Die US-Regierung will die Überlegenheit in der Satellitennavigation sichern
Der Zugang zum GPS-System und anderen Systemen der Satellitennavigation soll Gegnern in Konflikten verwehrt werden können
In einer von US-Präsident Bush am 8.12. unterzeichneten Aktualisierung der Weltraumpolitik wird deutlich gemacht, dass die US-Regierung im Hinblick auf Satellitennavigation auch künftig die technische und strategische Vorherrschaft sichern will. Die U.S. SPACE-BASED POSITIONING, NAVIGATION, AND TIMING POLICY verändert die unter Clinton 1996 beschlossene Weltraumpolitik und legt neue Richtlinien vornehmlich im Rahmen der nationalen Sicherheit (Militär, Heimatschutz) fest.
In dem offiziellen Dokument wird darauf verwiesen, dass die US-Regierung 2000 unter Präsident Clinton wegen der "wachsenden zivilen und wirtschaftlichen Nutzung" auf die Selective Availability verzichtet hat, also darauf, dass das Signal für zivile Zwecke sehr viel schwächer und damit die Lokalisierung ungenauer ist (Global Positioning System ist jetzt für die zivile Nutzung genauer). Schon diese Entscheidung verdankte sich vor allem dem Umstand, dass die EU Pläne für ein eigenes Satellitennavigationssystem Galileo bekannt gegeben hatte, das genauer und auch im Kriegsfall weiter verfügbar sein sollte (Die EU will ein eigenes Global Positioning System schaffen). Die US-Regierung wollte das Projekt zunächst kommerziell verhindern, später versuchte sie, mit Druck gegen die Konkurrenz vorzugehen. Erst vor kurzem kam es zu einer Einigung zwischen der EU, die mittlerweile Länder wie China oder Indien als Kooperationspartner gewinnen konnte, und den USA (Wie weit geht der Einfluss?). Ob und wie in der Vereinbarung geregelt wird, dass das Pentagon weiterhin die Möglichkeit besitzt, das Signal für zivile Zwecke im Kriegsfall ungenauer zu machen oder zu sperren, ist nicht bekannt.
In dem Dokument wird betont, dass für die USA das GPS-System nicht nur entscheidend sei für die nationale Sicherheit, sondern dass die damit verbundenen Anwendungen "in praktisch jeden Aspekt amerikanischer Militäroperationen integriert" sei. Die - auch zivile und wirtschaftliche - Abhängigkeit von der Satellitennavigation, stelle ein zunehmendes Risiko dar. Feinde könnten sich ihrer bedienen, andere Staaten können durch Schaffung eigener Systeme das GPS-System entweder erweitern oder die bislang vorhandene Überlegenheit vermindern. Daher müsse das System stetig verbessert, die ununterbrochene Benutzbarkeit auch im Fall von Angriffen gesichert und Gegner bzw. Terroristen gehindert werden, sich der Satellitennavigation zu bedienen.
Ganz gemäß der auch sonst eingeschlagenen militärischen Weltraumstrategie (Das Pentagon strebt absolute militärische Dominanz im Weltraum an), wird im Dokument erklärt, dass die USA die militärische und wirtschaftliche Dominanz in der Satellitennavigation beibehalten wollen:
(1) provide uninterrupted availability of positioning, navigation, and timing services; (2) meet growing national, homeland, economic security, and civil requirements, and scientific and commercial demands; (3) remain the pre-eminent military space-based positioning, navigation, and timing service; (4) continue to provide civil services that exceed or are competitive with foreign civil space-based positioning, navigation, and timing services and augmentation systems; (5) remain essential components of internationally accepted positioning, navigation, and timing services; and (6) promote U.S. technological leadership in applications involving space-based positioning, navigation, and timing services.
In dem veröffentlichten Dokument wird nicht deutlich, welche Schritte das Pentagon unternehmen soll, um Gegner zu hindern, die Vorteile der Satellitennavigation des GPS-Systems oder von anderen Systemen wie dem künftigen EU-System Galileo nutzen zu können. Explizit heißt es nur, dass den Gegnern die Benutzung des GPS-Systems verwehrt werden soll, wobei die zivile Nutzung möglichst wenig eingeschränkt werden dürfe.
Angeblich sollen US-Militärs aber unlängst auf der Konferenz "Future of Transatlantic Military Space Relations", die in London stattfand, erklärt haben, dass man im Notfall auch Satelliten des Galileo-Systems ausschalten oder zerstören würde. Das würde freilich voraussetzen, dass das Pentagon auch die notwendigen Waffen für Angriffe auf Satelliten besitzt. Offiziell spricht man nicht davon, Weltraumwaffen zu entwickeln. Allerdings hieß es vor kurzem, dass die für den Weltraum zuständige Luftwaffe ein neues einsatzfähiges System besitzt, um vom Boden aus Signale von Satelliten zu stören (Sicherung der militärischen Überlegenheit im Weltraum).
Wie berichtet wird, soll US-Präsident Bush in einer Anordnung das Pentagon angewiesen haben, das GPS-System auch während einer nationalen Krise für nicht-militärische Zwecke vorübergehend zu schließen, um Terroristen dessen Benutzung zu verwehren. Das soll ein Mitglied der Bush-Administration, der aber anonym bleiben wolle, im Weißen Haus Journalisten gesagt haben. Es handelt sich also um eine strategische Kommunikation, vermutlich um eine nicht offizielle Warnung. Eine solche Unterbrechung der zivilen Signale in den USA würde nur unter außergewöhnlichen Umständen erfolgen. Das Pentagon soll aber auch ausarbeiten, wie man die Benutzung des GPS-Systems in bestimmten Regionen oder von anderen Satellitennavigationssystemen verhindern könne. Die Anordnungen an das Pentagon und an das Heimatschutzministerium sind geheim.