der Investmentsparte und Vizechef der Bank ließ sich für seine "Erfolge" 2018 sogar mit 8,6 Millionen Euro belohnen. Damit lag er sogar noch über dem Bank-Chef Sewing, der sieben Millionen erhielt. Seinen Abgang bekommt Ritchie nun sogar noch einmal mit 11 Millionen versüßt. Insgesamt fließen 26 Millionen an scheidende Führungsmitglieder der Bank.

Die gute Nachricht für die Steuerzahler ist (noch), dass die Aktionäre bisher diesen Wahnsinn bezahlt haben. Seit 2008 haben sie über Kapitalerhöhungen schon etwa 33 Milliarden Euro an frischem Geld in das Institut gepumpt. Ob das allerdings so bleibt und die Bank nicht doch noch "alternativlos" gerettet werden muss, ist derzeit noch unklar. Sie über eine Fusion mit der Commerzbank noch "bigger too fail" zu machen, ist jedenfalls gescheitert. Klar ist, dass sich die Aktionäre auf weitere Verluste einstellen müssen, auch wegen der hohen Abfindungen.

Neue interne Bad Bank

Dazu kommt, dass die Deutsche Bank erneut eine interne Bad Bank erhält. Risikoreiche Anlagen oder Finanzinstrumente sollen nun in einer sogenannten "Abbaueinheit" landen, die auch "Capital Release Unit" genannt wird.

Damit sollen "Bilanzpositionen effizient" abgewickelt werden, die aus den Geschäftsfeldern stammen, die "aufgegeben oder verkleinert" werden. "Es handelt sich um 74 Milliarden Euro an risikogewichteten Aktiva und eine Gesamtverschuldung (Leverage Exposure) von 288 Milliarden Euro (gemessen am Wert zum 31. Dezember 2018)." Das ist die nächste interne Bad Bank, nachdem die letzte gerade 2016 geschlossen wurde.

Insgesamt sollen sich die Kosten für den Umbau bis 2022 auf 7,4 Milliarden Euro belaufen, weshalb 2019 sicher das vierte Verlustjahr von den letzten fünf Jahren wird. Aber die Verluste aus den besonders riskanten Geschäftsfeldern können auch noch viel größer ausfallen. Denn das gesamte wirtschaftliche Umfeld hat sich nicht gerade verbessert, sondern eher deutlich verschlechtert.

Beobachter hielten die Bank schon nach der geplatzten Fusion mit der Commerzbank längst "nicht mehr für überlebensfähig". Dabei wurde richtig darauf verwiesen, dass die Bank sogar in "Boomjahren" hohe Verluste eingefahren hat. "Sollte Deutschland in eine Rezession schlittern, ist die Bank garantiert konkursreif", kommentierte zum Beispiel die taz im April.

Drehen die Vorzeichen weiter auf Krise ...

Tatsächlich ist Deutschland bekanntlich schon im Frühjahr nur knapp an einer Rezession vorbeigeschrammt, Da sich die konjunkturelle Lage im Euroraum weiter eingetrübt hat, denkt Europäische Zentralbank (EZB) längst wieder über eine Geldschwemme nach, um gegenzusteuern. Zinssenkungen sind nicht möglich, da der Leitzins weiterhin auf null steht.

Drehen die Vorzeichen weiter auf Krise, dann ist klar, dass die Kreditausfälle bei der Deutschen Bank und bei anderen Banken weiter zunehmen werden. Und in einer Krise gibt es immer Firmen und private Haushalte, die ihre Kredite nicht zurückzahlen können. "Die Deutsche Bank hat aber keine Finanzpuffer, um Verluste aufzufangen. Die Frage ist daher nicht, ob die Deutsche Bank in die Pleite treibt - sondern nur noch, wann", schrieb deshalb die taz schon im Frühjahr richtig.

Die französische Zeitung Liberation spricht deshalb nun angesichts der Umbaupläne der Deutschen Bank auch von einer "Zombie-Bank" oder, wegen ihrer Größe von der "gefährlichsten Bank der Welt", die an einem gravierenden Mangel an Rentabilität leidet.

Doch die Deutsche Bank ist dabei sicher keine Ausnahme, allerdings kommt der versuchte Befreiungsschlag bei ihr vermutlich viel zu spät. Die Nullzinspolitik der EZB macht es derzeit kaum möglich, im klassischen Kreditgeschäft Geld zu verdienen. Die Firmen und Privatkunden, die die Bank auf einem größenwahnsinnigen Kurs lange verschmäht hat, sind längst zu anderen Banken gewechselt.

Es lauern viele Gefahren

Ob die Deutsche Bank dort noch eine "starke Marktposition" hat, darf bezweifelt werden und die müsste deutlich ausgeweitet werden, um wieder Gewinne zu machen. Die Deutsche Bank hat ihr Kerngeschäft in Deutschland vernachlässigt, dass ihr jetzt dort ein Comeback gelingt, darf bezweifelt werden. Das müsste sie zudem noch relativ schnell schaffen.

Ohnehin lauern auch im Kerngeschäft für die Deutsche Bank längst viele Gefahren, die für sie, in der prekären Lage, in die sie über viele Jahre manövriert wurde, sehr schnell gefährlich werden können, wenn es zu einer deutlicheren Krisenentwicklungen kommt.

Seit vielen Jahren warnt die Zentralbank der Zentralbanken in Basel vor den Risiken, die mit der Dauer der lockeren Geldpolitik durch die EZB nur immer weiter zugenommen haben.

Denn mit dieser Nullzinspolitik werden insolvente Schuldner und Zombie-Banken künstlich am Leben erhalten. Sie werden zum Beispiel Zombie-Firmen schon deshalb weiter mit dem billigen Geld versorgt, damit die gewährten Kredite in den Bankbilanzen nicht abgeschrieben werden müssen. Dass das ausgerechnet bei der Deutschen Bank anders sein soll, ist wohl kaum zu erwarten.

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) warnt in ihren Berichten stetig von der Gefahr, die von überschuldeten Firmen ausgeht, die längst nicht mehr lebensfähig sind. Ende Juni stellten die Basler fest, dass die "niedrigen Zinsen den Verschuldungsaufbau begünstigt" haben.

Das Volumen an riskanten Krediten sei inzwischen auf rund 3 Billionen Dollar gestiegen. Und, wie wird das schon von Zeiten vor der letzten Finanzkrise kennen, die Standards für die Kreditvergabe wurden aufgeweicht, kritisiert die BIZ.

Sie wertet die Unternehmensschulden längst als das "am Besten sichtbare Symptom einer möglichen Überhitzung". Kommt es zur notwendigen Anpassung, die irgendwann nicht mehr zu verhindern ist, dann steht die nächste Bankenkrise vor der Tür.

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