Die Aibo-Gesellschaft

WG und Büro kommen auf den elektronischen Hund

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Sony hat seit vergangenem Jahr den Crossover zwischen Walkman und Tamagotchi auf dem Markt: den Aibo. Ein Hund-Roboter, der bei zwei Stunden Laufdauer Pfötchen geben kann und sich auch einmal einsam fühlt. Eine Beobachtung.

Neulich stand ein Karton in der WG. Aha, ein neuer Bildschirm. Oder doch nicht? Heraus kam ein schwarzes tierähnliches Plastikkonstrukt mit Memorystick im Hintern. Der Aibo als aufladbarer Homunculus soll einen Hund simulieren und wird von Sony als Hightech-Spielzeug vertrieben. Aber nicht etwa im Laden. Über eine Website muss man sich dazu anmelden und dann auf den Freischaltungscode für die Bestellung hoffen. Schon eine Woche, ein Callcenter mit holländischen Sachbearbeiterinnen und 5000,- DM später steht eben dieser Karton im Gang.

Aber da springt nichts aus der Schachtel. Erst einmal muss dem Plastikteil alles irgendwie beigebracht werden, was er sich merken soll. Der Memorystick hat 18 MB (immerhin schon mehr als das durchschnittliche Sprachzentrum eines Assembler-Programmierers), und die wollen gefüllt werden. Als Input-Device fungiert dabei der Kopf. Nicht der eigene, der des Aibo. Einmal auf die Schnauze heißt DuDuDu (das kennt man aus dem Fußballstadion), einmal den Hinterkopf getätschelt führt zu SAVE and REPEAT.

Im Büro, so hat man mir in der WG erzählt, kann Aibo inzwischen Pfötchen geben, blaue Kuscheldecken erkennen und so etwas wie knurren. Hier in der WG würde er wahrscheinlich depressiv werden und in der Ecke Batterieflüssigkeit verlieren.

Thema: Energie. Ein wenig erinnert der Aibo an einen CD-Walkman. Zwei Stunden dackelt er ohne Kabel im Kreis herum, dann marschiert er zum Aufladen wieder ins Körbchen. Das sind natürlich Durchschnittswerte. Vergeht sich das Untier heimlich an der Mikrowelle oder rammelt es das Handy an, verkürzt sich die Lebenszeit ... der Batterie. Und sollte die Hardware mal nicht mehr so richtig wollen: Memorystick rausziehen, neuen Aibo besorgen, rein damit. Es wird sicher bald Leihaibos ins Hotel geben.

Dabei ist das eigentlich nicht wirklich Zukunftsmusik. Sony hat längst sprachfähige Computerprogramme am Laufen, die mit Sicherheit heute schon ein Telefonat mit einem Assembler-Programmierer simulieren können. Und in einer gewissen Weise wäre das Konzept erst wirklich lauffähig, wenn es sozusagen eine Age of Empire Oberfläche gäbe, die hundsgemeinen Zeitvertreib als Simulation der eigenen WG ermöglicht.

Bis dahin freue mich auf die erste Begegnung zwischen Emil und Aibo. Emil ist unser Gasthund, der erbarmungswürdig aus dem Maul stinken kann und prinzipiell alles und jeden anrammelt. Hoffentlich klopft er dabei Aibo nicht zu oft mit seiner Schnauze auf den Hinterkopf ...