Deutschland bremst EU-Gaspreisdeckel aus
Seite 2: Billigerer Strom: Die "iberische Ausnahme" für die EU?
- Deutschland bremst EU-Gaspreisdeckel aus
- Billigerer Strom: Die "iberische Ausnahme" für die EU?
- Deutschland: "Hart auf der Bremse"
- Auf den Markt setzen: "Gemeinsame Gaseinkaufsplattform"
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Auch deshalb wird in der EU nun darüber nachgedacht, wie man vielleicht etwas zur Erleichterung tun könnte. So fordert eine größere Anzahl der Mitgliedsländer schon die sogenannte "iberische Ausnahme" auf die gesamte EU auszuweiten. Damit ließen sich wenigstens die Strompreise senken.
Bekanntlich sorgt vor allem das absurde Merit-Order-Preissystem für extreme Strompreise.
Das läuft ungefähr so: Zunächst werden Kraftwerke mit den sogenannten niedrigsten Grenzkosten eingeschaltet. Dann werden weitere Erzeugungsarten mit immer höheren Grenzkosten zugeschaltet, bis die Nachfrage schließlich gedeckt ist. Absurd an der Geschichte ist, dass die zuletzt zugeschaltete Erzeugungsart den Strompreis für alle Erzeugungsarten bestimmt, egal zu welchem Preis die geliefert werden können.
Derzeit bestimmt also das extrem teure Gas auch den Strompreis. Es wird nicht der Durchschnitt errechnet, sondern immer der höchste Preis bezahlt. Deshalb ist es einfach falsch, wenn gerne behauptet wird, dass der Streckbetrieb der altersschwachen, gefährlichen und zudem für die Stromversorgung unnützen Atommeiler Isar 2 oder Neckarwestheim 2 den Strompreis senken könnten. Dafür haben sich auch die Grünen gerade auf ihrem Parteitag ausgesprochen, womit sie die Tür für den Ausstieg aus dem Atomausstieg wieder aufgestoßen haben.
Da wäre die Ausweitung der iberischen Ausnahme schon zielführender, um die Strompreise zu senken, wenngleich auch sie nicht an die Wurzel des Problems geht. Die Ausnahme wurde Spanien und Portugal im Sommer aus Brüssel gewährt.
Argumentiert wurde, dass die iberische Halbinsel nur schlecht an das europäische Gasnetz angebunden ist, um die Ausnahme genehmigen zu können. Eine bessere Anbindung will zum Beispiel der französische Präsident Emmanuel Macron weiter blockieren. Zuvor hatte Spanien jahrelang auf der Bremse gestanden, aber nach Druck aus Berlin wurde in Madrid der Widerstand gegen die MidCat-Pipeline aufgegeben.
In Portugal und Spanien wurde im Sommer der Gaspreis für die Stromerzeugung gedeckelt. Er betrug im Juni 40 Euro je Megawattstunde (MWh). Der Deckel wird bis zum nächsten Sommer, Monat für Monat um fünf Euro, bis auf 70 Euro je MWh angehoben. Womit, weil am Merit-Order-System nicht gekratzt wird, natürlich in beiden Ländern der Strompreis auch wieder steigen.
Derzeit liegen die Strompreise in beiden Ländern aber unter dem europäischen Durchschnitt, da eben der Preis der zuletzt zugeschalteten Energieart (Gas) gedeckelt ist. Allerdings fällt die Absenkung des Preises ohnehin nur moderat aus, weil die Differenz zwischen dem gedeckelten Preis und dem real bezahlten Gaspreis auf die Verbraucher umgelegt wird.
Da aber nun das sehr teure Gas nicht mehr den Preis für den ganzen Strom bestimmt, ist der Strom immer noch billiger für die Verbraucher und es entstehen, anders als in Frankreich, für den Staat keine zusätzlichen Staatsschulden.
Aber auch wenn diese Art der Deckelung in der gesamten EU umgesetzt würde, wäre das nur wieder Flickschusterei. Denn darüber würden die sogenannten inflationstreibenden "windfall profits", die in Spanien vom Himmel fallenden Milliardengewinne genannt werden, lediglich nur etwas begrenzt.
Mit dem Anstieg des gedeckelten Preises, steigen tendenziell auch die Übergewinne wieder. Für abgeschriebene Anlagen, wie Atomkraftwerke, ist das besonders lukrativ. Das hatte sogar der christdemokratische deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger schon vor zehn Jahren kritisiert.
Man sollte doch eigentlich meinen, dass das Ziel sein sollte, diese absurde Lage und damit das Merit-Order-System abzuschaffen, welches die windfall profits erst generiert.
Mit der sogenannten "Übergewinnsteuer", wie sie in Italien vom neoliberalen Mario Draghi eingeführt wurde, wird nur etwas an der Wirkung herumgedoktert aber die Ursache nicht beseitigt. Sie beträgt nur 25 Prozent. Sie sorgt also auch dafür, dass 75 Prozent der "Übergewinne", für die nichts getan wurde, in den Säckeln des Energiemonopols hängenbleibt.