Deutschland und seine Einwanderer

Die Blue Card: Eintrittskarte für privilegierte Bewerber

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Für die CDU/CSU stellen Einwanderer immer noch eher ein Problem als eine Bereicherung dar. Für die Schwesterparteien ist Einwanderung nur dann gut, wenn sie mit einem bestimmten Know-How der Einwanderer verbunden ist. Die Diskussionen im Vorfeld der Einführung der Blue Card machen dies nur all zu deutlich.

Wenn in der CDU/CSU das Thema auf Einwanderung kommt, gehen bei den Mitgliedern der Schwesterparteien schnell die Schotten runter. Entweder werfen die Vertreter der deutschen Konservativen den bereits hier lebenden Ausländern mangelnde Integrationswilligkeit vor, oder sie fordern die Einwanderung von besser qualifizierten Arbeitern, um damit die offenen Lücken in der eigenen Arbeitnehmerschaft schließen zu können. Beides sind zwei Seiten der selben Medaille.

Denn die, die bereits hier leben, sind demnach schlichtweg nicht brauchbar und die, die gebraucht würden, kommen einfach nicht her - so zumindest müssen wohl die immer wieder zutage tretenden Vorwürfe der Konservativen verstanden werden. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass nun eine neue Tür für ausländische Arbeitskräfte geöffnet wurde. Mit der Einführung der sogenannten „Blue Card“ wurde ein Zugang für hochqualifizierte Fachkräfte geöffnet, um damit dem Dilemma ein Ende zu setzen.

Bereits 2009 brachte die EU eine neue Richtlinie auf den Weg, die es hoch qualifizierten nichteuropäischen Arbeitnehmern ermöglichen sollte, in der EU eine entsprechende Anstellung zu finden. Der damalige EU-Kommissar für Justiz, Freiheit und Sicherheit, Franco Frattini, Mitglied der Berlusconi Partei Popolo della Liberta (PDL), plante, durch die Einführung der europäischen „Blue Card“ bis zu 20 Millionen höher qualifizierte Einwanderer nach Europa zu locken.

Ein Vorschlag, der den deutschen konservativen Eliten - damals zumindest noch - die Haare zu Berge stehen ließ. So sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Reinhard Grindel über die Initiative des Kommissars: "Frattinis Vorschlag verstößt eindeutig gegen den europäischen Verfassungsvertrag."

Arbeitsplätze mit mindestens 48.000 Euro Bruttojahreseinkommen

Dort sei ausdrücklich geregelt, dass die EU in Fragen des Arbeitsmarktes nicht zuständig sei. „Der Zugang zum Arbeitsmarkt muss Sache der nationalen Regierungen bleiben“, so Grindel. Darüber hinaus warf Grindel Frattini vor, er wolle das italienische Problem mit den afrikanischen Bootsflüchtlingen über die EU entschärfen. Ein Vorwurf, der durch die Bedingungen der Blue Card nun wohl eindeutig ausgeräumt werden konnte.

Denn für die neuen Arbeitskräfte hält diese Eintrittskarte in das Gelobte Land einiges bereit. So können sich die Interessenten an einem deutschen Arbeitsplatz zwar auf alle offenen Stellen, welche die deutsche Industrie anbietet, bewerben - allerdings nur, wenn diese Arbeitsplätze mindestens 48.000 Euro Bruttojahreseinkommen einbringen. Eine Bedingung, die für einen durchschnittlich ausgebildeten und einwanderungswilligen Ausländer wahrscheinlich nur sehr schwer zu erfüllen sein wird. Dafür jedoch erhalten diese privilegierten Bewerber eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, inklusive Familienzuzug.

Mangelberufe

Um diese Hürde, insbesondere in den Bereichen, in denen händeringend Arbeitskräfte gesucht werden, nicht unnötig hoch zu hängen, hat die Regierung zusätzlich noch sogenannte Mangelberufe definiert. Wer als Ingenieur oder Arzt nach Deutschland kommen möchte, kann bereits mit einem Jahreseinkommen von nur 33.000 Euro ein Flugticket buchen.

Ein „Schmankerl“ der CSU

Als kleines zusätzliches Schmankerl hält die Regierung für die auf diese Weise nach Deutschland eingewanderten Arbeitskräfte eine zusätzliche Bedingung bereit. So sagt der Vorsitzende der Projektgruppe Integration der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Michael Frieser, in einer Pressemitteilung der Partei:

Eine unerwünschte Zuwanderung in die Sozialsysteme wird alleine dadurch unterbunden, dass die mit der Blue Card verbundene unbefristete Niederlassungserlaubnis innerhalb der ersten drei Jahre automatisch erlischt, falls der Karteninhaber Sozialgelder bezieht.

Wer es jedoch durch Leistung zu etwas bringen möchte, sei der CSU herzlich willkommen. Eine Bedingung, die den Konservativen in Bayern besonders wichtig war.

Andere Möglichkeiten verpasst

Für die bereits hier lebenden Ausländer bleibt durch diese Initiative der Bundesregierung allerdings alles beim Alten. Denn weder werden sie in der Zukunft eine besondere Möglichkeit erhalten, eine entsprechende Ausbildung zu absolvieren, noch wird sich etwas an ihrem gelegentlich prekären Status als Ausländer verändern.

Damit heißt es für sie auch weiterhin irgendwo auf Baustellen Steine schleppen, die Wohnungen Wohlhabender zu putzen oder sich einfach nur von einem miserablen Job zum nächsten zu hangeln. Möglichkeiten diesen Zustand zu verändern, hätte es gerade im Zuge der Einführung der „Blue Card“ zur Genüge gegeben.