Die Achse Ankara-Moskau-Beijing formiert sich

Seite 2: Türkei als Vollmitglied der SCO?

Das Gipfeltreffen wurde allgemein als Beleg für die Ambitionen der SCO wahrgenommen, zum Sicherheitsanbieter für den eurasischen Kontinent zu werden. Belarus trat dem Verbund bei, und die Türkei ist ein Beobachterstaat. Was die SCO vorwiegend umtreibt, sind Versuche des Westens, die wachsende Macht ihrer Mitgliedsstaaten zu untergraben.

Erdoğan hat seinen Willen kundgetan, die Türkei zum Vollmitglied der SCO zu machen.

Wenn das passiert, könnte die Türkei zu einem Schlüsselelement in der Sicherheitsarchitektur der SCO werden. Und Erdoğan ist offensichtlich bereit, dafür auf China zuzugehen. Kritisierte er Peking einst scharf wegen der Behandlung der Uiguren hat er diese Haltung in den vergangenen Jahren fast vollständig aufgegeben.

Dies ist keine Kleinigkeit für Ankara, das die chinesische Provinz Xinjiang früher "Ostturkestan" nannte, China des "Völkermords" an den Uiguren beschuldigte und angeblich eine Rolle bei der Ausbildung militanter Xinjiang-Kämpfer spielte.

Das Ende "Ostturkestans"

Die Änderung der türkischen Haltung dürfte in Washington Bestürzung hervorrufen, ist sie vielleicht ein Zeichen für den Wandel eines Landes, für das es zumindest bisher völlig in Ordnung war, Dschihadisten zu unterstützen, um Ankaras und Washingtons Ziele zu fördern.

Nun aber war der türkische Außenminister Hakan Fidan in China, um über einen möglichen Beitritt der Türkei zu den BRICS-Staaten zu sprechen. Die Haltung Ankaras zur territorialen Integrität Chinas dürfte eine zentrale Rolle bei der weiteren Integration der Türkei in die BRICS und die SCO sein.

Einer weiterer wichtiger Punkt auf der SCO-Agenda, an dem Türkei wesentlichen Anteil hat, ist die Lösung der Syrien-Frage und der Abzug der Amerikaner aus dem zerstörten Land.

Versöhnung zwischen der Türkei und Syrien?

Auf seiner Rückreise vom NATO-Gipfel kündigte Erdoğan an, dass die Türkei und Syrien einen Fahrplan zur Wiederbelebung der Beziehungen festlegen und entsprechende Schritte unternehmen werden. Außenminister Fidan soll ein Treffen zwischen Erdoğan und Assad arrangieren.

Die Beziehung hatte die Regierung Erdoğan einst mutwillig zerstört, indem die Türkei islamistische Kämpfer nach Syrien schleuste und finanzierte und überdies einen breiten "Sicherheitsstreifen" im Norden Syriens besetzte. Dank der Unterstützung aus Moskau scheint eine Aussöhnung zwischen Ankara und Damaskus nun näher nun zu rücken.

Es hätte sowohl für die Türkei als auch für Syrien Vorteile, das Kriegsbeil zu begraben. Allerdings würde die Position der USA in Syrien überaus prekär – vorwiegend im kurdisch dominierten Nordosten des Landes.

Rüstungszusammenarbeit

Und es gibt noch weitere Baustellen in den Beziehungen zwischen der Nato und der Türkei – und zwar ausgerechnet im Bereich Rüstung und Aufrüstung.

Aus türkischer Sicht wurden die türkischen Verteidigungsbedürfnisse schon lange nicht mehr ausreichend berücksichtigt. Seit den 1990er Jahren hat Ankara die Nato gebeten, Frühwarnsysteme und Patriot-Raketen in der Türkei zu stationieren, was jedoch erst 2013 geschah – allerdings im für Ankara unzureichendem Umfang.

Im Jahr 2017 kaufte die Türkei dann S-400-Raketenabwehrsysteme in Moskau. Als Reaktion darauf schlossen die USA die Türkei aus ihrem F-35-Programm aus und verhängten Sanktionen gegen die Rüstungsindustrie des Landes und ihre Führungskräfte.

Interessanterweise zieht auch China neuerdings eine Rüstungskooperation mit der Türkei in Betracht.