Die Schätze der irakischen Geheimdienstzentrale
Der britische Telegraph hat nun nach Russland und Deutschland den britischen Labour-Abgeordneten und Kriegsgegner George Galloway im Visier
Der Telegraph scheint allmählich auf den Geschmack zu kommen. Die rechtsorientierte Zeitung aus dem Hause Murdoch stand dem Irak-Krieg positiv gegenüber und sieht jetzt offenbar die Gelegenheit, möglichst vielen Kritikern - und mancher Konkurrenz - quotenträchtig eines auswischen zu können. Die Russen und Deutschen waren schon dran, jetzt ist mit dem linken Labour-Abgeordneten George Galloway einer der prominentesten heimischen Kriegsgegner dran.
Die Vorwürfe, die der Telegraph aus Dokumenten, die aus dem zerbombten irakischen Geheimdienstzentrale in Bagdad stammen sollen, gegen den russischen und deutschen Geheimdienst erhoben hat, waren bereits ein wenig dürftig. Deutschland etwa seien, wenn der Krieg verhindert werden könne, lukrative wirtschaftliche Verträge angeboten worden (Geheime Machenschaften und verdächtige Zeugen). Das wird schon stimmen, der Telegraph unterstellt aber, dass die Gegnerschaft zum Krieg der deutschen Regierung durch diese Aussichten motiviert worden sei.
Ist für die einen der Krieg getrieben von Öl und Geld, so für die anderen der Widerstand dagegen. Geld und Öl als Motiv unterstellt der Telegraph nun auch dem Kriegsgegner George Galloway. Der habe von Hussein jährlich mindestens 375.000 Pfund (560.000 Euro) von den Öleinkünften erhalten, um für den Irak zu arbeiten, angeblich handelte es sich um drei Millionen Barrel alle sechs Monate. Wieder einmal habe man ein geheimes "Memorandum" gefunden, das 1999 vom irakischen Geheimdienstchef an Saddam geschickt worden sei, in dem gestanden habe, dass Galloway einen Geheimdienstmitarbeiter einen größeren Anteil an den Ölexporten im Rahmen des Öl-für-Lebensmittel-Programms der UN gefordert habe. Überdies habe Galloway von Lebensmittelabkommen und anderen Geschäften profitiert. In weiteren "Memos" sei betont worden, dass die geschäftlichen Verbindungen mit dem Hussein-Regime streng geheim bleiben müssten.
Galloway, der auch schon gegen das Embargo eingetreten war, streitet alles ab (Galloways Statement) und sagt, dass das Dokument gefälscht oder manipuliert sein müssten, möglicherweise vom Telegraph selbst. Der linke Abgeordnete kündigte rechtliche Schritte gegen die "Schmierenkampagne" an. Seltsam mag schon sein, dass David Blair von der stramm rechtsorientierten Zeitung fast ausschließlich Dokumente zu finden scheint, die nur Kriegsgegner belasten. Und um Negatives zu verbreiten, reicht es ja auch, einmal Behauptungen groß in einem Artikel auszubreiten, auch wenn diese nicht bestätigt werden können.
Der Vorwurf stützt sich vornehmlich auf das eine Memorandum. Man habe aber noch einen Brief im Außenministerium gefunden - der Telegraph scheint da gute Leute zu haben, die treffsicher die interessanten Papiere herausfischen -, in dem Galloway bestätigte, dass der Jordanier Zureikat sein Vertreter im Irak sei, was den Mariam-Appeal oder das Hilfskomitee im Irak betrifft. Im Rahmen des Mariam-Appeal wurde ein irakisches Mädchen zur Behandlung seiner Leukämie-Erkrankung nach Großbritannien geflogen. Galloway nahm an, dass die Erkrankung durch die Verwendung von DU-Munition verursacht worden war. Der Telegraph unterstellt, dass Geld nicht aus Spendengeldern, sondern direkt aus dem Irak kam. Zureikat soll nach dem Memorandum des irakischen Geheimdienstchefs gesagt haben, dass Galloway für seine Projekte und Pläne mehr Geld benötige.