Madrid: Rechte will Erfolge der Linksregierung zurückdrehen
Die Axt wird am Prestige-Projekt zur Luftverbesserung und Verkehrsberuhigung, "Madrid Central", angesetzt
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat am Montagmorgen eine der Zufahrten zur Umweltzone "Madrid Central" blockiert, um erneut dagegen zu demonstrieren, dass nun wieder alle Autos ins Zentrum der spanischen Hauptstadt fahren dürfen.
Auch Stadtteilgruppen führten zum Teil Blockadeaktionen mit durch und forderten die Autofahrer auf, auch weiterhin öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Dagegen, dass die neue Rechtsregierung in der Hauptstadt das Prestigeprojekt der linken Vorgängerregierung zerschlagen will, hatten schon am Samstag trotz großer Hitze von 40 Grad im Schatten nach Angaben der Veranstalter etwa 60.000 Menschen demonstriert und die Beibehaltung des Projekts gefordert, das zudem die Lebensqualität im Zentrum verbessert hat.
Dass Madrid wegen einer zerstrittenen Linken wieder von der rechten PP in Koalition mit der rechts-neoliberalen Ciudadanos (Cs) unter Duldung der rechtsextremen VOX regiert wird, macht sich in der Frage Verkehrs- und Umweltpolitik sofort bemerkbar. Der neue rechte Bürgermeister setzt die Axt ans Projekt "Madrid Central".
Alle Autos dürfen wieder ins Zentrum fahren
Seit heute dürfen wieder alle Autos ins Zentrum fahren und auch Abgasschleudern dort die Luft wieder verpesten, ohne dass eine Geldbuße von 90 Euro droht. Seit dem vergangenen 30. November hatten freie Fahrt ins Zentrum nur noch emissionsfreie Fahrzeuge, wie etwa Elektrofahrzeuge, oder die mit Gas betriebenen Autos. Ausnahmen gab es nur noch für Bewohner, Behinderte und Rettungsfahrzeuge.
Der konservative Bürgermeister José Luis Martínez Almeida hat nun ein Bußgeld-Moratorium für drei Monate verhängt, womit wieder alle Fahrzeuge, egal wie stark sie die Luft kontaminieren, ins Zentrum fahren dürfen. Danach soll erneut entschieden werden. Dabei ist klar, dass sich die Luftqualität im Zentrum der Hauptstadt seit Dezember verbessert hatte.
Flankiert worden war die Maßnahme auch durch Verbreiterung von Gehsteigen, Ausbau von Fahrradwegen, Beschränkung der Geschwindigkeit auf 30 km/h auf der großen Mehrzahl der Straßen und der Anpflanzung von zudem schattenspenden Bäumen.
Immer wieder hatte die EU-Kommission wegen der schlechten Luftqualität mit Sanktionen gedroht, da Grenzwerte für Feinstaub, Ozon und Stickstoffdioxiden wiederholt überschritten wurden. In einem Brief hatte der zuständige EU-Umweltkommissar Karmenu Vella die neuen Regierenden daran erinnert, dass Madrid schon seit 2010 gegen die EU-Vorschriften verstößt und die EU-Kommission deshalb 2018 ein Verfahren gegen Spanien eröffnet und ultimativ überzeugende Maßnahmen zur Luftreinhaltung gefordert hatte.
Ausgerechnet der Parteifreund des neuen Bürgermeisters Almeida droht nun mit Strafen, sollten die Grenzwerte nicht eingehalten werden. Energiekommissar Miguel Arias Cañete erklärte, dass Madrid bisher nur um Sanktionen wegen Maßnahmen wie Madrid Central herumgekommen ist und Spanien deshalb nicht wie andere Länder vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt wurde. Man werde die neue Politik analysieren und danach handeln, kündigte er an.
Wenn Städte die Vorschriften nicht einhalten, wie es bisher bei Madrid der Fall war, dann würden Maßnahmen ergriffen. Sein Parteifreund Almeida erklärt zwar, er wolle die Vorgaben einhalten, doch wie er eine Verbesserung der Luftqualität erreichen will, darüber schweigt er sich aus. Er leitet mit dem dreimonatigen Bußgeld-Moratorium aber Maßnahmen ein, die bisherige Erfolge wieder zerstören.
Eigentlich hatten die Rechten in der Vergangenheite schon eine Sperrung der Innenstadt in Erwägung gezogen, um den Vorschriften der EU nachzukommen, allerdings traute sich Ana Botella (Bürgermeisterin von 2011 bis 2015) nicht und ließ diese Pläne in den Schubladen ihrer Verwaltung verschwinden.
Sie hinterließ damit ihrer Nachfolgerin, der linken Manuela Carmena, nicht nur eine stark kontaminierte, sondern auch eine hoch verschuldete Stadt. Carmenas Truppe senkte in vier Jahren nicht nur die Schulden um 3,2 Milliarden und mehr als 50%, sondern brachte auch die Probleme mit der Luftqualität und Mobilität auf einen Lösungsweg. Jetzt dreht sich der Wind wieder.