Die Inszenierung des Ukraine-Konflikts durch die USA
Ein von republikanischen Senatoren eingereichter Gesetzesvorschlag "Zur Prävention weiterer russischer Aggression" macht auch die Strategie des Weißen Hauses deutlich - Deutschland spielt dabei eine wichtige Rolle
Am 1. Mai hat der republikanische Senator Bob Corker den Gesetzesentwurf S. 2277 eingebracht, der mittlerweile von 26 republikanischen Senatoren unterstützt wird, bereits zweimal ohne Änderungen gelesen und an den Auswärtigen Ausschuss des Senats verwiesen wurde. Der Gesetzesentwurf mit dem Titel "To prevent further Russian aggression toward Ukraine and other sovereign states in Europe and Eurasia, and for other purposes" ließe sich als Plan verstehen, wie die von Russland durch die Annektion der Krim zugespitzte Ukraine-Krise zur Durchsetzung geopolitischer Interessen gegen Russland von US-amerikanischer Seite geschürt und instrumentalisiert wurde. Deutschland spielt darin eine wichtige Rolle.
Es handelt sich um einen Vorstoß eines großen Teils der republikanischen Senatoren, was heißt, dass dies kein Regierungsplan ist. Darunter ist auch John McCain, der sich gerne mal auf dem Maidan zeigte, die antirussische Bewegung unterstützte und jetzt mitunter fordert, dass die USA der Ukraine zumindest auch Waffen liefern sollten. Für Paul Craig Roberts ist der Gesetzesentwurf ein weiterer Beleg dafür, wie die ukrainische Krise inszeniert wird, um möglicherweise in einen Krieg zu münden.
Das Weiße Haus verfolgt eine ganz ähnliche Strategie, was darauf hinweisen könnte, dass dem dasselbe, von maßgeblichen Sicherheitskreisen entworfene Drehbuch der Politik der US-Regierung und der Initiative der US-Senatoren zugrunde liegen könnte. Die Soldaten der Nationalgarde, die zum großen Teil aus den militanten Maidan-Aktivisten besteht, sollen, wie das Weiße Haus dem Kongress Ende Juli mitteilte, ab 2015 von US-Militärs ausgebildet und ausgerüstet werden.
Zuletzt kündigten der Nato-Generalsekretär Rasmussen und der Nato-Kommandeur Philip Breedlove an, Nato-Truppen an der russischen Grenze zu stationieren und Verteidigungspläne gegen russische Angriffe auszuarbeiten. Auf dem Nato-Gipfel im September soll mit Blick auf die "russische Bedrohung" beschlossen werden, ein Nato-Hauptquartier in Polen einzurichten und die multinationale Eingreiftruppe zu verstärken, die schnell in ein bedrohtes Land verlegt werden kann. Zudem sollen in den an Russland angrenzenden Ländern Waffen und Versorgung gelagert werden.
Und ein Signal könnte auch sein, dass erstmals mit Markus Laubenthal ein deutscher General zum Stabschef der U.S. Army Europe ernannt wurde. Er hat seinen Dienst am 1. August aufgenommen. USAREUR-Kommandeur Generalleutnant Donald Campbell erklärte dazu: "Dies ist ein mutiger und bedeutender Schritt vorwärts bei den Bemühungen der U.S. Army Europe, bei multinationalen Problemen enger mit unseren deutschen Verbündeten zu kooperieren."
Ein Bundeswehrsprecher sprach von einem "klaren Signal für die gute deutsch-amerikanische Zusammenarbeit". Der deutsche General soll nun nicht mehr der Bundeswehr, sondern der U.S. Army unterstehen.
Wiederbelebung der Nato nach US-Interessen
Der Gesetzesentwurf sieht mit dem gemeinsamen Feind Russland eine Wiederbelebung der Nato vor, was freilich schon längst im Gange ist. So soll nach dem Gesetzesentwurf, der die Ausarbeitung eines "strategischen Rahmens für die Sicherheitshilfe und -kooperation in Europa und Eurasien" fordert, die US-Truppenpräsenz in "Europa und Eurasien" verstärkt werden, während die europäischen Nato-Staaten ihre Rüstungsausgaben erhöhen und ihre Energieunabhängigkeit sichern sollen. Mit allen Maßnahmen soll bewirkt werden, dass Russland eine "angemessene Rolle in der Region spielt".
Polen und die baltischen Staaten sollen mit jährlich 50 Millionen US-Dollar stärker militärisch unterstützt und das US-Raketenabwehrsystem schneller in Europa installiert werden, was die US-Regierung bereits unter Bush durchsetzen wollte, um die Alliierten enger an sich zu binden und an den Kosten zu beteiligen.
Und es soll auch die Kooperation zwischen den USA und Deutschland bei globalen und europäischen Sicherheitsthemen verstärkt werden. Man erinnert sich an die Reden von Gauck, von der Leyen und Steinmeier auf der Münchner Sicherheitskonferenz, basierend auf einem Bericht, der von der regierungsnahen Stiftung Wissenschaft und Politik gemeinsam mit dem German Marshall Fund of the United States erstellt wurde (Nato instrumentalisiert Ukraine). Die Transatlantiker unter den Journalisten großer deutscher Medien machten dafür Stimmung und schätzten es gar nicht, als dies in der Satiresendung "Die Anstalt" zum Thema gemacht wurde (Journalisten als politische Lobbyisten?).
Zur besseren Kooperation soll eine gemeinsame Arbeitsgruppe auch auf Ministerebene eingerichtet werden, die die Situation in der Ukraine erörtert und die Zusammenarbeit fördert, besonders was den Austausch von Geheimdienstinformationen betrifft. Das soll mit jährlich 5 Millionen US-Dollar finanziert werden.
Sanktionen und Aufrüstung der Nicht-Nato-Mitglieder
Der zweite Teil widmet sich der Abschreckung der "russischen Aggression" gegen die Ukraine und andere europäische Länder. Dabei sollen die "Kosten" für die russischen Aktivitäten erhöht werden, d.h. es ist die jetzt betriebene Sanktionspolitik, die vor allem von der US-Regierung und den osteuropäischen Ländern vorangetrieben wurde. Verurteilt werden sollen die "physische und wirtschaftliche Aggression" Russlands gegenüber der Ukraine, Moldawien, Litauen oder Georgien, die militärische Besetzung der Krim und die Stationierung von Truppen an der Grenze zur Ukraine.
Es wird eine umfangreiche Liste an gestaffelten Sanktionen vorgeschlagen, auch um Russland dazu zu bringen, sich aus der Krim zurückzuziehen. Die USA sollen auch nicht mehr weiter über die nukleare Abrüstung verhandeln oder Verträge darüber schließen. Das 2011 in Kraft getretene Neue START-Abkommen soll auch erst einmal nicht mehr eingehalten werden, d.h. es soll die Zahl der Trägersysteme und Nuklearsprengköpfe nicht mehr reduziert werden. Die Zusammenarbeit mit Russland bei der Raketenabwehr soll eingestellt werden.
Man will mit jährlich 10 Millionen US-Dollar auch die Demokratie in Russland befördern, indem "demokratische Institutionen und NGOs" in Russland verstärkt unterstützt werden. Man will das "unzensierte Internet" und den Zugang zu unabhängigen Medien ausbauen, wozu die Senatoren auch staatliche US-Sender wie Voice of America rechnen.
Und im dritten Teil geht es um den Ausbau, das Training und die Ausrüstung des Militärs in der Ukraine und anderen europäischen Ländern. Dafür sollen Panzer- und Luftabwehrsysteme, Schusswaffen aller Art, Fahrzeuge und allerhand andere Ausrüstung geliefert werden können. Für 2014 wären 100 Millionen US-Dollar dafür vorgesehen, die natürlich auch als eine Subventionierung der US-Rüstungsindustrie zu verstehen sind.
Die US-Geheimdienste sollen der Ukraine Informationen über russische Truppen liefern, es müsse aber sichergestellt sein, dass diese geheim bleiben und nicht weiter gereicht werden. Ukraine, Georgien und Moldawien sollen den Status von so genannten "Major non-NATO allies" erhalten. Und überhaupt soll die militärische Kooperation mit der Ukraine, Georgien, Moldawien, Aserbeidschan, dem Kosovo, Mazedonien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro und Serbien ausgeweitet werden. Die US-Regierung soll Druck ausüben, dass sich alle Nato-Mitglieder in einen Fonds einzahlen, aus dem die militärische Kooperation finanziert wird.
Und nicht zuletzt geht es einmal wieder um Öl und Gas. Die USA sollen den Ländern helfen, im Hinblick auf Energie von Russland unabhängig zu werden, indem sie eigene Ressourcen erschließen und andere Infrastruktur aufbauen. Da sollen Kredite gegeben und Weltbank sowie die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung gedrängt werden, verstärkt in diesen Ländern zu investieren. Die Versorgung der AKWs in der Ukraine soll geprüft und alternative Möglichkeiten geschaffen werden.