Die EU-Kommission verklagt Spanien wegen dicker Luft in Städten
Seit 2015 fordert Brüssel Maßnahmen zur Luftreinhaltung, leichte Verbesserungen sollen nun aber in der Hauptstadt von der Rechten zurückgedreht werden und beim Abwasser hakt es schon seit 20 Jahren
Die katalanische Zeitung La Vanguardia hatte es schon am Dienstag gemeldet, dass der EU-Kommission in Brüssel nun der Kragen geplatzt ist und nun auch Spanien vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) wegen fehlender Luftreinhaltung verklagt wird. Auf einer Liste, die am Donnerstag beschlossen wird, befindet sich neben der Hauptstadt Madrid auch Barcelona, hat die Zeitung nach einem Blick auf Quellen in der Kommission nachgelegt.
Man darf davon ausgehen, dass in Brüssel dem zuständigen Kommissar Karmenu Vella der Geduldsfaden riss, da die von der ultrarechten VOX gestützte Stadtregierung in Madrid sogar versucht, bisherige Fortschritte zurückzudrehen. Eigentlich war ein Verfahren gegen Spanien schon ab 2015 geplant. Es wurde aber noch einmal auf Eis gelegt, als im vergangenen Jahr unter anderem die Verfahren gegen Deutschland, Italien, Frankreich, Großbritannien angestrengt wurden, weil sie "anhaltende und erhebliche Überschreitungen der Grenzwerte für zwei wichtige Schadstoffe mit Auswirkungen auf die Gesundheit" dulden. Gemeint sind damit Stickstoffdioxide und Feinstaub.
Spanien wurde ausgenommen, da die Linksregierungen in Barcelona und Madrid Verbesserungen versprochen hatten. Während Ada Colau in Barcelona auch in dieser Materie eher versagte, setzte Manuela Carmena mit "Madrid Central" einen Plan um, der die Luftqualität deutlich in nur wenigen Monaten verbessert hat. "Das zweite Quartal 2019 wies die niedrigste Kontamination aus, seit es Aufzeichnungen gibt", wurde in einer Auswertung der Messstellen festgestellt. Die neue Rechtsregierung ist bei ihren Versuchen, die Maßnahmen von Carmena wieder zurückzudrehen, bisher aber an den Gerichten gescheitert.
Unter anderem wird in der dritten Entscheidung festgestellt, dass der "Schutz der Gesundheit und der Umwelt zwei Prinzipien sind, welche die Handlungen der Regierenden bestimmen müssen". In diesem Fall sei das noch stärker zu fordern, da schon umgesetzte Schutzmaßnahmen zurückgenommen werden sollen, und damit verfassungsrechtlich geschützte Werte, "ohne Alternativen oder andere Maßnahmen anzubieten". Die neue Stadtregierung muss nach diesen Urteilen die Beschränkungen aufrechterhalten und Verstöße dagegen weiterhin sanktionieren. Der Druck auf sie steigt nun durch das Verfahren am EuGH in Luxemburg weiter.
Spanien steht auch in anderen Umweltschutzfragen immer wieder am europäischen Pranger. Der EuGH hatte im vergangenen Jahr das Land schon zu einer Geldstrafe von 12 Millionen Euro verurteilt, weil weiterhin gegen die Abwasser-Richtlinie verstoßen wird. Seit fast 20 Jahren klären Gemeinden mit mehr als 15.000 Einwohnern zum Teil ihre Abwässer nicht, leiten sie einfach in Flüsse oder ins Meer. Schon 2011 war das Land deshalb in Luxemburg verurteilt worden. Der EuGH gab Spanien bis 2013 Zeit für eine Umsetzung.
Geschehen ist wenig. Die Konservativen hatten zwischenzeitlich wegen ihrer absurden Austeritätspolitik sogar den Bau von etlichen Kläranlagen wieder aufgegeben, in die schon viele EU-Gelder geflossen waren. Zum Teil waren sie fast vollständig fertig, verrotten seit Jahren. Viele sind längst völlig unbrauchbar. Zum Teil wurden auch unnötig Anlagen gebaut, nur um zu bauen, denn sie gingen zum Teil trotz Fertigstellung nie in Betrieb.
Korruption spielte dabei eine Rolle. Bekannt ist, dass sich die rechte Volkspartei (PP) Jahrzehnte über Schmiergelder finanzierte - vor allem von Baufirmen. Die Korruptionspartei wurde dafür im vergangenen Jahr für ein "effizientes System institutioneller Korruption" verurteilt.
Neben der Geldstrafe muss Spanien nun alle sechs Monate ein Zwangsgeld von fast 11 Millionen Euro abdrücken, weil es an der vorschriftsmäßigen Klärung weiter hapert. Die Nichteinhaltung hat das Land bisher 22,3 Millionen gekostet und das wird vermutlich noch teurer. Noch immer leiten 9 Städte, darunter auch größere wie der Osten von Gijón, Abwasser ungeklärt ab. Auffällig ist weiter die Massierung in Andalusien mit Matalascañas, Alhaurín el Grande, Isla Cristina, Tarifa, Coín, Nerja und Barbate. In nur einem Fall konnte das Gericht in Tarifa eine teilweise Besserung feststellen. Ein Teil der Abwässer wird nun über eine neue Kläranlage gereinigt, weshalb das für diese Stadt angesetzte halbjährliche Strafgeld auf knapp 600.000 Euro verringert wurde.
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