Die Intelligenz in den Genen

Wer schon als Kind klug ist, bewahrt sich diese Eigenschaft meist bis ins hohe Alter - das wird anscheinend in hohem Maße von den Genen bestimmt

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Wenn der Mensch aufwächst, erwachsen wird und schließlich altert, ändern sich viele seiner Eigenschaften. Die Persönlichkeit wird ausgeglichener, Extreme kommen seltener vor: Stark introvertierte Personen öffnen sich allmählich, extrovertierte Menschen geben nicht mehr ganz so viel preis von sich. Die physischen Fähigkeiten lassen im allgemeinen nach – natürlich abhängig vom Trainingszustand. Die Gelenke sind weniger beweglich, der Muskelaufbau braucht länger, auch die nötigen Erholungsphasen verlängern sich. Bei den kognitiven Fähigkeiten verhält es sich ähnlich: Mit der Zeit fällt es uns zum Beispiel schwerer, eine neue Sprache zu erlernen.

Allerdings haben, wie aktuelle Forschungen demonstrieren, die kognitiven Fähigkeiten ihren Höhepunkt deutlich später, als man bis dato dachte. Das zeigt sich etwa daran, dass die meisten heutigen Nobelpreisträger die Leistung, für die sie später geehrt werden, im eher reifen Alter von über 40 Jahren vollbracht haben. Das liegt unter anderem daran, dass sich die Bedingungen für die Eigenschaft "Kognition" geändert haben: Während früher mit der Schulzeit der Lernprozess abgeschlossen war (und damit das dauernde Training der "Denkmuskeln"), kommt man heute in vielen Berufen ohne lebenslanges Lernen kaum noch aus.

Im Zusammenhang mit der Veränderung der Alterspyramide ist aber auch interessant, wie sich die kognitiven Fähigkeiten der älteren Generation voraussichtlich entwickeln werden. Die Antwort interessiert natürlich auch die für die Gestaltung der Sozialsysteme zuständigen: Mit welchen Alten müssen wir in Zukunft rechnen? Werden sie zur Last – oder im Gegenteil die neuen, erfahrenen Leistungsträger der Wissensgesellschaft?

Ein Artikel im Wissenschaftsmagazin Nature liefert nun einen Beitrag dazu. Ein internationales Forscherteam hat darin analysiert, welche Rolle die Gene bei der kognitiven Stabilität des Menschen spielen. Als kognitive Stabilität bezeichnet man in diesem Fall den Grad der Veränderung der kognitiven Fähigkeiten mit dem Alter. Es geht also darum, inwiefern die genetische Veranlagung bestimmt, wie sich das Potenzial unserer Denkmuskeln mit dem Älterwerden verändert.

Suche nach Intelligenz-Genen

Dazu haben die Forscher Daten von fast 2.000 Schotten ausgewertet, die 1921 und 1936 geboren wurden und sich schon im Alter von jeweils elf Jahren einem Intelligenztest unterzogen haben. 54 beziehungsweise 68 Jahre später hat man dieselben Probanden wieder getestet - und die so erhobenen Daten mit Genanalysen ergänzt. Auf diese Weise gelang es den Forschern erstmals, den Einfluss von Umweltbedingungen und Genpool auf die Veränderung der Intelligenz statistisch abzuschätzen.

Tatsächlich ergibt sich daraus ein signifikanter Einfluss der Erbanlagen - allerdings reichte das Datenmaterial nicht aus, um diesen Einfluss zu quantifizieren. Ob er also bei 20 oder bei 80 Prozent liegt, bleibt noch im Dunklen. Die Datenbasis ist aber groß genug, dass die Forscher es nun für lohnend erachten, explizit nach diesen Intelligenz-Genen zu suchen.