Die "Nose-to-Tail"-Bewegung hat die Vegetarier erreicht

Seite 2: (Un)kraut und Rübent

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Genauso wie Holger Holler beginnt schon früh das "Unkraut" unserem Garten seinen ganz eigenen Touch zu verpassen. Hirtentäschel, Giersch, Vogelmiere, Brenn- und Taubnesseln geben sich ein Stelldichein. Was tun? Hacken? Zupfen? Unkrautvernichter? Für mich heißt es: Salatschüsseln raus und los geht es.

Gerade der Giersch, für viele schlichtweg ein Albtraum, hat es in den letzten Jahren geschafft, sein schlechtes Image abzuschütteln und landet nun in Suppen, Salaten oder als Gemüsebeleilage auf dem Tisch. Vorbei die Zeit, in der Hobbygärtner jahrelang ihr Gierschbeet mit Zeitungen abdeckten und hackten und jäteten, bis es endlich, frei vom lästigen "G.", für den vitaminreichen und arbeitsintensiven Spinat oder Feldsalat zur Verfügung stand. Dass der wuchernde Giersch auch seine nicht geringe Menge an Mineralstoffen, Vitamin C und Eisen mit sich bringt, ist nun kein Geheimnis mehr und daher darf er sich, wie auch hier, wieder ausbreiten, muss dafür allerdings ein paar Blätter und Stiele lassen; ein Schicksal, das er mit den Brennesseln teilt.

Bei ihr landen allerdings auch die Samen im Trocknungsbeutel, auf dass sie demnächst über Früchte oder Müsli gestreut werden können, die Blüten dürfen allerdings die Schmetterlinge und Falter anlocken, die uns im Sommer mit ihrer Pracht erfreuen. Selbst ein Admiral hat sich im letzten Jahr zu meiner Freude im Garten sein Plätzchen gesucht. Der Sommerflieder zieht, gemeinsam mit Ananassalbei, auch viele dieser liebreizenden flatternden Freunde an, so dass sich, sehr zur Faszination der Katzen, ein buntes Gewimmel über den Sträuchern und Kräutern erhebt.

Kater Maxwell Sheffield erlebt dieses Jahr seine erste Sommersaison und für ihn ist der Garten ein einziges Wunderland. Herabrieselnde Rosenblätter, schattenspendender Holunder, aus dem Nichts erwachsende Grashalme und ein Heer verschiedenster Flügelwesen reizen ihn zu immer neuen Bocksprüngen und Jagdversuchen.

Auch wenn den meisten die Brennessel eher wegen ihrer lästigen Haare bekannt ist, so ist sie doch kulinarisch durchaus einen Blick wert. Beherzt zugreifen und die "Rheumakur" in Kauf nehmen oder Handschuhe tragen ist natürlich angesagt, wenn die großen Büsche bei uns geerntet werden, doch spätestens, wenn das Marmornudelholz einmal über die Pflanzen fährt, ist die Haargefahr gebannt. Der Geschmack der Brennessel ist eher mild, fast subtil, aber im Zusammenspiel mit anderen (Wildkräutern) ergibt sich eine pikante Note in einer Kräuterbutter oder auch in einer einfachen Wildkräutersuppe.

Der vorgenannte Giersch landet einfach zusammen mit Brennesseln, Hirtentäschelkraut, Melde und Vogelmiere im Topf, Zwiebeln, Wasser und ein wenig gekörnte Brühe kommen hinzu, ggf. wird mit Sahne abgeschmeckt - fertig. In den Sommermonaten bilden die Blüten der Kapuzinerkresse hübsche Farbtupfer. Und zusammen mit Hasel- oder Walnüssen, Öl und geriebenem Käse wird aus all dem "Unkraut" ein Pesto, dass es ohne weiteres mit Gekauftem aufnehmen kann.

Das Praktische an unseren Wilden ist, dass sie oft genug gleich das Ökosystem bereichern und anders als die "Kultivierten" mit wenig Hege und Pflege auskommen. Da viele Pflanzen und Gemüsesorten das Jahr über Arbeit bedeuten, ist es willkommen, dass zwischen ihnen jene wuchern, die uns ganz ohne Düngen, Hacken… mit ihren guten Eigenschaften erfreuen. Und was zuviel ist, landet in Eimern und darf als Jauche dann die anderen unterstützen in ihrem Wachstum.