Die Renaturierung des Garten Eden

Die Mesopotamischen Sümpfe werden wieder hergestellt

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In die von Saddam Hussein trocken gelegten Feuchtgebiete im Südirak wird seit 2003 wieder Wasser eingeleitet -- Teile der Sümpfe scheinen sich tatsächlich zu erholen

Historiker und Theologen vermuten, dass die Mesopotamischen Sümpfe Vorbild für das biblische Paradies waren -- den Garten Eden. Derzeit wächst und gedeiht dort allerdings wenig. Mit diktatorischer Gründlichkeit hat der ehemalige Präsident Saddam Hussein vor allem nach dem Aufstand der Schiiten im Jahr 1991 die zwischen dem Unterlauf von Euphrat und Tigris gelegenen Sümpfe entwässern lassen. Das Ziel: Regimegegnern und Deserteuren ihre Rückzugsgebiete zu entziehen. Gleichzeitig wurde einer besonders artenreichen Flora und Fauna das Wasser abgegraben, und den dort seit 5.000 Jahren lebenden Madan, den so genannten Sumpfarabern, ihr angestammter Lebensraum entzogen.

Madan-Fischer beim Sammeln von Schilf im Al-Hawizeh-Sumpf. (Bild: Curtis J. Richardson)

Doch nach dem Sturz Saddam Husseins begann die Bevölkerung, Dämme einzureißen und Wasser in die Sumpfgebiete einzuleiten. Im vergangenen Juli startete auch das United Nations Environment Programme (UNEP) ein 11-Millionen-Dollar-Projekt, das die Renaturierung vorantreiben soll.

Ein amerikanisch-irakisches Forscherteam hat nun erste Untersuchungen dazu angestellt, ob und wie sich die wieder gefluteten Sümpfe erholen. Die Ergebnisse, die im aktuellen Science vorgestellt werden, sind ermutigend.

Paradies von 15.000 Quadratkilometern

Über 15.000 Quadratkilometer erstreckten sich ehemals die Mesopotamischen Sümpfe. An ihren Rändern lebten die Madan und mit ihren Wasserbüffeln auf aus Schilf gebauten Inseln. Heute sind nur noch 10 Prozent der Feuchtgebiete völlig intakt. Die Fischbestände sind auf 27 bis 36 Prozent zurückgegangen, 66 Vogelarten sind akut bedroht.

Das Austrocknen der Sümpfe, die als natürlicher Filter für Verunreinigungen in Euphrat und Tigris wirkten, hat die Wasserqualität im Arabischen Golf deutlich beeinträchtigt. Doch es gibt Hoffnung: Bis zum März 2004 wurde immerhin in 20 Prozent der ausgetrockneten Gebiete wieder Wasser eingeleitet.

Problem: Versalzung

Der US-Forscher Curtis Richardson von der Nicholas School of Environment and Earth Sciences hat zusammen mit amerikanischen und irakischen Kollegen Boden- und Wasserproben sowie Flora und Fauna in den irakischen Sumpfgebieten analysiert und dabei sehr unterschiedliche Beobachtungen gemacht. Während es in einigen Gebieten gelungen ist, allein durch Zuleiten von Wasser einen Renaturierungsprozess in Gang zu setzen, hat sich in anderen Teilen der Sümpfe die Versalzung nicht gebessert.

Das wenn auch flächenmäßig deutlich geschrumpfte Feuchtgebiet Al-Hawizeh, das an der Grenze zum Iran liegt, ist am ursprünglichsten erhalten und birgt nach Meinung der Forscher das Potenzial dazu, dass sich dort wieder Menschen niederlassen und leben können. Leider ist Al-Hawizeh durch ein iranisches Dammbauprojekt bedroht.

Aufgesprungener und entwässerter Sumpfboden nahe einem ausgetrockneten Flussbett im völlig ausgetrockneten Zentral-Sumpf nahe Chibayish (Bild: Curtis J. Richardson)

Im östlich gelegenen Sumpfgebiet Al-Hammar hingegen ist der Salz- und Schwefelgehalt im Boden am höchsten. Hier halten es nur so Salz liebende Pflanzen wie der Queller (Salicornia spp.) aus. An Weizen und Reis, die traditionell in den Sümpfen angebaut wurden, ist nicht zu denken. Eine Verseuchung der Böden durch toxischen Kriegsmüll, Schwermetalle oder Pestizide konnten die Forscher allerdings nicht feststellen.

Gute Aussichten für die Renaturierung

Der Untersuchung liegen Daten von Boden- und Wasserproben zu Grunde, die bis zum März 2004 entnommen wurden. Schon dieser relativ kurze Zeitraum (vom Mai 2003 an) belegt, dass die Sumpfgebiete sich recht rasch erholen. Das Fazit von Richardson und Kollegen ist daher optimistisch:

Die hohe Wasserqualität, die vorhandenen Bodenbedingungen sowie die Existenz heimischer Arten in einigen Gebieten zeigt, dass das Renaturierungspotenzial für einen signifikanten Teil der Mesopotamischen Sümpfe groß ist. Der Einsatz ist hoch, denn die Zukunft der 5.000 Jahre Sumpfaraber-Kultur und die wirtschaftliche Stabilität von großen Teilen des südlichen Iraks hängen vom Erfolg diesen Renaturierungsmaßnahmen ab.

Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass es in vielen Fällen nicht ausreicht, nur Wasser einzuleiten. In den von Dämmen eingeschlossenen Sumpfgebieten fördert dies die Versalzung zusätzlich. Hier kann die Renaturierung laut Richardson nur gelingen, wenn effiziente Drainagesysteme aufgebaut werden und regelmäßige Spülungen mit sauberem Wasser erfolgen.

Wie jedoch die Tiere mit der Renaturierung zurechtkommen, insbesondere die stark bedrohten Arten, ist noch nicht abzuschätzen. Erst die Zukunft wird zeigen, ob die Mesopotamischen Sümpfe wieder ein attraktives Quartier gerade für die Zugvögel werden.