Die Ukraine – das hochgerüstete Armenhaus Europas
Seite 3: Schlussfolgerungen
1. In der Ukraine stagniert seit etwa 15 Jahren die Wirtschaftskraft. Inzwischen ist sie das Armenhaus Europas. Auch bei anderen zentralen Indikatoren der gesellschaftlichen Entwicklung bleibt die Ukraine zurück. Folge des Niedergangs ist ein sich beschleunigender demografischer Rückgangs- und Auswanderungsprozess.
2. Ursache der Nichtentwicklung sind vor allem chronisch miserable Staatsstrukturen, strukturelle Korruption und eine permanente Überrüstung. Die Ukraine gleicht bei diesen Faktoren Russland bzw. den Staaten der GUS. Von ihren westlichen EU-Nachbarn trennen die Ukraine inzwischen zivilisatorische Welten. Ein Teil der ukrainischen Eliten nutzt die Fehlentwicklungen zur persönliche Bereicherung. Die Mobilisierung von politisch motivierten Geldströmen aus dem Ausland ist dabei ein essenzieller Teil der volkswirtschaftlichen Strategie. Ohne diese wäre die Ukraine längst zusammengebrochen.
3. Es ist schwer einzuschätzen, wie der gegenwärtige Krieg endet. Für die Ukraine gibt es jedoch keine Siegesoption im Sinne einer zukünftigen Wohlstandsentwicklung. Bereits jetzt hat sie fast alle Entwicklungspotentiale verloren. Die Wirtschaft ist um mehr als die Hälfte eingebrochen. Kommen noch Gebietsverluste, langfristig zerstörte Infrastruktur, eine verseuchte Umwelt, zehntausende Kriegstote und -versehrte sowie Millionen dauerhaft ins Ausland Geflüchtete hinzu, bleibt von der Ukraine nur ein Schatten zur Vorkriegszeit. Wahrscheinlich ein Schicksal wie das des Kosovo – dauerhafte Unterentwicklung und Alimentierung, Isolation und anhaltende Instabilität.
4. Bereits vor dem Krieg war ein zeitnaher EU-Beitritt eine lächerliche Illusion. Nehmen die EU-Staaten mit ihrem Veto-Recht die Beitritts-Kriterien Rechtsstaatlichkeit, gesellschaftliche Entwicklung sowie wirtschaftlicher Produktivität ernst, hat die Ukraine in den nächsten Jahrzehnten keine Chance auf Mitgliedschaft.
Setzen die gefährlichen Großmacht-Illusionisten trotzdem eine Aufnahme durch, ist es wohl das Ende einer vertieften EU-Integration. Möglicherweise droht dann sogar der Zerfall. Es wäre nicht das erste Imperium, das an "strategischer Überdehnung" zugrunde geht.
Es ist an der Zeit, die Ukraine nüchtern zu betrachten. Sie wird bis weit ins 21. Jahrhunderts brauchen, um sich auf ein akzeptables Niveau zu entwickeln. Bis dahin ist sie kein Kandidat für eine Aufnahme in die EU oder NATO. Die Ukraine muss einen eigenen, realistischen Weg zum Wohle ihres Volkes finden.
5. Deutschland darf sich nicht in einen Prozess der Verelendung hineinziehen lassen. Die bereits absehbare Zukunft – verstärkt durch den Krieg Russland-Ukraine und seine globalen Folgen – mit klimatischen Zusammenbrüchen, technologischen Umwälzungen, sozialen Konflikten und erratischen Niedergängen wird alle produktiven Kräfte zur Stabilisierung erfordern.
Beteiligungen an sinnlosen Kriegen wird keine der Herausforderungen lösen, sondern dringend benötigte Ressourcen verschleudern.
Die Forderungen der Friedensbewegung sind und bleiben zukunftsorientiert richtig – keine Waffenlieferungen, sofortiger Waffenstillstand und Verhandlungen für ein Ende des Krieges sowie der Aufbau einer neuen Friedensordnung in Europa mit allen Staaten unseres Kontinents.
Kai Kleinwächter arbeitet als selbstständiger Dozent (Themen: Volkswirtschaftslehre, Marketing, Unternehmensführung). Derzeit studiert er Politikwissenschaft / Geografie auf Lehramt an der Universität Potsdam. Er ist Mitarbeiter der Redaktion von WeltTrends – Zeitschrift für internationale Politik. Ebenfalls bloggt der Autor auf seiner Homepage zeitgedanken.blog. ORCID-Number: 0000-0002-3927-6245