Deutsche Wirtschaft im Abschwung: Autoindustrie kämpft, Dienstleister stabilisieren

VW-Schild vor einem Autohaus in Bonn

(Bild: Tobias Arhelger / Shutterstock.com )

Deutschlands Wirtschaft steckt in der Krise: Exporte sinken, die Autoindustrie kämpft. Doch der Dienstleistungssektor zeigt Stabilität. Kann er die Krise abwenden?

Die deutsche Wirtschaft kommt nicht vom Fleck. Nach einer Prognose des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) wird der Außenhandel in diesem Jahr schrumpfen. Die Exporte sollen um ein Prozent und die Importe um zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahr sinken, so die IW-Konjunkturforscher.

Industriesektor unter Druck: Globale Nachfrage sinkt

Besonders hart trifft es die Industrie. Deutsche Industrieprodukte wie Maschinen und Autos sind weltweit deutlich weniger gefragt. Zudem belasten hohe Löhne und teure Energie die Wettbewerbsfähigkeit.

Der Dienstleistungssektor konnte dagegen leicht zulegen. "Leider reicht das bei weitem nicht aus, um die gesamte Wirtschaft anzukurbeln", sagt IW-Konjunkturexperte Michael Grömling.

Automobilbranche als Wirtschaftsmotor gefährdet

Vor besonders großen Problemen steht die Autoindustrie. Wie Bloomberg schreibt, rutschen die deutschen Autokonzerne immer tiefer in die Krise. So wird der Gewinn von BMW durch steigende Kosten für eine Rückrufaktion geschmälert. Bei rund 1,5 Millionen Fahrzeugen müssen Fehler im Bremssystem behoben werden.

Das andere Sorgenkind ist Volkswagen. Der Konzern warnte kürzlich davor, erstmals in der Unternehmensgeschichte möglicherweise Werke in Deutschland schließen zu müssen. Als Grund nannte das Unternehmen den schwächelnden Autoabsatz und zu viele Fabriken. VW-Personalvorstand Gunnar Kilian betonte: "Wir müssen Volkswagen an einen Punkt bringen, an dem wir die Kosten in Deutschland auf ein wettbewerbsfähiges Niveau senken können".

Die Probleme der Automobilindustrie haben weitreichende Folgen. Laut Bloomberg Economics erwirtschaftet die Branche rund vier Prozent der gesamten Wertschöpfung der deutschen Wirtschaft, weitere vier Prozent kommen aus verwandten Branchen wie der Metall- oder Gummiverarbeitung.

Dienstleistungssektor verzeichnet leichtes Wachstum

Ein kleiner Lichtblick ist der Dienstleistungssektor. Bei Banken, im Handel und im Gesundheitswesen hat sich die Geschäftslage verbessert. Diese Unternehmen, die für rund 70 Prozent der Wirtschaftsleistung stehen, konnten im ersten Halbjahr um rund 1,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr zulegen. "Damit haben die Dienstleister eine schwere Rezession der deutschen Wirtschaft verhindert", so Grömling.

Insgesamt bleibt die Lage jedoch angespannt. Die Arbeitslosenquote steigt leicht auf sechs Prozent. Die Unternehmen investieren wegen des schlechten Auslandsgeschäfts, anhaltender Bürokratie und hoher Kreditzinsen wenig. Die Investitionen schrumpften 2024 um fast drei Prozent.

Experten sehen dringenden Handlungsbedarf. "Nach den schwierigen Jahren der Pandemie und des andauernden Ukraine-Krieges braucht die Wirtschaft dringend wieder positive Impulse und Zuversicht", fordert Grömling. Nötig seien mehr Mut der Politik, weniger Bürokratie und mehr Investitionsanreize.

Strukturelle Probleme belasten Standort Deutschland

Die Probleme der deutschen Wirtschaft gehen über die aktuelle Konjunkturschwäche hinaus. Eine Umfrage des Münchner ifo Instituts unter 180 Wirtschaftswissenschaftlern kam im Mai zu dem Ergebnis, dass Deutschland als Unternehmensstandort nicht attraktiv genug sei. Gründe dafür seien eine marode Infrastruktur aufgrund jahrzehntelanger Unterinvestitionen sowie eine überbordende Bürokratie.

Der CDU-Politiker Jens Spahn, der im Wirtschaftsausschuss des Bundestages sitzt, warnte kürzlich: "VW ist nur die Spitze eines großen Eisbergs". Die Wettbewerbsfähigkeit des Landes müsse dringend verbessert werden.

Doch einige Experten sehen auch Grund zur Hoffnung. Die Wirtschaftswissenschaftlerin Monika Schnitzer, die die Regierung berät, betont: "Deutsche Unternehmen können weiterhin erfolgreich sein, wenn sie sich durch neueste Technologien und hochwertige Produkte auszeichnen und gleichzeitig die Kosten im Griff haben."

Für viele Beschäftigte bleibt die Lage dennoch angespannt. In Zwickau, wo VW ein großes Werk für Elektroautos betreibt, herrscht Unsicherheit. "Die Stimmung ist angespannt, muss ich ehrlich sagen", sagte Montageleiter Ronnie Zehe gegenüber Bloomberg. Oberbürgermeisterin Constance Arndt gibt sich vorsichtig optimistisch: "Ich sehe mehr Licht als Schatten, aber die Leute merken jetzt, dass es schnell vorbei sein kann".