Die Bakterien, die ganz anders sein sollen

Wissenschaftler weiter im Disput über angeblich durch Aufnahme von Arsen gedeihende Bakterien aus einem Salzsee

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Als im Dezember eine Studie in der Zeitschrift veröffentlicht wurde, in der Wissenschaftler unter der Leitung der Biochemikerin Felisa Wolfe-Simon vom NASA Astrobiology Institute und U.S. Geological Survey behaupteten, sie hätten Bakterien in dem kalifornischen Salzsee Mono Lake entdeckt, die sich von Arsen ernähren und das Gift einbauen können, ging die Meldung um die Welt. Schließlich würde es sich dabei um Organismen handeln, die sich vom bislang bekannten irdischen Leben unterscheiden, für das Arsen tödlich ist (Leben gefunden, wie wir es noch nicht kannten).

Blick auf den Mono Lake. Bild: Nasa

Nachdem auch noch die Nasa, die die Forschung mit finanziert hatte, auf die Pauke geschlagen und verkündet hatte, dass nun die Definition des Lebens erweitert werden müsse und man sowohl auf der Erde als auch im Weltraum breiter und überdies nach Leben, wie wir es nicht kennen, suchen müsse, wurde die Kritik von Wissenschaftlerkollegen laut, vor allem in der Blogosphäre. Besonders die Ausweitung des möglichen Funds auf außerirdisches Leben kam nicht gut an. Auch das zweiwöchige Schweigen auf die Kritik durch Wolfe-Simon und ihre Kollegen schürte die Debatte weiter an. In einer ersten Antwort wiesen die Wissenschaftler die Vorwürfe zurück, was die Kritik aber nicht verstummen ließ.

Gerügt wurde natürlich der Hype, aber bestritten wurde vor allem, dass Wolfe-Simon und ihre Kollegen wirklich korrekt wissenschaftlich gearbeitet haben. Sie hätten, so beispielsweise eine Kritikerin, keinen einzigen wirklichen Beweis vorgelegt, dass die Bakterien des Stamms GFAJ-1, der zur Familie der Halomonadaceae gehört, wirklich Arsen in ihre DNA einbauen. Nicht nur wurden methodische Mängel oder Schlampereien wie etwaige Verunreinigungen der Nährlösung oder mangelhafte Reinigung der DNA den Wissenschaftlern vorgeworfen, in Kritik kam auch Science und der angeblich mangelhafte Peer-Review-Prozess.

Irdisches Leben, wie wir es kennen, besteht aus Kohlenstoff, Wasser, Stickstoff, Sauerstoff, Phosphor und Schwefel (CHNOPS) sowie aus metallischen Spurenelementen. Die von Wolfe-Simon und Kollegen im Sediment des Salzsees gefundenen Bakterien sollen sich anstatt von Phosphor von Arsen ernährt haben. Die Wissenschaftler hatten Kulturen in Nährlösungen wachsen lassen - ohne Phosphor, aber mit hohen Arsenkonzentration. Arsen und Phosphor gleichen sich und können im Körper substituiert werden, dann aber normalerweise mit tödlichen Folgen. In dem See gibt es eine hohe Arsenkonzentration und angeblich kaum Phosphat. Mit der Aufnahme von Arsen würden die Bakterien am besten leben und sich reproduzieren, wenn sie statt Arsen auch Phosphat aufnehmen, würden sie kleiner bleiben und sich langsamer vermehren. Die Wissenschaftler behaupten, zum Nachweis Arsen in Biomolekülen, aber auch in der DNA gefunden zu haben.

Pralle, sich angeblich auch von Arsen ernährende GFAJ-1-Bakterien. Bild: Nasa

Jetzt hat Science die Debatte noch einmal aufgegriffen und neben einer Antwort von Wolfe-Simon und ihren Kollegen acht kritische Kommentare online veröffentlicht. Die Wissenschaftler halten an ihrer angezweifelten Entdeckung fest, gestehen aber einige technische Probleme ein. So habe es tatsächlich, was vermutet wurde, Salze mit Spuren von Phosphor in der Nährlösung gegeben, was auch im Artikel erwähnt worden war. Das habe aber nicht ausgereicht, um die Bakterien wachsen zu lassen, was wiederholte Versuche bewiesen hätten. So hätten die Bakterien auch nicht in der Nährlösung wachsen können, wenn dieser nicht Arsen oder Phosphor zugesetzt worden war.

Ansonsten werden die Einwände auf der Grundlage der Studie wiederum zurückgewiesen. Man werde aber mit Kollegen weitere Tests durchführen und die Hypothesen überprüfen. Zudem könnten auf Anfrage GFAJ-1-Bakterienkulturen an Wissenschaftler gegeben werden, die eigene Untersuchungen vornehmen wollen. Sie seien im März der American Type Culture Collection und der Deutschen Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen zugeleitet worden, wo sie in einigen Monaten bestellt werden können.

Die endgültige Version des Artikels von Wolfe-Simon et al. wird am 3. Juni in Science erscheinen, aber nur kleinere Korrekturen enthalten, wie Science-Chefredakteur Bruce Alberts im Editorial schreibt. Mit der Veröffentlichung wolle man den Lesern ermöglichen, die Aussagen der Originalstudie sowie die Einwände besser zu verstehen. Neue Beweise für oder gegen die Hypothese gibt es allerdings (noch) nicht, einige Fragen seien allerdings noch ungelöst, sagt Alberts, man befinde sich inmitten eines längeren Prozesses. Und da Wolfe-Simon et al. Bakterienkulturen weitergeben, muss nun erst einmal abgewartet werden, was neue Versuche ergeben. So werden üblicherweise Hypothesen im wissenschaftlichen Fortschritt getestet, sagt Alberts und hofft wohl auch darauf, dass auf Science kein Makel haften bleiben wird.