Die Russen sollen sich auch in Katalonien eingemischt haben

Seite 2: Fake News zur Austreibung von vermeintlichen Fake News?

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Seit sich Milosevich über Bloomberg äußern durfte, kommen nun die spanischen Regierungspolitiker ständig damit, dass angeblich Russland im Hintergrund den Katalonien-Konflikt betreibe oder anheize. Angeblich kämen besonders viele Botschaften in den sozialen Netzwerken "vom russischem Gebiet", erklärte auch die spanische Verteidigungsminister María Dolores de Cospedal. Damit sei aber nicht geklärt, ob dahinter auch die "russische Regierung" stecke, äußerte sie sich diplomatisch schon deutlich vorsichtiger, um keinen Konflikt mit Russland zu riskieren.

Außenminister Alfonso Dastis sprach davon, Beweise für Aktivitäten von "russischen Netzwerken" und "Hackern" zu haben. Die legte er allerdings nicht vor. Er meinte aber, die Kampagne richte sich nicht exklusiv gegen Spanien, sondern es gehe eher darum, die EU zu destabilisieren, hört man schon das Echo von Milosevich. Am Montag legte Dastis auch in Brüssel keine Beweise vor, als er seine Kollegen vor der "Manipulation" und "Desinformation" warnte, die aus russischen Netzwerken ausgehen sollen, um die "demokratische Entwicklung" in Katalonien zu beeinflussen.

Und nun tut El País heute so, als wäre die russische Einflussnahme bewiesen und Europa werde Spanien im Kampf dagegen unterstützen. "Europa beschließt, mehr Ressourcen gegen die russische Propaganda einzusetzen", titelt die große Zeitung heute. Allerdings, liest man den Artikel, findet sich erneut auch dafür keinen Beweis. El País verweist vielmehr auf die "East Stratcom Task Force". Die 14-köpfige Truppe gibt es aber schon seit zwei Jahren. Und dann widerspricht die Zeitung ihrem Titel noch stärker: "Weder Dastis noch seine europäische Kollegen haben die zusätzlichen Ressourcen konkretisiert, die eingesetzt werden sollen."

Es kommt noch absurder, wenn die Zeitung zudem schreiben muss, dass die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sich nicht einmal zu dem katalanischen Fall äußern wollte. Sie zweifelt sogar daran, ob Ressourcen wirklich freigemacht werden, da es auch noch die "Finanzminister" gäbe. Es bleibt also vom sensationellen Titel und der angeblichen Unterstützung von Spanien gegen russische Angreifer praktisch nichts mehr übrig. Ist das die objektive Reportage oder Berichterstattung, von der Milosevich spricht, die ihr bei RT oder Sputnik fehlt?

Dass Russland diese Vorwürfe zurückweist, kommt natürlich in derlei Berichterstattung auch nicht vor. So nannte sie der russische Botschafter eine "Verirrung". Yuri Korchagin erklärt, dass "leider gewisse spanische Journalisten den Ursprung der katalanischen Krise, eine komplexes historisches Phänomen, mit einer russischen Einmischung erklären" wollten. Damit solle die Öffentlichkeit und Politiker verwirrt und von der Arbeit abgebracht werden, ein "sehr gravierendes Problem zu lösen, mit dem Spanien heute konfrontiert ist, ein befreundetes Land für uns", fügte er an.

Ohnehin hatte sogar Wladimir Putin erst kürzlich von Katalonien als eine "interne Angelegenheit" Spaniens gesprochen, damit hat er genau die Sprachregelung verwendet, die allseits in Europa benutzt wird. Das ist nur logisch, denn sicher hat Russland kaum ein Interesse an auflebenden Separationsbestrebungen. Russland hat selbst damit zu kämpfen, wie allein Tschetschenien zeigt. Allerdings hatte Putin kürzlich dem Westen einen "doppelten Maßstab" vorgeworfen und daran erinnert, dass Europa mit dem Kosovo die Büchse der Pandora geöffnet hat (Putin wirft Europa in Bezug auf Unabhängigkeitsbestrebungen einen doppelten Maßstab vor). . Man sehe im Hinblick auf Katalonien "eine einstimmige Verurteilung der Unabhängigkeitsbefürworter durch die Europäische Union und eine Reihe von anderen Staaten." Das hätte man das aber früher bedenken sollen, sagte er mit Blick auf den Kosovo: "Warum war sich niemand der seit Jahrhunderten bestehenden Widersprüche innerhalb Europas bewusst? Sie wussten dies, richtig? Ja, sie wussten es."

Nicht unerwähnt bleiben sollte hier aber, dass Putin genau die gleiche Heuchelei und Doppelstandard anlegt, wie es auch die EU tut. Auch er passt seine Argumentation nach Gutdünken an, denn Russland hat den Kosovo nicht anerkannt. Auch er nimmt nicht das Völkerrecht und das darin verankerte Selbstbestimmungsrecht als Basis für das Handeln. Beobachten kann man das sehr schön an der Krim. Hatte sich Russland gegen die Unabhängigkeit des Kosovos gestellt, die von der EU vorangetrieben wurde, haben sich die Rollen im Konflikt um die Krim vertauscht.

Ohnehin, würde man die Milosevich-Logik an die spanischen öffentlich-rechtlichen Medien anlegen, dann sind das Propagandainstrumente gegen Katalonien wie auch El País. Denn seit Jahren beschwert sich der Kontrollrat im öffentlich-rechtlichen RTVE über Einflussnahme durch die Regierung. Und kürzlich legte er eine Studie mit allein 23 Beispielen von Zensur, Manipulation und fehlender Pluralität in der Berichterstattung zu Katalonien in den letzten Wochen vor. Alle Gewerkschaften in RTVE sprechen der Regierung jede "Glaubwürdigkeit" ab und verweisen auf zahllose "Manipulationsvorwürfe". Rajoy und seine Volkspartei (PP) verhinderten, dass "wahrheitsgemäß, objektiv und ausgeglichen" berichtet werden kann.