Die Rückkehr der Tastatur

Die Schreibmaschine bleibt als Interface bis auf weiteres unverzichtbar

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Als Jeff Hawkins 1992 Palm Computing gründete, hatte er einen Traum: Er wollte einen kleinen, wirklich tragbaren digitalen Alleskönner schaffen, der ohne Tastatur auskam. Seit er 1988 das Handschriftenerkennungsprogramm "PalmPrint" ausgetüftelt hatte, glaubte er daran, dass das möglich sein müsste.

Bild: Typewritermuseum

Trotz des überwältigenden kommerziellen Erfolgs seiner Konzepte in den nächsten zehn Jahren muss die Grundidee zur tastaturlosen Informationseingabe teilweise als gescheitert angesehen werden. Schon ein Blick auf die Homepage von Palm bestätigt das.

Nicht nur sind die Topmodelle der Firma, der Tungsten C und W mit einer eingebauten Tastatur ausgerüstet genauso wie die leistungsfähigsten Produkte bei der Konkurrenz von Sony - beide Firmen bieten zu gewissen tastaturlosen Modellen der mittleren und niedrigen Preis- und Leistungsklasse "Bundles" an, in denen externe Tastaturen enthalten sind, oder verkaufen solche Tastaturen mit Preisabschlag.

Der Markt für externe Tastaturen zu PDAs, die eigentlich ohne sie auskommen sollten, ist mittlerweile so unübersichtlich, dass man kaum noch weiß, für welches Modell man sich entscheiden soll. Palm selbst, Firmen wie Logitech und Seiko bieten Tastaturen in verschiedenen Bauformen an, die mit dem PDA verbunden werden müssen.

Andere, wie Belkin, Hama und Pocketop setzen auf Infrarotübertragung zur Verbindung von Tastatur und PDA. Bei eBay und auf Userflohmärkten sind Tastaturen auch für völlig obsolete PDA-Modelle eine gesuchte Ware.

Obwohl natürlich all die Geräte, für die diese Tastaturen angeboten werden, in der ein oder anderen Weise auch mit dem Stift bedient werden können, scheint die bald 150 Jahre alte Eingabetechnologie der Schreibmaschine auch heute für tragbare Informationsverarbeitung unverzichtbar.

Das ist auch logisch, denn Geräte mit Prozessorleistungen und Speicherkapazitäten, die zu PCs aufzuschließen beginnen, können schlicht zuviel, um nur per Stifteingabe bedient zu werden. Ihr "Informationshunger" ist zu groß, und selbst die krampfhaften Versuche, die Stifteingabe effektiver und schneller zu machen, ändern daran nichts. Auch virtuelle Tastaturen, die eine echte nur vortäuschen, haben sich bisher nicht durchsetzen können

Das Mitschleppen eines zweiten Geräts zur Bedienung eines ersten, oder die Arbeit mit eingebauten Tastaturen, die aufgrund des Hochformats der Geräte zu klein sein müssen, kann natürlich nicht voll befriedigen. Auf den ersten Blick ist erstaunlich, dass diese Unzufriedenheit nicht von einer anderen, lange bekannten Geräteklasse aufgefangen werden kann: Den Tastatur-PDAs, die niemals etwas anderes sein wollten, als verkleinerte Laptops zum Aufklappen. Aber diese Geräte wurden nicht nur ab der Mitte der Neunziger von den Palms regelrecht überrollt. Sie kämpften und kämpfen im Grunde mit denselben Problemen, mit denen sich auch die "großgewordenen" Stift-PDAs auseinanderzusetzen haben - die Tastaturfrage ist auch für sie zentral. Der begrenzende Faktor ist nach unten die Größe der menschlichen Hand und nach oben der Wunsch nach Mobilität.

Schon eines der ersten Geräte dieser Art, der Atari Portfolio (1988) machte in dieser Hinsicht massive Kompromisse, indem das Gerät zwar überaus tragbar war (mit ein wenig gutem Willen auch in der Jackentasche) - aber die Tastatur war aufgrund ihrer geringen Größe nur schwer zu bedienen.

Obwohl hartgesottene Fans noch immer mit dem Maschinchen arbeiten und sogar Programme aller Art dafür entwickeln, hatte es bei der Textverarbeitung doch relativ deutliche Grenzen. Trotz eines gegenüber dem Portfolio enorm erweiterten Funktionsumfangs konnten sich auch Geräte wie der Nokia 9000 Communicator nicht richtig durchsetzen.

Bildschirm und Tastatur waren für die vielen Dinge, die man damit konnte, einfach zu klein. Den Organizern von Psion fehlen für den deutschsprachigen Raum die Umlaute. Andere Firmen bekamen die Preise für die Minicomputer nicht in den Griff, so dass sich die Nutzer gleich nach einem ausgewachsenen Laptop umsahen. Aktuelle Entwicklungen, so zum Beispiel der NEC MobilePro 900 oder Ansätze wie der Vulcan Mini-PC haben es nicht einfacher: Entweder wird das Gerät zu groß oder die Tastatur zu klein.

Tastaturen werden uns noch lange begleiten. Selbst eine perfekte Form der Spracheingabe würde sie kaum zum Verschwinden bringen: Vertrauliches in einem Großraumbüro oder gar während einer Zug- oder Flugreise in ein Mikrofon zu flüstern, ist eben doch nicht so angenehm, wie es einzutippen. Beim Flüstern muss die Neugier nur die Ohren spitzen, beim Tippen muss sie aktiv in den Privatbereich eines anderen eindringen - und noch dazu seine Arbeit stören.

Fazit von all dem: Die Tastatureingabe für Westentaschengeräte bleibt ein in Teilbereichen ungelöstes Problem. Wer es eines Tages wirklich löst, kann sich großer Dankbarkeit sicher sein.