Deutschland ein Steuerparadies?

Gegen den zigfachen systematischen Steuerbetrug sind die deutschen Staatsschulden Peanuts

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Deutsche Kreditinstitute haben hunderttausenden Kunden bei der Steuerhinterziehung geholfen, sie billigend in Kauf genommen oder aktiv gesteuert. Massenhaft kamen und kommen dabei seit Jahrzehnten zur Tarnung des wirklichen Vermögensinhabers ausländische, nur zum Schein errichtete Unternehmen zum Einsatz. Wenn der Staat in Kenntnis dessen eine massenhafte Nichtbesteuerung quasi bewusst zulässt, muss man die Steuergerechtigkeit, der eigentlich jeder Bürger unterliegen solle, hinterfragen.

Abhilfe sollte die europaweite Einführung von Unternehmensregistern, also einer Erweiterung des Handelsregisters um im Ausland zugelassene Unternehmen mit Bezug zum Inland, bringen. Dies ist vorläufig gescheitert. Erst in einem solchen Register wären dann die eigentlich "wirtschaftlich Berechtigten" zu benennen gewesen, so dass Steuerhinterzieher bis dahin weiter über Briefkastenfirmen agieren könnten. Der Trick besteht darin, dass im deutschen Handelsregister ein Ausländer oder eine ausländische Firma als Unternehmenseigentümer benannt ist, ohne dass der daran wirtschaftlich Berechtigte dafür offengelegt werden muss. Der eigentlich wirtschaftlich Berechtigte könne auch in Deutschland ansässig und steuerpflichtig sein, jedoch würden Ermittlungen meist scheitern.

Indes hat dieses Scheitern vielfach ganz andere Ursachen. Das Scheitern von Steuereintreibern, bei Hinterziehern mit Auslandsfirma, soll hier nur beispielhaft am Fall des deutschen Bankkunden Fritz Schlauli (Name geändert) dargestellt werden.

Tricksen mit dem Wohnsitz: Wie das Welteinkommen am Fiskus vorbeigeschleust wird

Die Systematik des Tarnens, Tricksen und Täuschens gegenüber den Steuerbehörden, wie es vielfach erst durch die Anleitung von Bankmitarbeitern möglich wird, geht jedoch nicht immer gut aus. Fritz Schlauli betont stets, er sei ehrenwert wie ein Hamburger Kaufmann. Er treibt internationalen Handel und verdiente für seine Verhältnisse magere 1 Mio. pro Jahr, und dies jahrzehntelang. Auf Anraten seines Bankiers hält er sich in keinem Land länger als ein halbes Jahr auf, denn dies soll ihm weltweit die Steuerfreiheit sichern. Das jeweilige Einwohnermeldeamt über den Aufenthalt zu informieren, wird vermutlich aufgrund eines Tips des Bankiers vergessen, so dass die üblichen Quermeldungen an verschiedene Behörden ausbleiben. Doch das ist längst nicht alles, was die Bank für ihren "speziellen Kunden" leistet.

Die Bankabteilung für Vermögensverwaltung organisiert außerdem einen Alibiwohnsitz irgendwo in Europa, und den passenden steuerlichen Berater für die Vereinbarung einer dortigen Pauschalsteuer, die sich nicht am Einkommen orientiert, sondern beispielsweise durch Absprache mit dem Bürgermeister nach dem Verbrauch des persönlichen Haushalts. Tarnwohnsitze werden auch gerne errichtet, weil gewisse Finanzprodukte nicht in jedem Land von in- oder ausländischen Banken angeboten werden dürfen.

Kostet der Ankauf von Steuer-CDs weniger als professionelle Prüfung in Kreditinstituten?

Später stellt ein Steuerfahnder fest, daß die Kosten der Hausversorgung für Energie und Telefon seit Jahren für einen dauerhaften Wohnsitz in Deutschland sprechen, weswegen das Welteinkommen im Inland seither zu versteuern ist.

Fleißige Steuerprüfer bei der inländischen Hausbank hätten dies jedoch bereits viel früher feststellen können - so aber sind erhebliche Steueransprüche bereits verjährt. Denn für abertausende derartige Kunden in solcher Lage mit Bedarf an kreativer Gestaltung zur Steuerhinterziehung gibt es besondere Beraterteams, die Banken für ihre Kunden bereitstellen. Dies aufzudecken ist derzeit keine Aufgabe der Finanzaufsicht, und für Recherchen der Betriebsprüfer in der Bank fehlt üblicherweise zumindest das Personal. Da verwundert es nicht, daß die mühelosen Informationen von Steuer-CDs höher im Kurs stehen.

Tarnen mit Staatsbürgerschaft und Auslandspaß: Wie der Nachlaß illegal steuerfrei bleibt

Schlauli heiratet auf der Insel Lummerland. Seine Frau hatte für eine Arbeitserlaubnis allein die dortige Staatsbürgerschaft angenommen. Er hatte dieselbe ausländische Staatsbürgerschaft, neben seiner deutschen. Damit war er unumkehrbar für die Ehezeit in einem ehelichen Güterstand, bei welchem ständig die Hälfte seines Vermögens auch der Ehefrau gehörte, ähnlich einer Gütergemeinschaft. Schlaulis Kinder holten dazu auch für den Vater ein Rechtsgutachten ein, denn sie haben ähnliche Probleme mit unliebsamen Risiken und Nebenwirkungen, etwa im Falle von bevorstehender Trennung oder Scheidung.

Als dann in den 2000er-Jahren die Ehefrau verstirbt, hilft wieder der Bankier. Beim Nachlassgericht wird eidesstattlich unzutreffend erklärt: "Wir waren im deutschen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet." Damit wird das Finanzamt für Erbschaftsteuern falsch informiert.

Das Familienvermögen betrug vielleicht bis zu mehr als 40 Mio. Euro. Die Hälfte der Verstorbenen zugerechnet ergibt geschätzte bis zu 10 Mio. Erbschaftsteuer. Dem pfiffigen Bankier sei Dank, denn nun bleiben die entsprechenden Steuerbescheide gegen sämtliche Haftungsschuldner aus.

Natürlich hätte sich ein Beamter beim Nachlassgericht die Personenstandsurkunden über Geburt, Heirat und Staatsbürgerschaften vorlegen lassen können, um den Irrtum und die versäumte Wohnsitzanzeige beim Meldeamt sogleich zu erkennen. Aber es scheint ja nicht ungewöhnlich, dass am Wohnort, vielleicht im Tal der Superreichen, gerade die Ehefrauen nahezu bettelarm versterben oder bis zu mehr als 20 Mio. Euro an Vermögen im Verborgenen bleiben?

Selbstanzeige auf hohem Niveau: Legaler Steuervorteil durch sachliche Verständigung

Als Schlauli entdeckt, daß seine Hausbank teilweise kreditfinanziert seine zig-Millionen bei einem Casino ohne Auftrag verzockt hat, platzt ihm der Kragen. Er macht beim Finanzamt für Einkommensteuer reinen Tisch, so scheint es.

Eine sachliche Verständigung führt dazu, dass Schlauli sich gegenüber dem Finanzamt verpflichtet, bei seiner ehemaligen Hausbank für eine mit diesem dann zu teilende Kompensation zu kämpfen, denn auf seine Einkommensteuer kann er nur eine Anzahlung leisten.

Nun folgt eine fröhliche Mutation vom Schlauli zum Oberschlauli.

Erster Versuch: Scheinverträge zur Täuschung des Fiskus

Ein neuer kreativer Berater möchte für den Steuerpflichtigen bei der Spitze des Bankkonzerns rund 5 Mio. Schwarzgeld für den Bankkunden sichern, als inoffiziellen Vergleichsbetrag. Über einen zweiten Vertrag soll die Bank 0,5 Mio. bezahlen, und dann wolle man der Finanz erklären: "Leider war nicht mehr heraus zu holen."

Der Plan dieses ehrenwerten Federführers landet in der Schublade.

Zweiter Versuch: Die teilweise Selbstanzeige bleibt insgesamt wirkungslos

Das Finanzamt für Erbschaftsteuer tappt noch immer arglos im Dunkeln. Bald sind kreative Berater im besten Alter der "Generation 60+" gefunden, mit der gemeinsamen Ansicht, dass das Finanzamt für Erbschaftsteuer dies niemals entdecken werde, es also nur noch darum gehen könne, dass jemand ohne Hintergrundwissen auf der Basis lediglich teilweiser und damit insgesamt unwirksamer Selbstanzeige vielleicht auch noch auf Erfolgsbasis gegenüber der Hausbank tätig wird. Dies nach dem Motto, wenn der Prozessanwalt nicht wissen muss, dass er nur - gewissermaßen zur Tarnung einer Geldwäsche - schon bereitliegendes Schwarzgeld einklagt, ist es für alle besser. Der Plan hat Erfolg.

Der eine kreative Berater wurde durch einen Porsche-Cayenne belohnt, der andere fährt seither Maserati, insgesamt ein Trinkgeld im Vergleich zur illegalen Abgabenersparnis. Beider Geschäftsmodell einer Belohnung nach BAT ("bar auf die Tatze") würde einer Geldverkehrsrechnung kaum standhalten. Dem Finanzamt bleibt auch dies verbogen: "Da werden die nie drauf kommen."

Dritter Versuch: Untreue oder Betrug zu Lasten des Finanzamtes

Der Kaufmann entscheidet, für sich und seine Kinder bis zu 10 Mio. Euro Erbschaftsteuer beinahe sicher zu ersparen. Dafür lässt er bis zu mehr als 25 Mio. Schadensersatzforderungen mit Prozessrisiko wegen falscher Steuerberatung durch seine Bank fallen. Die Alternative wäre gewesen, sich an die sachliche Verständigung mit dem Finanzamt zu halten und damit am Ende jedwede unzutreffende steuerliche Beratung als Schaden bei der Bank zusätzlich geltend zu machen. Schließlich hatte sich der Kaufmann bereits eine Prozessfinanzierung über seine Familie gesichert.

Wer nun glaubt, dass das Finanzamt dies als strafrechtlich messbaren Vermögenschaden erkennt und wegen Treulosigkeit durchgreift, irrt abermals. Eine Prozessüberwachung findet kaum statt.

Vierter Versuch: Bankkonten der Familie zur Vereitelung der Vollstreckung

Im Hintergrund wird vielleicht irgendwann weiteres Vermögen vermutet, sagen wir mal rein hypothetisch bis zu mehr als zig-Mio. weiteres sogenanntes steuerneutrales Geld. Willige Helfer eröffnen Bankkonten in Deutschland und in Steueroasen und transferieren munter Millionenbeträge durch die Gegend.

Schlaulis finanzielle Beweglichkeit sichern entsprechende Vollmachten über fremde Konten. Wer nun meint, dass so etwas auf dem Radar der Steuerfahnder steht, etwa durch Abfragen bei üblichen zentralen Datensammelstellen oder im naheliegenden Ausland, der irrt.

Schönheitswettbewerb für kreative Berater: Wie man die kriminellsten Berater ködert

Fritz Schlauli beschäftigt eine Putzfrau, eine Köchin, denn der Mensch muss ja etwas essen, und eine selbsternannte Therapeutin aus dem ehemaligen Jugoslawien. Diese Mitarbeiter werden freilich über ein Lohnsteuerbüro abgerechnet, damit der Staat "den Zehnten" ordentlich bekommt.

Zu dumm, dass die Therapeutin noch allerlei Geschäfte ohne gemeldetes Gewerbe betreibt und neben dem offiziellen Lohn über Jahre fünf- oder sechsstellige Sonderzuwendungen erhält. Als sich eine Steuerprüfung ankündigt, kommt es zum Beauty-Contest nach dem Motto: Welcher Berater bietet eine Lösung mit der wenigsten Steuerlast? Am Ende wird ein Steuerberaterteam gefunden. Weder Sozialversicherung noch Lohnsteuer werden nachentrichtet, denn man deklariert alles als Schenkung. Ein braver Berater im erfahrenen Alter kurz vor der Verrentung scherzt noch, dass es bekanntlich keine Gegenprüfung bei der Sozialversicherung und Lohnsteuer gibt, da diese Art der Selbstanzeige seine Königsdisziplin sei.

Täuschung über Auslandsfirmen: Massenhafte Zeugen und Dokumente als Beweise im Inland

Ein europäisches Unternehmensregister wird nichts daran ändern, dass Firmenanteile über ausländische Treuhänder gehalten werden, um den wirtschaftlichen Nutznießer zu verschleiern. Hingegen genügt es bereits bei den inländischen Kreditinstituten vorhandene Dokumente zu sichten, um die nötigen Informationen zu gewinnen. Und dies ist denkbar einfach:

Eine ausländische Firma beispielsweise aus Belize, Cayman Islands, Panama oder Singapur wird beim deutschen Kreditinstitut vom Abzug von Quellensteuern (etwa Kapitalertragsteuer oder Abgeltungsteuer) verschont. Erstaunlich nur, dass die Privat- oder Landesbank dann dennoch die Kontoauszüge über Jahre an eine Adresse in Deutschland verschickt, und auch in Deutschland den Kontakt zum eigentlichen Vermögensinhaber pflegt.

Zum vollen Service gehört auch ein Hausbesuch zum Schreddern der Papiere, als die Situation zu heiß wird. Bei der Bank sind alle Personen mit Kontovollmacht, Generalvollmachten der offiziellen Geschäftsleitung im Ausland und Onlinezugriff bekannt. Es sind zumeist die Kreditinstitute, welche es dem Kunden abnehmen, die notwendigen Papiere bei der ausländischen Treuhandkanzlei zu besorgen. In den Kontounterlagen sowie dem Schriftverkehr mit dem Kundenberater wird sicherlich auch der gesuchte wirtschaftlich Berechtigte auf dem silbernen Tablett für die Finanz erkennbar sein. Zuhause beim Kunden im Inland finden sich dann die weiteren Papiere zur Auslandsfirma. Wer nun erwartet, dass bei eher zufälliger Entdeckung derartiger Verhaltensweisen, die Bank einen Haftungsbescheid bekommt, irrt.

Lücken in der Vollstreckung: Geschäftsleiter und Bevollmächtige als Haftungsschuldner

Tarnfirmen für Millionäre einzurichten, geschieht auch bei gewissen Banken im Inland, zig-tausendfach vom Fließband. Eingespielte Partner aus dem In- und Ausland sind an der Einrichtung und Verwaltung laufend beteiligt. Je nach Kreditinstitut wird vom Kunden ein Bankvermögen ab einer Mio. Euro und mehr erwartet. Was manche Vollstreckungsabteilungen der Finanz nicht wissen, sind Selbstverständlichkeiten, wie beispielsweise, dass Geschäftsleiter und Bevollmächtigte bei Steuerhinterziehung persönlich haften, genauso wie Vermögensverwalter oder Testamentsvollstrecker. Wer nun glaubt, dass die Vollstreckungsbeamten des Finanzamtes sich für die Kontounterlagen, Korrespondenz, Vollmachten und Bankverträge interessiert, irrt abermals.

So entsteht der naive Glaube, es gäbe bei ausländischen Unternehmen keine erkennbaren Haftungsschuldner im Inland oder in Europa. Würde es sich um eine deutsche GmbH handeln, wären die Finanzbehörden sofort auf dem richtigen Wege, beispielsweise nach faktischen Geschäftsführern zu suchen, um zu vollstrecken. Einfachste Abfragen von Vollmachtdaten werden jedoch unterlassen.

Ein offizielles Unternehmensregister ist dafür weder erforderlich, noch nützlich, denn es wird natürlich gewollt ebenso falsche Daten enthalten und für die Bank sogar ein nützliches Instrument sein, sich auf diese Angaben dann ungeprüft zu berufen, selbst wenn die Fälschung im eigenen Haus initiiert wurde.

Noch ein Rätsel für die Vollstreckung: Wann Banken für Hinterziehungen auch allein haften

Wenn Kreditinstitute für ihre Kunden ausländische Unternehmen errichten lassen, so bedienen sie sich dafür öffentlich bekannter ausländischer Kanzleien. Die Bank erhält einen Teil der Treuhandvergütung aus dem Ausland hinter dem Rücken des Kunden als Provision zurück. Daneben bekommt sie vielfach die Rolle der Letztentscheidung zugewiesen, gleichsam als Entscheidungsinstanz oberhalb der Geschäftsleitung und außerhalb der offiziellen Unternehmenssatzung.

Für die Vollstreckung bietet sich damit der Ansatz, dass das Treuhandverhältnis gar nicht vom Bankkunden, sondern von der Bank beherrscht wird. Damit besteht der Steueranspruch direkt und unmittelbar auch gegen die Bank, ohne dass es irgendeiner Ermessensentscheidung für einen Haftungsbescheid bedarf.

Haftung auch ohne europäisches Unternehmensregister: Erben haften neben den Gesellschaftern

Zudem gibt es den verbreiteten Irrtum, man könne gegen ausländische Firmen im Inland oder in Europa nicht vollstrecken. Verlegt eine ausländische Firma ihren Verwaltungssitz aus dem Ausland ins Inland, beispielsweise weil von hier aus der Geschäftsverkehr mit der Bank erfolgt, so wird aus ihr insbesondere eine Offene Handelsgesellschaft (OHG). Dann kann sie selbstverständlich in das hiesige Handelsregister einzutragen sein. Fällt eine solche OHG nach dem Tode eines Ehegatten in einen Nachlass, dann gehört sie dem überlebenden Ehegatten einerseits und gemäß Erbschein dem oder den Erben andererseits.

Interessant ist, daß dann sämtliche Erben gesamtschuldnerisch, persönlich und unbeschränkt haften - nicht nur für die Erbschaftsteuer, sondern auch für rückständige Einkommensteuer. Wer nur glaubt, dass die Vollstreckungsabteilung des Finanzamtes derartige Grundlagen nach Jahrzehnten der Steuerhinterziehung über mehr oder weniger unwirksame Scheinfirmen und Tarnkonstrukte der Fachliteratur entnommen hätte und vollstrecken würde, irrt ebenfalls.

Steuerinkasso Deluxe: Alltägliche mangelhafte Beitreibung aus Unkenntnis?

Dem normalen Steuerzahler muss dabei klar sein, dass die Beitreibung der Abgaben bzw. Steuern bei solchen zigtausenden einzelnen Steuerhinterziehern allein im Inland, im Vergleich zu den Staatsschulden der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein ist.

Ein effektives Steuerinkasso in sogenannten Steueroasen-Fällen durchzuexerzieren, besitzt jedoch das Potential für eine Signalwirkung. Denn wenn Konzerne im Inland, dort wo sie ihre Wertschöpfung betreiben, nicht bis zu weniger als 2% Abgaben, sondern wie ein Mittelständler bis zu mehr als 30% Abgaben entrichten würden, hätten wir gar keine Staatsschulden, sondern noch Geld übrig.

Deutschland als Steuerparadies wegen behördlich geduldeter massenhafter Hinterziehung?

Es bedarf weder europäischer Unternehmensregister, noch sonstiger internationaler Abkommen, um den Steueranspruch des Staates durchzusetzen. Vielmehr bedarf es lediglich der konsequenten Anwendung bestehender Gesetze und Erkenntnismöglichkeiten, eingeschlossen ausreichenden Personals für die Aufdeckung massenhafter systematischer Steuervermeidung unter fachlicher Führung durch gewisse Finanzhäuser. Politiker, Bundesregierung und Landesregierungen müssten dies als vorrangige Pflicht und Aufgabe umsetzen, anstatt über Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen nachzudenken.

Denn die Masse des unversteuerten Geldes liegt traditionell im Inland, auch wenn lediglich als Kontoinhaber ein Ausländer vorgeschoben wurde - oder noch immer vorgeschoben wird. Primär schätzen Steuerhinterzieher, dass es den "full-service" der Finanzhäuser vor Ort gibt und sich die Bank(st)er und Berater die Klinke zu Hause in die Hand geben. Wenn in geringerem Umfang unversteuertes Geld verschwindet, dann allenfalls in angrenzende Staaten - womit der Nachweis ein Kinderspiel wäre, wenn man die Kontobewegungen auswertet und an der Grenze Bargeldtransfers kontrolliert, was nur als Frage des Zeiteinsatzes erscheint.

Steuerhinterziehung Deluxe

Weder die europaweite Einführung von Unternehmensregistern noch sonstige internationale Abkommen sind notwendig oder auch nur hilfreich - womöglich gar erst recht nun ganz offiziell zu Tarnungszwecken nutzbar und damit kontraproduktiv - , um eine nachhaltigere und gleichmäßigere Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit von Steuerpflichtigen durchzusetzen. Sie würden aber den Finanzbehörden als Begründung dafür dienen können, in anderen effizienten Maßnahmen weiterhin Untätigkeit zu üben, so wie ihr Fehlen jetzt auch zur Entschuldigung für Untätigkeit hinhalten muss.

Wenn es zutrifft, daß es eine massenhafte Steuerhinterziehung ohne nachhaltige effiziente Kontrolle durch den Staat gäbe, dann wäre die Frage nach der Steuergerechtigkeit berührt. Die faktische Ungleichbehandlung der Steuerzahler wäre als Einladung zu verstehen, (abermals) beim Bundesverfassungsgericht die Besteuerung "wegen eines strukturellen Vollzugsdefizits oder verfassungswidriger Fehlbesteuerung" auf den Prüfstand stellen zu lassen. Frei nach dem Motto: Warum soll eigentlich der Steuerehrliche der Dumme sein?

Dr. Johannes Fiala ist RA (München), MBA Finanzdienstleistungen (Univ.), MM (Univ.), Geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), LB (Univ.), Bankkaufmann.

Dipl.-Math. Peter A. Schramm ist Sachverständiger für Versicherungsmathematik (Diethardt), Aktuar DAV, öffentlich bestellt und vereidigt von der IHK Frankfurt am Main für Versicherungsmathematik in der privaten Krankenversicherung.