Deutschland im regionalen Flughafen-Wahn
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Verschwendungssucht und lokalpolitischer Größenwahn: Regionalflughäfen belasten die öffentlichen Kassen von Jahr zu Jahr immer stärker
Wenn die gewählten Repräsentanten eines demokratischen Staats große Bauvorhaben planen, ist immer höchste Alarmbereitschaft geboten; denn es geht ihnen so gut wie niemals darum, Bauten zu errichten, die der breiten Bevölkerung nützen.
Sie wollen sich selbst pompöse Denkmäler setzen, an die sich noch viele Generationen erinnern. Sie planen prachtvolle Prestigebauten, die ihre Wiederwahl garantieren. Deshalb schaffen sie am laufenden Band Bauruinen - bombastische Millionen- und Milliardengräber, in denen sie öffentliche Gelder versenken und die schon bald nutzlos in der Landschaft stehen.
Man braucht dabei gar nicht den Finger in die offene Wunde der großen Lachnummern öffentlicher Planung wie den Flughafen Berlin-Brandenburg zu legen. Da ist die Misswirtschaft für jedermann so offensichtlich, dass es schon geschmacklos ist, darauf noch länger herumzuhacken. Die alltägliche Misere der meisten anderen Protzprojekte ist nicht minder schändlich als die endlose Geschichte vom grandiosen Flughafen BER, der nie fertig wird.
Deutschlands wuchernder Flughafen-Wildwuchs ist ein eklatantes Beispiel für den hirnlosen Umgang demokratisch gewählter Dorf-, Stadt- und Landesfürsten mit öffentlichen Geldern.
Da sind übers ganze Land planlos viele Flughäfen verstreut worden, die einander allesamt heftige Konkurrenz um den Ehrentitel "Deutschlands überflüssigster Flughafen" machen. Und wer diesen Titel am Ende gewinnt, ist ungewiss; denn es reißen sich viel zu viele um ihn.
Die traurige Geschichte deutscher Regionalflughäfen
Der Wildwuchs regionaler Verkehrsflughäfen ist die Folge einer völlig verkorksten Verkehrspolitik. Da die planungsrechtliche Hoheit bei den Bundesländern liegt, halten Landespolitiker den Ausbau eines Regionalflughafens in ihrem Land häufig für wichtiger als überregionale Infrastrukturprojekte.
Kaum ein Landesvater konnte dem Drang widerstehen, sich mit einem Flughafen in seiner Region ein Denkmal zu setzen, den eigenen Aufgabenbereich auszuweiten oder Wählerstimmen einzufangen. Die traurige Geschichte deutscher Regionalflughäfen handelt von eitlen Regionalfürsten, geltungsbedürftigen Landräten und großmannssüchtigen Bürgermeistern, die ihre regionalen Metropolen auf die Karte der Welt setzen wollten. Viele Regionalflughäfen sind in Deutschland zu internationalen Verkehrsflughäfen ausgebaut worden oder sollen künftig erweitert werden.
Offenbar sind Landes- und Regionalpolitiker vom Wunsch beseelt, Landeshauptstädte und andere Orte auch auf dem Luftwege erreichbar zu machen. Ihr Selbstwertgefühl schwillt, wenn sie einen eigenen Flughafen haben. Und es kommt ihnen nicht einmal in den Sinn, dass es doch viel peinlicher ist, wenn niemand den anfliegt.
Wenn Landespolitiker über den Bau neuer Airports entscheiden, sprechen sie sich untereinander nicht einmal ab, sondern klotzen die einfach in die Landschaft - auch dann nicht, wenn schon der nächste Flughafen nur ein paar Kilometer weiter daneben (leer)steht. Und weil sich Regionalpolitiker so häufig und gerne mit eigenen Flughäfen finanziert durch Steuergelder schmücken, gibt es inzwischen in fast jeder Kleinstadt einen viel zu großen Verkehrsflughafen. Viele dieser Flughäfen verdienen noch nicht einmal die Kosten ihres operativen Betriebs, geschweige denn die Kosten ihrer Finanzierung.
Es gibt infolge der Planlosigkeit der demokratischen Instanzen und des Selbstdarstellungsbedürfnisses der politischen Repräsentanten lauter Regionalflughäfen, die einander erbitterte Konkurrenz machen. Jeder kleine Landesfürst und auch jeder Dorfbürgermeister will seinen eigenen Flughafen. Mit solchem Infrastruktur-Protz lassen sich Wahlen gewinnen. Aber er ruiniert auch die Finanzen von Bundesländern, Städten und Gemeinden.
Die wildwuchernde Konkurrenz belebt auf jeden Fall nicht wie Konkurrenz sonst das Geschäft. Sie führt zu grausamer Kannibalisierung. Die vielen Flughäfen graben einander das Wasser ab und nehmen einander die Luft zum Fliegen. Die Steuerzahler müssen für den Flughafen-Protz der Regionalpolitiker blechen.
So führt der Trend zum Ausbau von Regionalflughäfen in nahezu jedem Einzelfall zur Verschwendung knapper öffentlicher Mittel. So gut wie kein Regionalflughafen erreicht die kritische Größe für einen kostendeckenden Flugbetrieb. Regionalpolitische Alleingänge könnten nur durch eine bundeseinheitliche Flughafenpolitik verhindert werden. Dazu allerdings sieht der Bund keinen Anlass. So bleibt es bei der kopf- und planlosen Provinz-Wurstelei.
Viele Jahre lang steckten die Kommunen und Länder Millionenbeträge in den Ausbau kleinerer Regionalflughäfen. Vor allem im Osten sollte nach der Wiedervereinigung manch heruntergekommener Militärflugplatz zum Luftverkehrs-Drehkreuz werden und andere Unternehmen zur Ansiedlung anlocken. Die meisten dieser hochsubventionierten, meist fern von Ballungszentren gelegenen Standorte schreiben längst tiefrote Zahlen. Verschärft wurde die Situation durch den Rückzug vieler Billigflieger.
Die massiven Subventionen haben den Markt verzerrt. An vielen Standorten wurde sogar doppelt subventioniert: die Flughäfen selbst und auch die einzelnen Flugverbindungen. Oft wurde das damit begründet, man könne mittelgroße Städte so besser an internationale Drehkreuze anbinden.
Milliardensummen für marode Regionalflughäfen
Allein die Bundesländer haben seit der deutschen Einheit weit über zwei Milliarden Euro für die 21 größten Regionalflughäfen ausgegeben. Dabei verzeichnen sie alle - ohne jede Ausnahme und verlässlich - weniger als drei Millionen Passagiere im Jahr. Das bedeutet: Sie können aus eigener Kraft kaum überleben. Sie hängen seit vielen Jahren und auf unabsehbare Zeit am Tropf der Kommunen und Regionen.
Am Anfang eines jeden Regionalflughafens stehen immer leere Versprechungen: Schon bald werden massenweise Touristen und Geschäftsleute kommen, und die Region kann mit einem mächtigen Wachstumsschub rechnen. Nur ist so gut wie nie etwas aus den hohlen Redensarten geworden.
Ein eigener Flughafen gilt bei Politikern offenbar als unfehlbares Mittel, auch das hinterletzte Kaff mit der großen weiten Welt zu verschmelzen und es an den globalen Trend der Globalisierung anzuschließen. Mit dem Ausblick auf eine blühende wirtschaftliche Entwicklung scheuten die Landespolitiker keine Kosten, in ihrer Region einen glitzernden Passagierflughafen in die Landschaft zu klotzen. Doch nachdem alle Wartehallen gebaut, die Landebahnen erneuert, die Tower aufgerüstet sind, steht das protzige Ding ziemlich einsam in der Landschaft und nennt sich stolz "International Airport". Doch es fehlt ihm, was er am dringendsten braucht: genügend Passagiere.
Angesichts der vielen Fehlplanungen hat die EU-Kommission angekündigt, den finanziellen Blindflug zu beenden. Europäische Flughäfen mit weniger als drei Millionen Passagieren im Jahr müssen spätestens ab 2024 ohne Subventionen auskommen. Sonst ist Schluss.
Es gibt allein in Deutschland derzeit 22 Verkehrsflughäfen. Nur sechs davon schreiben schwarze Zahlen. Das sind Frankfurt am Main, München, Düsseldorf, Hamburg, Stuttgart und Köln/Bonn. Alle anderen machen seit Jahren große Verluste und werden aus öffentlichen Haushalten künstlich am Leben gehalten. Und für viele von ihnen gilt, dass sie jährlich eine siebenstellige Summe an Zuschüssen kosten.
Diejenigen, die diese gigantische Fehlplanung ausbaden müssen, sind - wie üblich - die Steuerzahler. Zum großen Teil mit gewaltigen Summen. Ein Ende der Zahlungen ist bei den meisten nicht in Sicht. Die verblendete Eitelkeit der gewählten Repräsentanten in den entwickelten Demokratien kostet viele Milliarden Euro. Nicht nur beim Flughafenbau, aber da auch.
Jedes Bundesland darf Flughäfen errichten, wo und wann es will. So gibt es in unmittelbarer Nähe des neuesten Flughafens Kassel-Calden allein in Nordrhein-Westfalen zwei weitere Flughäfen, Münster/Osnabrück und Paderborn/Lippstadt. Allesamt schwere Verlustbringer, die jetzt durch die gewachsene Konkurrenz noch höhere Verluste erzielen. Doch darum hat sich schon bei der Planung niemand gekümmert.
Auch beim Neubau wird eine Analyse des zu erwartenden Bedarfs erst gar nicht durchgeführt. Es wird einfach nur ohne Sinn und Verstand drauflosgebaut. Das Ziel, einen eigenen Glitzerpalast für große Flieger in die Landschaft zu stellen, ist den demokratischen Duodezfürsten viel wichtiger als die Klärung der Frage, ob für den jeweiligen Flughafen überhaupt ein ökonomisch gerechtfertigter Bedarf besteht. Bei einer solchen Analyse könnte ja womöglich herauskommen, dass nicht der geringste Bedarf besteht.